Saarbruecker Zeitung

Fünf Saarländer zu Gast beim Bundespräs­identen

Das Grundgeset­z wird 70: Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier lädt am 23. Mai zur Geburtstag­skaffeetaf­el ins Schloss Bellevue.

- DIE FRAGEN STELLTE FATIMA ABBAS.

Was hält unsere Gesellscha­ft zusammen? Was läuft hierzuland­e gut, was läuft eher schlecht? Darüber will sich Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier zum 70. Geburtstag des Grundgeset­zes am 23. Mai mit rund 200 Gästen austausche­n. Das Interesse an der Veranstalt­ung im Schloss Bellevue war groß: 165 Leser haben sich bei der um einen der fünf von uns zu vergebenen Plätze beworben. Hier sind die Gewinner.

Saarbrücke­r Zeitung

Ihre persönlich­e Motivation?

Ich finde es spannend, den Bundespräs­identen in seinem Amtssitz zu besuchen. Ich durfte ihm bei seinem Antrittsbe­such im Saarland im letzten Jahr bereits begegnen und fand ihn und seine Ehefrau sehr nett. Er hat auch eine für mich als sehr jungen Menschen sehr interessan­te Rede gehalten. Ich bin auch gespannt auf die anderen Gäste.

Was bedeutet Ihnen das Grundgeset­z?

Das Grundgeset­z im Einzelnen war in der Schule noch kein Thema. Allerdings haben wir einzelne Aspekte behandelt, zum Beispiel im Zusammenha­ng mit der Verfassung aus der Weimarer Republik und die Grundlagen für unser Zivilrecht und Strafrecht. Hierbei wurde für mich sehr deutlich, wie wichtig es für jeden ist, dass man so lange vor dem Gesetz unschuldig ist, bis die Schuld bewiesen ist. Vor diesem Hintergrun­d sind für mich die Artikel 1 bis 3 von zentraler Bedeutung. Besonders kann ich mich identifizi­eren mit Artikel 3, Absatz 1: dass nämlich alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Probleme in Deutschlan­d?

Dass die Menschen so schnell falschen Informatio­nen glauben und sich scheinbar nicht dafür interessie­ren, ob sie richtig sind oder falsch. In der Schule haben wir gerade den Nationalso­zialismus behandelt. Ich war erschrocke­n, wie einfach es damals war, die öffentlich­e Meinung zu kontrollie­ren.

Welche Frage würden Sie dem Bundespräs­identen stellen?

so nett und höflich. Ich würde ihn gerne fragen, ob er nicht manchmal so wütend ist, dass er am liebsten aus der Haut fahren würde. Falls ja, würde ich fragen, worüber er sich so aufregen kann. Außerdem würde ich ihn fragen, wie er mit seinen Kritikern, mit Beschimpfu­ngen und Beleidigun­gen umgeht.

Wenn ich einen Tag lang Bundespräs­ident wäre, würde ich…

...mir einen ganz normalen Arbeitstag des Bundespräs­identen aussuchen, weil ich gerne sehen würde, was und wie er arbeitet, mit wem er spricht, wen er trifft und so weiter.

Was ist Ihre persönlich­e Motivation?

Ich komme aus Japan. Dort lädt der Kaiser, der wie der Bundespräs­ident sein Land in erster Linie repräsenti­ert, die Bürger niemals zu einem persönlich­en Treffen ein. Deswegen bin ich neugierig zu erfahren, woher der kulturelle Unterschie­d kommt.

Was bedeutet Ihnen das Grundgeset­z?

Das Grundgeset­z schützt die Rechte jedes Bürgers, egal wer er oder sie ist. Leider kenne ich das deutsche Grundgeset­z nur wenig. Aber ein Artikel aus der japanische­n Verfassung liegt mir am Herzen: Artikel 9. In ihm ist ausdrückli­ch festgehalt­en, dass Japan darauf verzichtet, jemals wieder Krieg zu führen. Darauf bin ich sehr stolz.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Probleme in Deutschlan­d?

Die hohe Schulabbre­cherquote ist ein großes Problem. Wenn in Zukunft viele junge Menschen keine Arbeit haben, funktionie­rt die deutsche Wirtschaft nicht mehr.

Welche Frage würden Sie dem Bundespräs­identen stellen?

Ich würde gerne wissen, ob er 2020 die Olympische­n Sommerspie­le in Tokio besuchen wird.

Wenn ich einen Tag lang Bundespräs­ident wäre, würde ich...

Ursula Höring, wird am 23. Mai ebenfalls 70 Jahre alt, pensionier­te Lehrerin aus Schiffweil­er

Ihre persönlich­e Motivation, nach Berlin zu fahren?

Ich habe mich um diesen Termin beworben, weil ich am gleichen Tag geboren bin, an dem das Grundgeset­z in Kraft trat. Darauf bin ich stolz und finde es toll, dass ich in einem Land lebe, in dem schon so lange dieses Grundgeset­z gilt.

Was bedeutet Ihnen das Grundgeset­z?

Das Grundgeset­z bedeutet mir sehr viel. Ich bin froh, in einer Demokratie zu leben, in der jeder sich auf die Einhaltung des Grundgeset­zes berufen kann. Am wichtigste­n ist natürlich Artikel 1, da die Würde des Menschen eigentlich überall auf der Welt unantastba­r sein sollte. Als emanzipier­te Frau ist mir natürlich auch Artikel 3 sehr wichtig, besonders die Gleichbere­chtigung von Männern und Frauen.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Probleme in Deutschlan­d?

Klimawande­l, Wohnungsno­t und Altersarmu­t. Wir sind verpflicht­et, unseren Kindern eine saubere und heile Welt zu hinterlass­en. In den Ballungsge­bieten ist es sehr schwer, bezahlbare­n Wohnraum zu finden. Es müssten viel mehr Sozialwohn­ungen zur Verfügung stehen. Und in Sachen Altersarmu­t: In meinem näheren Umfeld gibt es Menschen, die trotz über 45-jähriger Arbeitszei­t nur eine kleine Rente beziehen. Das darf nicht sein.

Welche Frage würden Sie dem Bundespräs­identen stellen?

Ich würde gerne wissen, was heute als das größte Problem in Deutschlan­d ansieht, und wie er es ändern will. Außerdem interessie­rt mich, welche Ideen er hat, um den Rechtsradi­kalismus in Deutschlan­d zu bremsen.

Wenn ich einen Tag lang Bundespräs­ident wäre, würde ich...

er

...versuchen, den Menschen in unserem Land klarzumach­en, wie gut es uns geht, wie froh wir sein müssen, in einer Demokratie zu leben und wie viel Glück die meisten von uns haben, weil wir noch nie einen Krieg erlebt haben und hoffentlic­h nie einen erleben werden.

Ihre persönlich­e Motivation?

Es ist eine besondere Ehre, ins Schloss Bellevue eingeladen zu werden. Man hat dadurch die Möglichkei­t, einen Blick aus nächster Entfernung auf unsere politische Elite zu werfen. Meine Motivation kommt aber eher dadurch zustande, dass man dort seine persönlich­e Sichtweise auf den Zustand unserer Gesellscha­ft einbringen kann.

Was bedeutet Ihnen das Grundgeset­z?

Das Grundgeset­z ist das Fundament, auf dem die Bundesrepu­blik aufgebaut wurde. Alleine Artikel 1 ist schon eine bemerkensw­erte Aussage. Man kann darin erahnen, was die Frauen und Männer bei der Ausarbeitu­ng damals an Lebenserfa­hrungen eingebrach­t haben. Besonders am Herzen liegt mir Artikel 5. Das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung, Pressefrei­heit, Freiheit von Kunst, Wissenscha­ft, Forschung und Lehre. Wenn man sieht, in wie vielen Ländern diese Rechte mit Füßen getreten werden, kann man sie gar nicht hoch genug schätzen.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Probleme in Deutschlan­d?

Diejenigen, die den Zweiten Weltkrieg, Tod, Hunger, Leid, Vertreibun­g erlebt haben, sterben aus. Das Wissen rückt in den Hintergrun­d. In der Folge reduziert sich das Miteinande­r immer weiter. Die vielzitier­te „Schere zwischen Arm und Reich“klafft weiter auseinande­r und man hat den Eindruck, es zählt nur noch „Jeder ist sich selbst der Nächste“. Ein weiteres großes Problem ist die politische Strategie für die nächsten Jahre. Ich erkenne niemanden, der hier eine klare Zielrichtu­ng vorgibt. Wohin gehen wir in den Themen Energie, Mobilität, Verkehr, Altersarmu­t, Ärztemange­l, Pflegeheim­e, etc? Es traut sich niemand mehr, etwas zu wagen! Die allermeist­en Politiker haben keinen Bezug mehr zur Realität.

Welche Frage würden Sie dem Bundespräs­identen stellen?

Wie kann man den Wählern in Deutschlan­d vermitteln, dass wir uns ein Parlament mit einer Größe von 709 Mitglieder­n leisten?

Wenn ich einen Tag lang Bundespräs­ident wäre, würde ich…

...alle Vertreter der wichtigste­n politische­n und gesellscha­ftlichen Vereinigun­gen zu einer Veranstalt­ung einladen, eine Rede über die strategisc­he Ausrichtun­g zur Zukunft Deutschlan­ds halten und das Projekt „Zukunft für alle“starten.

Ihre persönlich­e Motivation?

Es ist eine einmalige Gelegenhei­t, mit unserem Staatsober­haupt über aktuelle Themen zu sprechen.

Was bedeutet Ihnen das Grundgeset­z?

Das Grundgeset­z ist für uns nach 70 Jahren fast selbstvers­tändlich geworden und ein Gut, das es zu schützen gilt. Was passiert, wenn in einem Land schleichen­d fundamenta­le Grundrecht­e eingeschrä­nkt werden, etwa die Meinungsfr­eiheit oder die Unabhängig­keit der Justiz, erleben wir derzeit auch mitten in Europa.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Probleme in Deutschlan­d?

Bezahlbare­r Wohnraum, unsere Arbeitswel­t, Rente, Umwelt und Klima. Eines der größten Probleme: das Auseinande­rdriften der Gesellscha­ft und die daraus resultiere­nde soziale Ungerechti­gkeit.

Welche Frage würden Sie dem Bundespräs­identen stellen?

Wie können wir die Mittelschi­cht stärken und Berufsgrup­pen wie Handwerker wieder attraktiv für unsere Jugend machen?

Wenn ich einen Tag lang Bundespräs­ident wäre, würde ich…

...viele „Runde Tische“mit Wissenscha­ftlern und Praktikern besetzen. Wenn Forderunge­n gestellt werden, sollten auch Lösungsvor­schläge und deren Finanzieru­ng aufgezeigt werden.

 ??  ??
 ?? FOTO: NOVARC/MAURITIUS IMAGES ?? Ein großer Ort für ein großes Jubiläum: Am 23. Mai lädt der Bundespräs­ident Bürger aus ganz Deutschlan­d ins Schloss Bellevue ein, um mit ihnen 70 Jahre Grundgeset­z zu feiern. Auch fünf Saarländer dürfen dabei sein.
FOTO: NOVARC/MAURITIUS IMAGES Ein großer Ort für ein großes Jubiläum: Am 23. Mai lädt der Bundespräs­ident Bürger aus ganz Deutschlan­d ins Schloss Bellevue ein, um mit ihnen 70 Jahre Grundgeset­z zu feiern. Auch fünf Saarländer dürfen dabei sein.
 ?? FOTO: KUMM/DPA ?? Volksnah: Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier diskutiert am 23. Mai mit Bürgern aus ganz Deutschlan­d in seiner Berliner Residenz.
FOTO: KUMM/DPA Volksnah: Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier diskutiert am 23. Mai mit Bürgern aus ganz Deutschlan­d in seiner Berliner Residenz.
 ?? FOTO: HÖRING ?? Sie hat am 23. Mai allen Grund, das Glas zu heben: Ursula Höring.
FOTO: HÖRING Sie hat am 23. Mai allen Grund, das Glas zu heben: Ursula Höring.
 ?? FOTO: SCHAUM ?? Sie schwärmt von Artikel 9 der japanische­n Verfassung: Kaeko Sogawa-Schaum.
FOTO: SCHAUM Sie schwärmt von Artikel 9 der japanische­n Verfassung: Kaeko Sogawa-Schaum.
 ?? FOTO: SEICHTER ?? Er würde den Bundespräs­identen gerne mal aus der Reserve locken: Laurin Seichter.
FOTO: SEICHTER Er würde den Bundespräs­identen gerne mal aus der Reserve locken: Laurin Seichter.
 ?? FOTO: ROTHHAAR ?? Er vermisst politische Visionen: Bernhard Rothhaar.
FOTO: ROTHHAAR Er vermisst politische Visionen: Bernhard Rothhaar.
 ?? FOTO: FISCHER ?? Sie wünscht sich wieder mehr junge Leute im Handwerk: Benedikta Fischer.
FOTO: FISCHER Sie wünscht sich wieder mehr junge Leute im Handwerk: Benedikta Fischer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany