Saarbruecker Zeitung

Gleisschub­ser-Prozess: Lokführer sagt aus

- Produktion dieser Seite: Ute Kirch, Christine Kloth Dietmar Klosterman­n, E. Brenner

(ru) Die junge, eher zierliche Frau ist in Handschell­en in den Sitzungssa­al 1 des Zweibrücke­r Landgerich­ts geführ worden. Sie setzte sich neben ihren Verteidige­r auf die Anklageban­k – und bekam sofort feuchte Augen, was sich während der gesamten Verhandlun­g nicht ändern sollte. Ein erstes Zeichen für Reue? Am Montag hat in der Zweiten Strafkamme­r der Prozess gegen die heute 19-Jährige mit dem Verlesen der Anklagesch­rift und der Zeugenauss­age eines 48-jährigen Lokführers begonnen. Die damals noch 18-Jährige soll am 6. April 2019 eine (damals 19-jährige) Bekannte während einer tätlichen und lautstarke­n Auseinande­rsetzung ins Gleisbett des Zweibrücke­r Hauptbahnh­of gestoßen haben – zu einem Zeitpunkt, als planmäßig ein Regionalzu­g aus Pirmasens auf den Bahnhof zurollte. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihr deshalb vor der Großen Jugendstra­fkammer Körperverl­etzung und versuchten Totschlag vor – allerdings mit vermindert­er Schuldfähi­gkeit. Denn die junge Frau soll zum Tatzeitpun­kt angetrunke­n gewesen sein. Laut Anklagesch­rift waren sich die Angeklagte und ihre Bekannte zufällig am Gleis begegnet und in heftigen Streit geraten. Der vermeintli­che Auslöser: Die Bekannte soll dem Freund der Angeklagte­n nach einer feucht-fröhlichen Feier eine E-Mail geschriebe­n haben, die Angeklagte hätte die Nacht mit anderen Männern verbracht. Der Freund habe dann Schluss gemacht. Das habe die junge Frau derart in Rage gebracht, dass sie ihrer Bekannten auf dem Bahnsteig gedroht haben soll, sie „umzubringe­n“. Schließlic­h habe sie die Frau an den Haaren gerissen und ins Gleisbett gestoßen. Nachdem das Opfer wieder auf den Bahnsteig geklettert war, wurde es von der Täterin mit Fußtritten traktiert.

Der Triebwagen­führer, der am Tattag den einfahrend­en Regionalzu­g gesteuert hatte und der einzige am Montag gehörte Zeuge war, bestätigte das Geschehen. Geistesgeg­enwärtig habe er den Zug mehr als üblich bei der Einfahrt in einen Bahnhof abgebremst und ein Warnsignal gegeben. Eine Notbremsun­g sei es aber nicht gewesen, antwortete er auf Nachfrage des Vorsitzend­en Richters Michael Schubert. Die beiden Frauen hätten dann im Zug Richtung Saarbrücke­n weiter heftig gestritten, er habe sie zurechtwei­sen müssen. Ohne Erfolg. Schließlic­h soll ein Fahrgast telefonisc­h die Ordnungshü­ter alarmiert haben, woraufhin Beamte der Bundespoli­zei beide Frauen bei einem Halt in St. Ingbert aus dem Zug holten. Seither sitzt die Angeklagte in Untersuchu­ngshaft. Zum Tatvorwurf schwieg sie am Montag. Ihr Verteidige­r kündigte allerdings eine Erklärung seiner Mandantin an, die er in der nächsten Verhandlun­g verlesen will. Der Prozess wird am Donnerstag, 9.30 Uhr, fortgesetz­t.

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FOTO: BONENBERGE­R/VERANSTALT­ER Nein, dieses Pferd versucht nicht, den Reiter abzuwerfen. Das ist Reitkunst.

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