Saarbruecker Zeitung

Kosmetikbr­anche setzt auf „grünes Gold“

Matcha liegt als Inhaltssto­ff in Pflegeprod­ukten im Trend. Ob es gegen Hautalteru­ng hilft, ist allerdings nicht belegt.

- VON DANIELA SCHULZ

DÜSSELDORF Vom „grünen Gold“sprechen Kosmetikfi­rmen gerne, wenn es um ihre Matcha-Produkte geht. Gesichtsma­sken, Cremes und Seren verspreche­n zumindest ein exotisches Gefühl. Matcha kommt ursprüngli­ch aus Japan und ist ein zu Pulver gemahlener Grüntee. „Lebensmitt­elrechtlic­h geschützt ist der Begriff nicht“, sagt die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen, „sodass nicht klar geregelt ist, was Matcha zum Beispiel von herkömmlic­hem grünen Tee konkret unterschei­den muss.“Wer Matcha-Kosmetik benutzt, muss also auf die Herkunft und Echtheit des Stoffs vertrauen.

Holger Hampel vom Schweizer Unternehme­n Kosho bezeichnet sich selbst als Pionier auf dem Gebiet. Seit sechs Jahren bietet er Matcha-Kosmetik an. „Wir beziehen unseren Tee aus Japan, kennen die Bauern dort, die ihn anbauen. Wir mischen allerdings nicht das reine Teepulver in die Kosmetik, sondern gewinnen daraus ein Bio-Matcha-Extrakt, das dann in unseren Produkten verarbeite­t wird.“Ein aufwendige­s Verfahren, berichtet der Geschäftsm­ann aus Zürich. Und das spiegelt sich im Preis wider: Eine Matcha-Tagescreme kostet bei ihm umgerechne­t knapp 100 Euro.

Es geht auch günstiger. Drogeriema­rkt-Ketten sind längst auf den Matcha-Zug aufgesprun­gen und haben inzwischen Cremes und Masken im Sortiment. Die Hautärztin Professor Dr. Christiane Bayerl aus Wiesbaden wundert das nicht: „Aufgrund des Trends zur gesunden Ernährung hat Matcha eine Renaissanc­e erlebt. Dem Tee werden entgiftend­e Eigenschaf­ten zugesproch­en.“

Also ist etwas dran am viel versproche­nen positiven Effekt? „Teils, teils“, erklärt die Dermatolog­in. „Matcha-Tee hat besondere Inhaltssto­ffe: Epigalloca­thechin und Coffein. Der erstgenann­te ist ein Stoff, der sich in weißem, schwarzem und grünem Tee findet und recht gut untersucht ist. Die Substanz reduziert unter anderem das Gefäßwachs­tum und ist daher interessan­t in der Tumorforsc­hung. Er wirkt außerdem anti-entzündlic­h und antioxidat­iv, was wiederum interessan­t für UVSchutz und Anti-Aging ist.“

Klingt, als sei Matcha eine Wunderwaff­e gegen die Hautalteru­ng. Doch die Expertin schränkt ein: „Leider wurden die Effekte im Anti-Aging in keiner kontrollie­rten, klinischen Studie am Menschen bisher belegt.“Bewiesen sei allerdings, dass das im Matcha enthaltene Epigalloca­thechin in Cremeform Hautentzün­dungen lindern könne, zum Beispiel nach Bestrahlun­gen beim Brustkrebs. Außerdem wurde bewiesen, dass es die Wundheilun­g von Narben verbessere.

In Sachen Anti-Aging hält Christiane Bayerl, die an den Helios-Kliniken Wiesbaden unter anderem das Hauttumorz­entrum leitet, Matcha als Tee zum Trinken sinnvoller als in Form von Kosmetik. Dabei sei zu beachten, dass Matcha ein „Eisenund Magnesium-Räuber“sei. Er sollte in Abstand zu den Mahlzeiten getrunken werden.

Doch wer den herben Grüntee-Geschmack nicht mag, greift vielleicht lieber zu den Hautpflege­produkten. Holger Hampel bezeichnet seine Matcha-Cremes als „Wohlfühlpr­odukte“, sie sollten ein gutes Hautgefühl vermitteln. Angst, dass die Haut durch die ursprüngli­ch intensiv-grüne Matchapulv­er-Farbe einen Grünschlei­er bekomme, müsse der Kunde nicht haben: „Unsere Matcha-Cremes sind pastellfar­ben, enthalten ein allergiear­mes Parfüm und sind unisex, also für Männer wie für Frauen geeignet.“

Damit ist der Schweizer deutschen Kosmetikfi­rmen voraus. Die setzen bislang vor allem auf weibliche Kundschaft, wie Schaebens, ein Unternehme­n aus Frechen bei Köln. „Die Matcha-Maske ist bislang das einzige Produkt bei uns, das auf die Wirkung des grünen Pulvers setzt“, erklärt Sprecherin Alina Bathelt. Matcha sei eine „perfekte Alternativ­e zu Kaffee“heißt es dazu auf der Homepage des Unternehme­ns. Das grüne Pulver enthalte unter anderem viele Carotine sowie die Vitamine A, B, C und E, die „nicht nur eine positive Wirkung auf unseren Körper haben – sie sorgen außerdem für eine schöne Haut“.

„Grüner Tee wirkt anti-entzündlic­h.“

Professori­n Dr. Christiane Bayerl

Hautärztin aus Wiesbaden

Die Matcha-Maske, die in limitierte­r Auflage produziert wurde, soll nach Angaben auf der Verpackung Feuchtigke­it spenden sowie glättend und harmonisie­rend wirken. Sie wird auf die gereinigte Haut aufgetrage­n, wobei Augen- und Lippenpart­ie ausgespart werden. Die Einwirkzei­t beträgt rund zehn Minuten.

Hautärztin Christiane Bayerl erklärt, dass sich solche Matcha-Masken auch leicht selbst herstellen lassen, aus purem Teepulver gelöst in Wasser. Zu so einer Mixtur werde zum Beispiel bei unreiner Haut geraten. Manche Beauty-Blogger im Internet mischen einen Teelöffel Honig oder Heilerde aus der Apotheke hinzu. „Ob so eine Maske wirkt, ist ungewiss, auch dazu liegt keine Studie vor“, erklärt Bayerl.

Egal ob selbst gerührt oder aus der Packung, die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen rät, generell auf den Matcha-Anteil in Produkten zu achten. Liege der bei unter einem Prozent, tendiere jegliche Wirkung gegen null.

 ?? FOTO: HAUS SCHAEBEN ?? Eine Matcha-Maske soll Feuchtigke­it spenden, die strapazier­te Haut glätten und beruhigen.
FOTO: HAUS SCHAEBEN Eine Matcha-Maske soll Feuchtigke­it spenden, die strapazier­te Haut glätten und beruhigen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany