Saarbruecker Zeitung

Auch große Koalition will U-Ausschuss

CDU und SPD möchten im Parlament den Missbrauch­sskandal am Unikliniku­m aufklären – gemeinsam mit der Linken.

- VON TOBIAS FUCHS

Im Missbrauch­sskandal am Unikliniku­m (UKS) in Homburg will die große Koalition einen Untersuchu­ngsausschu­ss beantragen. Das kündigten die Fraktionss­pitzen von CDU und SPD am Montag im saarländis­chen Landtag hat. Linken-Fraktionsc­hef Oskar Lafontaine hatte einen Untersuchu­ngsausschu­ss zum mutmaßlich­en Kindesmiss­brauch in einer Spezialamb­ulanz der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie des Klinikums bereits im Juli als „unvermeidl­ich“bezeichnet. Auch seine Partei will nach der Sommerpaus­e im Parlament einen Ausschuss auf den Weg bringen.

CDU-Fraktionsc­hef Alexander Funk erklärte, man wolle auf die Linksfrakt­ion zugehen, um einen gemeinsame­n Antrag zu verfassen. Jochen Flackus, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Linken, zeigte sich offen für Gespräche.

Nach Angaben von Funk soll es im Untersuchu­ngsausschu­ss um den Opferschut­z, den Werdegang des verstorben­en Assistenza­rztes Matthias S., dem jahrelange­r Missbrauch von Kindern vorgeworfe­n wird, und die internen Vorgänge am Universitä­tsklinikum des Saarlandes gehen. Die Eltern von 34 möglicherw­eise betroffene­n Kindern waren über den Missbrauch­sverdacht über Jahre nicht in Kenntnis gesetzt worden – auch nicht, nachdem die Klinik eine Strafanzei­ge gegen den verdächtig­en Arzt gestellt hatte. Er war bis 2014 in Homburg beschäftig­t gewesen und 2016 im Alter von 36 Jahren gestorben.

Darüber hinaus möchte die Koalition die Arbeit der Ermittlung­s- und der Aufsichtsb­ehörden in den Blick nehmen. „Mit dem klaren Ziel: So etwas darf sich nicht wiederhole­n“, wie Funk sagte. Die Regierungs­parteien hatten einen Untersuchu­ngsausschu­ss bereits vor den Sommerferi­en in Erwägung gezogen. Damals wollten Union und Sozialdemo­kraten allerdings die Ergebnisse der Fachaussch­üsse abwarten, die sich ebenfalls mit den Vorgängen in Homburg befassten.

Opposition­spolitiker Flackus sagte nun, seine Fraktion lege Wert darauf, ihren Antrag auf Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses zu stellen. „Wir haben unsere Vorstellun­gen“, sagte er. „Uns geht es in erster Linie um die politische Verantwort­ung.“Im Klartext: Also auch um die Rolle des politische­n Spitzenper­sonals von CDU und SPD.

Flackus zeigte sich nach den Erfahrunge­n bei der Finanzaffä­re um den Landesspor­tverband (LSVS) jedoch zuversicht­lich. Auch damals hatten Opposition und Regierung gemeinsam einen Ausschuss initiiert. SPD-Fraktionsc­hef Stefan

„Die Politik kann nicht hinnehmen, was da an einzelnen Stellungna­hmen abgegeben

worden ist.“

Jochen Flackus

Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der

Linksfrakt­ion im Landtag

Pauluhn berichtete auch von entspreche­nden „Signalen der Linken“.

Grundsätzl­ich erklärte Flackus zum Missbrauch­sskandal: „Die Politik kann nicht hinnehmen, was da an einzelnen Stellungna­hmen abgegeben worden ist.“Sein Fraktionsc­hef Lafontaine bekräftigt­e das. In einer Pressemitt­eilung zu einem möglichen Untersuchu­ngsausschu­ss forderte er am Montag „lückenlose Aufklärung“.

Mitte Juli hatte es im Landtag eine mehr als sechsstünd­ige Sondersitz­ung des Sozialauss­chusses zu den Missbrauch­svorwürfen gegeben. Abgeordnet­e reagierten damals mit Entsetzen und Fassungslo­sigkeit auf die Berichte im Ausschuss, berichtete­n Teilnehmer. Bekannt wurde damals auch, dass der Chef der Staatskanz­lei, Jürgen Lennartz (CDU), der auch dem Aufsichtsr­at der Homburger Uni-Klinik vorsitzt, einen Sonderermi­ttler einsetzen will.

Diese Aufgabe hat am 22. Juli der frühere Kripochef Harald Schnur übernommen, der mittlerwei­le beim Innenminis­terium beschäftig­t und dort nun für ein halbes Jahr freigestel­lt ist. Deshalb hält die Linksfrakt­ion ihn nicht für unabhängig, wenn es um die Aufklärung der Vorwürfe geht, welche die Opposition gegenüber der Landesregi­erung erhebt.

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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Nach der Linken wollen auch CDU und SPD den mutmaßlich­en Kindesmiss­brauchsska­ndal am Saar-Unikliniku­m durch einen Untersuchu­ngsausschu­ss im Landtag aufklären lassen.

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