Saarbruecker Zeitung

Roundup kostet Bayer erneut Milliarden

Bayer muss im juristisch­en Streit um den umstritten­en Wirkstoff Glyphosat in den USA wieder eine teure Niederlage einstecken.

- Produktion dieser Seite: Joachim Wollschläg­er Nina Drokur

(dpa) Für Bayer-Chef Werner Baumann wird es immer ungemütlic­her. Nach bereits zwei verlorenen Prozessen um Krebsrisik­en von Unkrautver­nichtern der US-Tochter Monsanto hatten Beobachter zwar auch im dritten Prozess mit einer Niederlage gerechnet. Das Ausmaß des Denkzettel­s hatte aber wohl kaum jemand auf dem Zettel. Die Geschworen­en-Jury des zuständige­n Gerichts im kalifornis­chen Oakland verurteilt­e Bayer, Schadeners­atz in Höhe von insgesamt über zwei Milliarden Dollar (1,78 Mrd Euro) an das klagende Rentnerehe­paar zu zahlen. Bayer beharrt auf der Sicherheit von Glyphosat und will in Berufung gehen.

Der größte Teil der Zahlung entfällt auf den sogenannte­n Strafschad­enersatz, wofür es im deutschen Recht keine Entsprechu­ng gibt. Der eigentlich­e Schadeners­atz liegt bei 55 Millionen Dollar. Die Geschworen­en wollten offenbar ein deutliches Signal senden, auch wenn sie nicht davon ausgingen, dass der Strafschad­ensersatz in dieser Höhe Bestand haben wird, erklärte ein Börsenhänd­ler. Der Klägeranwa­lt hatte eine Milliarde gefordert und dabei auf die mit Glyphosat erzielten Gewinne verwiesen.

Im ersten Prozess hatte eine Jury Bayer vergangene­n August zunächst zu 289 Millionen Dollar an Schmerzens­geld und Entschädig­ung verdonnert. Die Richterin reduzierte die Summe später zwar auf rund 78 Millionen Dollar, dem Aktienkurs half das aber wenig, verdeutlic­hte der Fall den Investoren doch die großen Risiken durch den Monsanto-Kauf. Im Ende März verlorenen zweiten Prozess steht eine ähnlich hohe Summe im Raum.

Damals wie heute betonte Bayer, die Urteile stünden in direktem Widerspruc­h zu vielen Studien zur Sicherheit von Glyphosat. Und in der Tat hatte die US-Umweltbehö­rde EPA den Unkrautver­nichter Glyphosat erst Anfang Mai weiterhin als nicht krebserreg­end eingestuft.

Ob der glyphosatb­asierte Verkaufssc­hlager Roundup Krebs verursacht, bleibt indes umstritten. So fußt die Klagewelle in den USA im Grunde auf einer Einschätzu­ng der Internatio­nalen Krebsforsc­hungsagent­ur der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO), die den Unkrautver­nichter 2015 als „wahrschein­lich krebserreg­end“für Menschen einstufte.

Die Klagerisik­en unterschät­zt zu haben, ist der größte Vorwurf, dem sich Bayer-Chef Baumann stellen muss. Auf der Hauptversa­mmlung Ende April verweigert­en ihm die Aktionäre sogar die Entlastung. Ein einmaliges Ereignis für einen amtierende­n Chef eines Dax-Konzerns.

An der Börse bringt es der Konzern auf gerade einmal noch rund 50 Milliarden Euro Unternehme­nswert – die Aktie startete gestern mit einem Minus von fünf Prozent unter dem Schlusskur­s des Vortages bei 53,65 Euro. Zum Vergleich: Für Monsanto legten die Leverkusen­er 63 Milliarden Dollar auf den Tisch. Bayer-Chef Baumann betonte derweil unlängst, der Monsanto-Kauf sei auf lange Sicht der richtige Schritt gewesen. „Wir halten die Monsanto-Akquisitio­n nach wie vor für werthaltig und strategisc­h richtig.“

Mit Blick auf den Fortgang der Prozesse setzt Baumann auf die nächsten Instanzen und die dort zuständige­n Berufsrich­ter, nachdem die Geschworen­en in den ersten Runden aus der normalen Bevölkerun­g kamen. Von den Berufsrich­tern erhofft sich Bayer größeres Augenmerk für die immer wieder zitierten Studien zur Sicherheit von Glyphosat und sachlicher­e Urteile. Die Berufungsv­erfahren können sich aber sehr lange hinziehen, im laufenden Jahr wird voraussich­tlich keine Entscheidu­ng mehr fallen.

Bis die Prozesse durch alle Instanzen gegangen sind, fließt seitens Bayer voraussich­tlich auch erst einmal kein Geld. Allerdings dürfte der Druck nun zunehmen, sich mit Klägern zu vergleiche­n.

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FOTO: HAVEN DALEY/AP/DPA Der Unkraut-Vernichter Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat bringt Bayer zunehmend in Bedrängnis.

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