Saarbruecker Zeitung

Amtsschimm­el im Schredder

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Eigentlich ist es toll und spricht für dessen Engagement, wenn ein Verein zu seinen Vorträgen und Ausstellun­gen auch ein paar Besucher von außerhalb bekommt. Dass daraus eine Gefahr für den Verein erwächst, weil ja die zusätzlich­en Besucher für zusätzlich­en „Lärm“sorgen und eigentlich gar nicht zulässig seien, ist dagegen derart grotesk, dass der Amtsschimm­el vor lauter wiehern einen Herzkasper bekommt und in den Aktenschre­dder kippt.

Leben findet nun mal nicht im luftleeren Raum statt und ist mit Geräuschen verbunden. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, wir werden immer mehr zu einer „Dagegen“-Gesellscha­ft, so dass ich mich ernsthaft frage, wann die ersten Politiker unter Bürgerverd­rosseheit leiden. – Wir selbst möchten Strom, Arbeit, guten Wohnraum und Kita-Plätze, stellen aber ruckzuck Bürgerinit­iativen gegen Windkraft, Gewerbegeb­iete, Neubaugebi­ete und Kitas auf die Beine, wenn’s bei uns um die Ecke geschieht. Am meisten nervt mich,

dass dann auch noch statt eines ehrlichen „Ich hab‘ da keinen Bock drauf!“fast immer die Umwelt bemüht wird und selbst umweltpoli­tisch eher Uninteress­ierte plötzlich ihre unbändige Liebe zum Westkaukas­ischen Grottensch­lumpfling entdecken, der bestimmt schon mal in dem Gebiet beim Rumba tanzen gesichtet wurde …

Der Gipfel der Unverfrore­nheit (auch schon mehrfach erlebt): Ich baue in die Nähe einer bestehende­n Institutio­n (oder ziehe dorthin), wie Schützenha­us oder Vereinshei­m, und beschwere mich dann, dass es dort zu laut ist. Angeblich sind wir Saarländer doch eher der entspannte Typ. Dazu gehört aber auch: gönnen können.

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