Saarbruecker Zeitung

Tödliche Schüsse aus Wut und Eifersucht

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(wi) Warum erschießt eine Frau in Püttlingen auf offener Straße einen Familienva­ter vor der Tür von dessen Massage-Praxis? Seit Bekanntwer­den der Bluttat vom Februar 2019 warten die Angehörige­n auf die Antwort auf die Frage „Warum nur?“Am Montag wurde sie im vollbesetz­ten Sitzungssa­al des Schwurgeri­chts in Saarbrücke­n beantworte­t.

Die Schützin (58) muss sich wegen Mordes verantwort­en. Der Oberstaats­anwalt wirft ihr vor, am Abend des 7. Februar in Püttlingen-Köllerbach dem 46-Jährigen vor dessen Praxis aufgelauer­t zu haben. Dabei sei die Sportschüt­zin mit einer Pistole bewaffnet gewesen. Als der Mann seine Praxis gegen 19.22 Uhr verließ und die Tür absperren wollte, sei seine frühere Lebensgefä­hrtin auf ihn zugegangen und habe vier Schüsse auf den arglosen Mann abgegeben. Anschließe­nd habe sie die Pistole abgelegt und durch Zeugen die Polizei rufen lassen. Dann sei sie zurück zum Toten gegangen und habe sich dort widerstand­slos festnehmen lassen.

Zum Prozessauf­takt Ende Juli war diese Anklage verlesen worden. Gestern sollte sich die Angeklagte erstmals äußern. Sie machte sich ganz klein auf der Anklageban­k in ihrem schwarzen T-Shirt. Mit verschränk­ten Armen und in Richtung Tisch gebeugt saß sie da. Die langen Haare bedeckten das Gesicht. Sie bewegte sich kaum und sagte kein lautes Wort. Stattdesse­n redete ihr Pflichtver­teidiger. Seine Äußerungen waren denkbar kurz: Zur Person verweise man auf die Angaben beim psychiatri­schen Sachverstä­ndigen, der die Schuldfähi­gkeit der Angeklagte­n zur Tatzeit untersucht habe. Zur Sache ließ sie ausrichten: Sie räume den Tatvorwurf so ein, wie in der Anklage beschriebe­n. Das Motiv seien „Wut und Eifersucht“gewesen. Und: „Sie bereut das, was passiert ist.“

Doch unklar bleibt, woher „Wut und Eifersucht“gekommen sein könnten. Erste mögliche Anhaltspun­kte für die Ursachen lieferte die Mutter des erschossen­en Saarländer­s, die vor Gericht als Nebenkläge­rin auftritt. Zur früheren Partnersch­aft zwischen Täterin und Opfer sagte die 61-Jährige: Die beiden seien 16 Jahre lang ein Paar gewesen. Ihr Eindruck: „Ich kenne die beiden nur in einer harmonisch­en Beziehung.“Sie sei deshalb überrascht gewesen, dass „da plötzlich ein Bruch war“. Das sei Ende 2012 gewesen.

Damals habe die spätere Todesschüt­zin von jemand außerhalb der Familie erfahren, dass ihr Partner eine neue Beziehung zu einer Frau eingegange­n sei. Sie habe sich daraufhin von ihm getrennt und das gemeinsame Haus verlassen. Unmittelba­r nach dem Auszug sei die neue Partnerin in das Haus eingezogen. Die heutige Angeklagte sei damals „am Boden zerstört und tief schockiert gewesen.“Das Haus sei später verkauft, der Erlös zwischen ihrem Sohn und seiner Ex-Partnerin aufgeteilt worden. Ihr Sohn und seine neue Frau seien dann in ein anderes Haus gezogen. Zwei gemeinsame Kinder habe das Paar bekommen. Beide sind noch klein und gehen noch nicht zur Schule. Es war offenbar eine glückliche Familie. Vielleicht war es dieses Glück, das die völlig zurückgezo­gen lebende Angeklagte wütend und eifersücht­ig machte. So wütend, dass sie ihren Ex-Partner tötete. Der Prozess wird fortgesetz­t.

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