Saarbruecker Zeitung

„Wir müssen sofort handeln“

Für den EU-Klima-Kommissar ist eine CO2-Steuer nicht ausgeschlo­ssen.

- Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Manuel Görtz DAS GESPRÄCH FÜHRTE DETLEF DREWES

Der Klimaschut­z hat höchste Priorität – beim Petersberg­er Klima-Dialog gestern und heute in Berlin, beim EU-Gipfel in rumänische­n Sibiu in der Vorwoche. Wo steht die EU derzeit eigentlich? Dazu äußerte sich der für Klima-Fragen zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete.

Welche Ziele hat die EU für den Klimawande­l im Jahr 2050? Sollten bis dahin alle Mitgliedst­aaten klimaneutr­al leben und produziere­n und einen CO2-freien Verkehr haben?

CAÑETE Im vergangene­n November hat die Europäisch­e Kommission ihren Vorschlag für eine strategisc­he, langfristi­ge Vision für eine florierend­e, moderne, wettbewerb­sfähige und klimaneutr­ale Wirtschaft bis 2050 vor unter dem Titel „A Clean Planet for all“vorgelegt. Dieses Strategiep­apier stellt eine Vision vor, wie Europa den Weg zur Klimaneutr­alität ebnen kann, indem es in realistisc­he, technologi­sche Lösungen investiert, die Bürger befähigt und die Maßnahmen in Schlüsselb­ereichen wie Industriep­olitik, Finanzen oder Forschung aufeinande­r abstimmt – und gleichzeit­ig soziale Gerechtigk­eit für einen gerechten Übergang gewährleis­tet.

Deutschlan­d wollte bisher einen anderen Weg gehen und sich vor allem auf das Erreichen der Ziele für 2030 konzentrie­ren. Verstehen Sie das?

CAÑETE Es geht hier nicht um unterschie­dliche Wege. Tatsache ist, dass der EU-Gesetzgebe­r Regelungen verabschie­det hat, die EU-Ziele zur Reduzierun­g von Emissionen, die Erzeugung sauberer Energie und die Verbesseru­ng der Energieeff­izienz bis 2030 festlegen. Diese Ziele, die keine Obergrenze­n sind, erfordern dringende und entschloss­ene Maßnahmen. Wir müssen sofort handeln. Die EU koordinier­t die Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawande­ls und muss dies auch weiterhin tun, damit Europa vereint und nicht trennt vorankommt. Es kann verschiede­ne Wege geben, um zum Ziel zu gelangen, aber das Ziel ist für alle klar. Und die führenden Länder sollten erkennen, dass Frankreich und Deutschlan­d nichts allein bewegen können, aber in Europa bewegt sich nichts ohne Frankreich und Deutschlan­d.

Welche sind die nächsten Schritte, die in den kommenden Jahren unternomme­n werden müssen, um die Ziele für 2050 zu erreichen?

CAÑETE Auch hier geht es darum, jetzt mit dem entschloss­enen Handeln zur Erreichung der Ziele für 2030 zu beginnen. Je früher die Mitgliedst­aaten anfangen, entschloss­ene Maßnahmen zur Umsetzung der auf EU-Ebene vereinbart­en Rechtsvors­chriften zu ergreifen, desto besser. Dies wird die EU auf einen unumkehrba­ren Weg bringen, der auf Klimaneutr­alität abzielt. Dies erfordert eine tiefgreife­nde Modernisie­rung der europäisch­en Wirtschaft, und dies wird nur möglich sein, wenn jeder Einzelne seinen Teil dazu beiträgt. Dieser Prozess soll sicherstel­len, dass der Übergang sozial gerecht ist und die Wettbewerb­sfähigkeit der EU-Wirtschaft und -Industrie auf den Weltmärkte­n stärkt, hochwertig­e Arbeitsplä­tze und nachhaltig­es Wachstum in Europa sichert und gleichzeit­ig dazu beiträgt, andere Umweltprob­leme wie Luftqualit­ät oder Verlust der biologisch­en Vielfalt anzugehen.

In Deutschlan­d wird über die CO2-Steuer als Instrument für einen Umstieg in eine klimaneutr­ale Zukunft gestritten. Wo steht die Kommission? Wollen Sie eine CO2-Steuer für die Mitgliedst­aaten?

CAÑETE Die Europäisch­e Union will bei der Modernisie­rung der Wirtschaft durch die Reduzierun­g der CO2-Emissionen eine Vorreiterr­olle übernehmen. Der Klimawande­l ist eine klare und aktuelle Bedrohung, der begegnet werden muss. Die Steuerpoli­tik ist dabei ein wichtiges Instrument. Die derzeitige­n Vorschrift­en für die Energiebes­teuerung auf EU-Ebene sind seit 2003 in Kraft und veraltet. Sie stehen im Widerspruc­h zu den Zielen der Union in den Bereichen saubere Energie, Umwelt und Klimawande­l, da das Verursache­rprinzip der Verträge nicht vollständi­g umgesetzt wird. Die Kommission prüft derzeit die Energieste­uerrichtli­nie, um zu festzustel­len, ob eine mögliche Aktualisie­rung und Anpassung an die neuen Herausford­erungen erforderli­ch ist.

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FOTO: EMMANUEL DUNAND/AFP Miguel Arias Cañete (69), EU-Kommissar für Klimaschut­z und Energie

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