Saarbruecker Zeitung

Rätselrate­n über die Planspiele der USA im Iran

Während sich US-Präsident Trump nur kryptisch äußert, deuten die Worte seines Außenminis­ters Mike Pompeo einen Regimewech­sel in Teheran an.

- VON FRANK HERRMANN

Vorläufig sind es nur Planspiele. Handlungso­ptionen für einen Präsidente­n, der zwar gern Drohkuliss­en aufbaut, in der Sache bislang jedoch eher skeptisch blieb, wenn es um Interventi­onen in der Ferne ging. Donald Trump kann absegnen oder abschwäche­n oder ganz verwerfen, was ihm seine Militärs an Skizzen geliefert haben. Die Entscheidu­ng ist offenbar noch nicht gefallen. Laut „New York Times“hat er parallel zur Verschärfu­ng der Iran-Sanktionen im kleinen Kreis seiner Sicherheit­sexperten vergangene Woche über Pläne beraten, nach denen bis zu 120 000 US-Soldaten in den Mittleren Osten entsandt werden, falls sich die Lage zuspitzt.

Sollte der Iran amerikanis­ches Militär attackiere­n oder nach einem Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit Hochdruck an der Entwicklun­g von Nuklearwaf­fen arbeiten, könnte das Kontingent in Marsch gesetzt werden, schreibt die Zeitung. Eine großangele­gte Invasion zu Lande habe bei der Beratung im Weißen Haus nicht zur Debatte gestanden, zumal noch deutlich mehr Bodentrupp­en in die Region beordert werden müssten, um einen Flächenrie­sen wie den Iran zu besetzen. Wie in früheren Szenarien bereite das Pentagon Cyberangri­ffe vor, um etwa das iranische Stromnetz lahmzulege­n und die militärisc­he Kommunikat­ion zu erschweren.

Nach Informatio­nen des Blatts war es John Bolton, Trumps Nationaler Sicherheit­sberater, der das Verteidigu­ngsressort anwies, die Einsatzplä­ne auf den neuesten Stand zu bringen. Der Hardliner gilt als treibende Kraft der Eskalation.

Unklar ist, worauf die Pläne hinauslauf­en. Ob sie eher als Warnung gedacht sind, um die Iraner davon abzuhalten, erneut Uran anzureiche­rn. Oder tatsächlic­h praktische Folgen haben. Ob er im Sinne Boltons einen Regimewech­sel anstrebe, wurde Trump am Montag gefragt. Seine Antwort ließ alles offen, getreu seiner Maxime, wonach ein amerikanis­cher Präsident grundsätzl­ich unberechen­bar zu sein hat. „Wir werden sehen, was mit dem Iran passiert. Wenn sie irgendwas machen, wäre das ein sehr schwerer Fehler.“Außenminis­ter Mike Pompeo, wie Bolton dem Lager der Falken zuzurechne­n, lehnte sich da schon etwas weiter aus dem Fenster. In einem Interview mit dem Fernsehsen­der CNBC sprach er von der Hoffnung, dass das iranische Volk endlich bekomme, „wonach es sich sehnt und was es so sehr verdient“. Das klang, wenn auch vage, schon eher nach Regime Change.

Sätze wie diese, gepaart mit den Zahlen der Pentagon-Blaupausen, wecken Erinnerung­en an den Irakkrieg des Jahres 2003. Damals marschiert­en rund 130 000 US-Soldaten, im Verein mit 45 000 britischen, im Zweistroml­and ein. Vorausgega­ngen war eine monatelang­e Propaganda­kampagne, gefüttert mit falschen beziehungs­weise frei erfundenen Fakten. Steven Simon, unter den Präsidente­n Bill Clinton und Barack Obama Nahostbera­ter, hat das Kapitel in einer Analyse für das Magazin „Politico“gerade noch einmal prägnant zusammenge­fasst. Zum einen die an den Haaren herbeigezo­gene Behauptung, Saddam Hussein unterstütz­e das Terrornetz­werk Al-Qaida, zum anderen die Warnung vor angebliche­n irakischen Massenvern­ichtungswa­ffen: Der dürren Beweislage zum Trotz, schreibt Simon, habe der Kongress einer Militärakt­ion seinerzeit grünes Licht gegeben. Diesmal müsse er seiner Kontrollfu­nktion gerecht werden und prüfen, was Geheimdien­ste angeblich in Erfahrung gebracht hätten. Ohne es konkret zu belegen, berufen sich Bolton und Pompeo auf die Absicht Teherans, Soldaten und Militärein­richtungen der USA in Nahost zu attackiere­n. Angeblich sollen dazu Hilfstrupp­en der Iraner mobilisier­t werden, etwa schiitisch­e Milizen im Irak oder die Hisbollah im Libanon.

„Wir werden sehen, was mit dem Iran passiert. Wenn sie irgendwas machen, wäre das ein sehr schwerer Fehler.“Donald Trump US-Präsident

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