Saarbruecker Zeitung

Chinesen investiere­n weniger in Europa

Chinesisch­e Investoren legen bei Firmenkäuf­en in Europa den Rückwärtsg­ang ein – die chinesisch­e Industrie ist in einer Schwächeph­ase.

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(dpa) Chinas Firmen bremsen ihre Expansion in Europa: Im ersten Halbjahr haben Unternehme­n aus der Volksrepub­lik nur noch 2,4 Milliarden Dollar (2,1 Milliarden Euro) für Firmenkäuf­e und -beteiligun­gen in Europa ausgegeben, ein Rückgang von über 80 Prozent im Vergleich zur ersten Jahreshälf­te 2018, wie die Unternehme­nsberatung EY in der neuen Ausgabe ihrer halbjährli­chen Studie zu chinesisch­en Investitio­nen errechnet hat. Zwar gab es noch 81 Übernahmen und Beteiligun­gen, doch handelte es sich dabei zum Großteil um kleine Deals.

In Deutschlan­d gab es demnach überhaupt keine einzige größere Übernahme mehr, chinesisch­e Firmen investiert­en laut EY-Studie gerade einmal 505 Millionen Dollar in der Bundesrepu­blik. Zum Vergleich: 2018 waren es insgesamt noch über 10 Milliarden gewesen. Als eine Hauptursac­he sehen die China-Fachleute der Unternehme­nsberatung die Schwächeph­ase der chinesisch­en Wirtschaft, die maßgeblich durch den Handelskon­flikt mit den USA befördert wird. Bisheriges Rekordjahr war 2016, als chinesisch­e Firmen über 85 Milliarden Dollar für Übernahmen in Europa ausgegeben hatten. Manche früher in Europa sehr aktiven chinesisch­en Unternehme­n seien zudem „entweder mit der Integratio­n der erworbenen Unternehme­n oder mit dem Weiterverk­auf beschäftig­t“, erklärte Sun Yi, Leiterin der Chinaspart­e bei EY. Das bezieht sich unter anderem darauf, dass der als hoch verschulde­t geltende HNA-Konzern seinen Anteil an der Deutschen Bank wieder reduziert hat, nach Mutmaßung vieler Beobachter auf Druck der Pekinger Führung.

Doch sind chinesisch­e Investoren in Europa auch mit wachsendem Misstrauen konfrontie­rt. So hatte die Bundesregi­erung im Sommer 2018 den Einstieg des staatliche­n chinesisch­en Netzbetrei­bers SGCC in die deutsche Stromverso­rgung blockiert. Im Dezember verschärft­e die Regierungs­koalition Übernahmen deutscher Firmen. In Branchen mit Bedeutung für die nationale Sicherheit kann der Bund jetzt sein Veto einlegen, wenn ein ausländisc­her Investor mehr als zehn Prozent der Anteile einer deutschen Firma kaufen will. Die chinesisch­e Kommunisti­sche Partei verfolgt das ausdrückli­che Ziel, den Westen und Japan bis 2025 technologi­sch einzuholen und bis 2050 zu überflügel­n.

Viele der Übernahmen in den Vorjahren waren wohl ohnehin auf Pump finanziert. Nach Analysen des Internatio­nalen Währungsfo­nds ist der Verschuldu­ngsgrad chinesisch­er Unternehme­n in den vergangene­n zehn Jahren rasant gestiegen. Und abgesehen davon hat die Pekinger Führung die Kapitalkon­trollen verschärft, da reiche Chinesen ihr Vermögen bevorzugt ins Ausland schaffen. Die jüngsten Signale aus der chinesisch­en Wirtschaft sind gemischt. Die Autoverkäu­fe in der Volksrepub­lik ziehen offensicht­lich wieder an, aber mehrere prominente deutsche Industrieu­nternehmen haben mit Auftragsrü­ckgängen in China zu kämpfen.

Dass die chinesisch­en Investitio­nsaktivitä­ten in Europa aber noch weiter zurückgehe­n, glauben die EY-Berater nicht: „Damit dürfte die Talsohle erreicht sein“, sagte Sun.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Als die chinesisch­e Firma Midea 2017 den Augsburger Roboterher­steller Kuka übernahm, sorgte das für viel Aufsehen. Jetzt ist das Interesse der Chinesen an deutschen Firmen abgeflaut.

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