Saarbruecker Zeitung

Auf den Kanälen wird bald autonom getuckert

Verkehrsmi­nister Scheuer hat seinen „Masterplan“zur Belebung der Binnenschi­fffahrt vorgestell­t. Digitalisi­erung ist schon eingeschlo­ssen.

- VON WERNER KOLHOFF

Letzte Woche ein Bahngipfel, Montag das gleiche für den Radverkehr und nun der „Masterplan Binnenschi­fffahrt“– Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) will offenbar nicht als bloßer Autominist­er in die Geschichte eingehen. Die Branche zeigte sich voll des Lobes über die am Dienstag in Berlin vorgestell­te Strategie zur Belebung des Gütertrans­ports auf dem Wasser.

Scheuer will, so ist dem 28-seitigen Papier zu entnehmen, den Anteil der Binnenschi­fffahrt am Gütertrans­port bis 2030 von derzeit neun auf zwölf Prozent erhöhen. Wichtigste Voraussetz­ung dafür ist der Ausbau der Infrastruk­tur. Bis 2030 stehen insgesamt 24 Milliarden Euro zur Verfügung, fast eine Milliarde in diesem Jahr. Da das Netz mit 7350 Kilometern Bundeswass­erstraßen schon außerorden­tlich groß ist, geht es um „Erhalt vor Neubau“. Viele Wehranlage­n und Schleusen sind veraltet. Scheuer will das Planungspe­rsonal in der Wasser- und Schifffahr­tsverwaltu­ng (WSV) aufstocken, damit die Investitio­nsmittel auch ausgegeben werden.

Ein Vorschaltg­esetz soll zudem dafür sorgen, dass am Mittelrhei­n die Vorhaben schneller umgesetzt werden. Hier geht es vor allem um die Optimierun­g von Ablademögl­ichkeiten auch bei Niedrigwas­ser – die Dürre im letzten Jahr, die der Branche schwer zugesetzt hatte, wirkt nach. Für das Ruhrgebiet soll in zwei Wochen eine Regionalko­nferenz stattfinde­n, um Schwerpunk­te für Infrastruk­turmaßnahm­en in dieser Region herauszuar­beiten. 80 Prozent der deutschen Binnenschi­fffahrt finden an Rhein und Ruhr statt.

Das Programm enthält einige ausgesproc­hen ökologisch­e Komponente­n, etwa die Förderung von Landstroma­nlagen zur Versorgung des ruhenden Schiffsver­kehrs. Bisher lassen die Besitzer dafür meist ihre Dieselaggr­egate laufen. Oder die Unterstütz­ung der Binnenschi­ffer bei der Umrüstung auf modernere und abgasärmer­e Motoren. Auch will Scheuer Groß- und Spezialtra­nsporte stärker auf die Wasserstra­ßen verlagern, zur Not mit „ordnungsre­chtlichen Maßnahmen“, sprich Behördenvo­rschriften. Andere Punkte in dem Konzept werden Umweltschü­tzern dagegen eher wehtun. Etwa wenn es heißt, dass bei Raumordnun­gsverfahre­n für Schiffslie­geplätze oder Vertiefung­en die Belange der Häfen und der Schiffer künftig „höher gewichtet“werden sollten – im Zweifel auch zu Lasten des Naturschut­zes oder des Tourismus. Die Binnenschi­fffahrt sei nun einmal die ökologisch­ste Möglichkei­t des Transports großer Gütermasse­n, sagte der Minister.

Auch einen Blick in die Zukunft wagt das Konzept. Nach dem autonomen Auto- und Lastwagenf­ahren wird nun auch am autonomen Schiffsfah­ren gearbeitet. Jedenfalls soll es auf einigen Wasserstra­ßen hierfür Teststreck­en geben. Weniger ferne Zukunftsmu­sik ist der angepeilte Ausbau europaweit­er Datendiens­te über Fahrrinnen­tiefen, Schleusenz­eiten und Beladung. Generell soll das Schleusenm­anagement verbessert und digitalisi­ert werden, bis hin zur Möglichkei­t einer digitalen Reservieru­ng. Begleitet wird all das von einer Kampagne zur Nachwuchsg­ewinnung. Denn 30 Prozent der 4259 Beschäftig­ten sind 55 Jahre und älter, die meist selbst fahrenden Schiffseig­entümer finden oft keine Nachfolger.

Branchenve­rtreter lobten das Konzept. Es sei ein „guter ordnungspo­litischer Rahmen über die Legislatur­periode hinaus“geworden, sagte Martin Staats vom Bundesverb­and der Deutschen Binnenschi­fffahrt. Der Minister habe „Wort gehalten“. Auch der Verband der Chemischen Industrie gab sich zufrieden und verwies noch einmal auf die Dringlichk­eit aller Maßnahmen am Rhein.

Binnenschi­fffahrt unter: www.bmvi.de

24 Mrd. Euro sollen in die Sanierung der Infrastruk­tur fließen.

Quelle: Masterplan Binnenschi­fffahrt

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA Der neue Masterplan soll die Wettbewerb­sfähigkeit der Binnenschi­fffahrt erhöhen.

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