Saarbruecker Zeitung

Kino-Legende Delon erhält Ehrenpalme

Jim Jarmuschs Zombie-Komödie „The dead don’t die“eröffnet das Filmfest an der Côte d’Azur. Umstritten ist die Ehrenpalme für Schauspiel-Legende Alain Delon. Doch Kritik will der Festivalle­iter lieber nicht hören.

- VON ALIKI NASSOUFIS

(dpa) Am Ende eines Filmfestiv­als kann man sich schon mal wie ein Zombie fühlen. Schließlic­h schaut man innerhalb weniger Tage zahlreiche Filme und verkriecht sich dafür lange in dunklen Kinosälen fernab vom Tageslicht. Bei den Festspiele­n im südfranzös­ischen Cannes hatten die Zombies in diesem Jahr aber deutlich früher ihren großen Auftritt: Gleich zum Auftakt schwanken im Eröffnungs­film „The Dead Don’t Die“Untote wie Musikikone Iggy Pop über die Leinwand an der Croisette.

Für seine Komödie konnte Regisseur Jim Jarmusch viele Stars gewinnen, von denen am Dienstagab­end auch mehrere auf dem roten Teppich vor dem Premierenp­alast zu sehen waren. Bill Murray, Chloë Sevigny und Adam Driver gehen in dem Film als Polizisten auf Zombie-Jagd, während Tilda Swinton die Schwert schwingend­e Bestatteri­n gibt, die sich gegen die Untoten bestens zur Wehr setzen kann.

Selena Gomez und Steve Buscemi müssen sich ebenfalls in Sicherheit bringen, Tom Waits hingegen taucht als bärtiger Waldschrat auf. Sie alle sind bereits im Trailer zum Film zu sehen, der auch vermuten lässt, dass es sich hier um kein gruseliges Gemetzel handelt. Jim Jarmuschs Version der Apokalypse scheint demnach durchaus schräg und humorvoll.

Doch bevor die von Fans sehnsüchti­g erwartete Zombie-Komödie am Abend das Festival eröffnen konnte, musste Festivalle­iter Thierry Frémaux gleich zu mehreren Kontrovers­en Stellung beziehen – und sorgte mit seinem Auftreten mitunter für Irritation. Warum Alain Delon (83) die Ehrenpalme bekommt, obwohl er in einem TV-Interview unter anderem zugab, früher seine Frau geschlagen zu haben? Die Frage danach versuchte Frémaux zu unterbinde­n und griff den fragenden Journalist­en persönlich an: „Ich weiß nicht, was Sie in Ihrem früheren Leben gemacht haben“.

An der Palme für Delon hielt er jedenfalls fest. „Wir geben ihm ja nicht den Friedensno­belpreis.“Diese Reaktion ist verwunderl­ich, hatte sich das Festival im vergangene­n Jahr doch mit der #MeToo-Bewegung solidarisc­h gezeigt und „Null Toleranz gegenüber sexuellem Missbrauch und Missbrauch jeglicher Art“geschworen.

Auch Fragen nach der Gleichstel­lung von Frauen reizten Frémaux spürbar – von 21 Wettbewerb­sfilmen stammen gerade einmal vier von Frauen. Die im vergangene­n Jahr verabschie­dete Erklärung „5050 in 2020“, wonach bis 2020 ein ausgewogen­es Geschlecht­erverhältn­is herrschen soll, gelte nur für das Festival intern, erklärte Frémaux nun. „Es wäre ein Zeichen von Respektlos­igkeit, einen Film nur auszuwähle­n, weil er von einer Frau stammt.“

Inwiefern diese Themen auch während des Festivals für Debatten sorgen werden, bleibt offen. Die Jury um den mexikanisc­hen Oscar-Preisträge­r Alejandro González Iñárritu („The Revenant“) hofft jedenfalls darauf, von den Filmen im Wettbewerb emotional mitgerisse­n zu werden. „Ich möchte versuchen, die Filme so anzuschaue­n, als wüsste ich nicht, wer Regie geführt hat“, sagte der Mexikaner in Cannes. Weder bekannte Regie-Namen noch das Geschlecht der Filmemache­r sollten seiner Meinung nach eine Rolle spielen. „Wir sollten die Filme selbst bewerten.“

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FOTO: FREDERICK ELMES /FOCUS FEATURES/UPI/DPA Auf Zombie-Jagd: Bill Murray (links), Chloë Sevigny und Adam Driver in Jim Jarmuschs Eröffnungs­film „The dead don’t die“.

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