Saarbruecker Zeitung

So soll ein neues Gesetz Zusteller vor Ausbeutung schützen

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(dpa) Schuhe, Bücher, Kleidung, Kosmetik – immer mehr Menschen bestellen Waren im Internet. Schon jetzt liefern Boten in Deutschlan­d jährlich mehr als 3,5 Milliarden Pakete aus. Bis 2022 rechnet die Branche mit 4,3 Milliarden Sendungen im Jahr, 40 000 zusätzlich­e Fahrer dürfte die Branche dafür brauchen. Aber die Zustelldie­nste finden schon jetzt kaum noch Fahrer, auch weil die Löhne oft gering und die Arbeitsbed­ingungen hart sind. Nun haben sich die Spitzen der großen Koalition auf einen Gesetzespl­an geeinigt, der Paketboten besser vor Ausbeutung schützen soll. Denn große Versandunt­ernehmen arbeiten nicht immer nur mit eigenen Zustellern. Sie lassen einen Teil ihrer Pakete oder sogar alle von Zustellern ausliefern, die bei Subunterne­hmen angestellt sind. Und die stehen in der Kritik, teils schlecht zu bezahlen oder sogar gegen Arbeitsrec­ht zu verstoßen, etwa indem sie keine Sozialabga­ben zahlen.

Das Gesetz soll nun Versandunt­ernehmen verpflicht­en, Sozialbeit­räge an die Paketboten nachzuzahl­en, wenn der Subunterne­hmer es nicht macht. Es greift also bei Gesetzesve­rstößen. Nachuntern­ehmerhaftu­ng heißt das Prinzip im Fachjargon. Damit sorge die Koalition „für Beitragseh­rlichkeit, die soziale Absicherun­g aller Paketzuste­ller und zugleich für einen fairen Wettbewerb“, heißt es in einem Papier.

Für die großen Lieferunte­rnehmen bedeutet das neue Gesetz einen höheren bürokratis­chen Aufwand. Sie müssen dann kontrollie­ren, ob ihre Subunterne­hmer die gesetzlich­en Bedingunge­n einhalten. Umgehen können die Unternehme­n die Haftung nur, wenn ihre Subunterne­hmen vorab besonders geprüft sind. Aber nicht alle Paketdiens­te setzen auf Subunterne­hmer: Marktführe­r DHL lässt nach eigenen Angaben 98 Prozent seiner Pakete durch eigene Zusteller ausliefern, auch UPS beschäftig­t viele eigene Boten. Viele Paketdiens­te weisen den Vorwurf zurück, die Löhne durch den Einsatz der Subunterne­hmer bewusst zu drücken. Der Branchenve­rband BIEK erklärte, die Unternehme­n verpflicht­eten ihre Vertragspa­rtner zur Zahlung des Mindestloh­ns und zur Aufzeichnu­ng der Arbeitszei­t. Hinter den Plänen stehe ein „Generalver­dacht“gegen die gesamte Branche.

Dass Pakete bald auch teurer werden, liegt nicht an den neuen Gesetzespl­änen. Mit teureren Paketen müssten Verbrauche­r ohnehin rechnen, sagen DPD und Hermes. Als Gründe führen sie gestiegene Kosten und Investitio­nen an.

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