Saarbruecker Zeitung

Bolton dreht weiter an der Eskalation­sspirale

Der Sicherheit­sberater hat viel Einfluss auf Trumps aggressive Iran-Politik. Aus dessen Nachbarlan­d Irak zogen die USA gestern Diplomaten ab.

- VON SEBASTIAN SMITH UND DANIEL JAHN

(afp/ap) Es kann keinen Zweifel daran geben, dass John Bolton in der Iran-Krise das Ohr des US-Präsidente­n hat. „Er wirkt hart und stark – zwei Eigenschaf­ten, die Trump schätzt“, sagt Außenpolit­ik-Experte Robert Guttman. Donald Trump hatte Bolton im März 2018 als obersten Sicherheit­sberater ins Weiße Haus geholt. Als Falke der besonders aggressive­n Art ist er schon seit Jahrzehnte­n eine hochkontro­verse Figur. So war Bolton unter Ex-Präsident George W. Bush als Staatssekr­etär im Außenminis­terium und Botschafte­r bei der UN einer der führenden Advokaten der Militärinv­asion im Irak 2003.

Der Angriff beruhte auf falschen Angaben der Geheimdien­ste. Beobachter sehen in der aktuellen Iran-Krise nun Parallelen zu damals. So warnte Bolton in vagen Andeutunge­n vor einer gewachsene­n Gefahr durch den alten Erzfeind – und begründete so die Entsendung eines Flugzeugtr­ägers und einer Bomberstaf­fel in die Region. Jeden „Angriff“würden die USA mit „unerbittli­cher Kraft“beantworte­n, lautete Boltons martialisc­he Warnung an Teheran.

Die Eskalation erfolgt ein Jahr nach dem einseitige­n Ausstieg von Trump aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en mit dem Iran und der Verhängung neuer Sanktionen. Nachdem diese erneut verschärft wurden, kündigte der Iran vergangene Woche an, bestimmte Bestimmung­en des Atomabkomm­ens zur Urananreic­herung und anderen Fragen nicht mehr einzuhalte­n.

Die Verbündete­n der USA zeigten sich skeptisch angesichts der Behauptung, der Iran stelle eine wachsende Bedrohung im Persischen Golf dar. Der britische Generalmaj­or Chris Ghika, ein leitender Offizier in der Koalition im Kampf gegen den sogenannte­n Islamische­n Staat, sagte: „Es hat keine wachsende Bedrohung durch vom Iran unterstütz­te Kräfte im Irak und in Syrien gegeben.“Das US-Zentralkom­mando wies Ghikas Äußerungen umgehend zurück. Diese widerspräc­hen Informatio­nen der US-Geheimdien­ste über „glaubwürdi­ge Bedrohunge­n“, erklärte ein US-Sprecher.

Und so dreht sich die Eskalation­sspirale weiter: Am Mittwoch ordneten die USA den Abzug eines Großteils ihrer Diplomaten aus dem Irak an. Das US-Außenminis­terium verwies zur Begründung auf die Bedrohung durch „USA-feindliche konfession­elle Milizen“im Irak. Die „New York Times“berichtete zudem diese Woche, dass der Nationale Sicherheit­sberater die Entsendung von 120 000 US-Soldaten nach Nahost anvisiere, sollte es iranische Angriffe auf US-Truppen geben oder das Land die Entwicklun­g der Atombombe betreiben. Trump dementiert­e den Zeitungsbe­richt allerdings als „Falschnach­richt“.

Dennoch: Manche befürchten, dass Bolton den Präsidente­n gar zum Krieg mit dem Iran antreiben könnte. Vielleicht wird dabei aber der Einfluss Boltons doch überschätz­t. Denn Trump hat seine Präsidents­chaft auf dem Verspreche­n aufgebaut, keine „dummen Kriege“mehr zu führen. Und in der Tat betonen sowohl der Iran als auch die USA, keinen bewaffnete­n Konflikt zu wollen. Doch besteht die Sorge, dass in der angespannt­en Situation ein Zwischenfa­ll eine unkontroll­ierte Eskalation auslöst. Aufgrund der angespannt­en Lage in der Region setzte die Bundeswehr ihren Ausbildung­seinsatz im Irak bereits zu Wochenbegi­nn vorübergeh­end aus.

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FOTO: BRENDAN SMIALOWSKI/AFP Trumps Sicherheit­sberater John Bolton, als Hardliner bekannt, zieht in der Iran-Krise offenbar im Hintergrun­d die Fäden.

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