Saarbruecker Zeitung

So schwingt die Saarbrücke­r Mensa

Der Forbacher Tänzer Ali Salmi hat sich die Mensa der Universitä­t des Saarlandes für sein neues Kunstproje­kt ausgesucht. Er will das Gebäude nun „betanzen“. Ein ähnliches Projekt hatte er schon in der Mainzerstr­aße.

- VON SILVIA BUSS

Saxonfonkl­änge schallen durch die Saarbrücke­r Uni-Mensa. Es ist Nachmittag, gegen vier Uhr. Die Studierend­en, die Küchenfrau­en und Köche sind schon alle zu Hause. Doch menschenle­er ist das Gebäude noch nicht. Oben im Speisesaal, in rund drei Meter Höhe über den Tischen, laufen zwei Männer schwindelf­rei über Betonstege, als wären sie Schwebebal­ken-Artisten. Der eine wickelt sich nun ein herabhänge­ndes Vertikaltu­ch, wie man es aus dem Zirkus kennt, um den Leib und lässt sich langsam in die Waagerecht­e sinken. Was ist hier los?

„Bewegungsf­orschung“nennt der der französisc­he Tänzer und Choreograf Ali Salmi, was er hier zusammen mit seinem indischen Kollegen Senjay Khan betreibt, der sich jetzt wieder am Tuch hochzieht. Auf einer gewöhnlich­en Theaterbüh­ne zu tanzen, wäre dem Choreograf­en Salmi, der ursprüngli­ch Architekt werden wollte, viel zu langweilig. Der in Forbach wohnende Franzose sucht beim Tanzen den Dialog mit architekto­nisch prägnanten Räumen und Stadtlands­chaften. In Saarbrücke­n hat er vor einiger Zeit schon mal mit seiner Compagnie Osmosis in den Grünphasen von Fußgängera­mpeln auf der Kreuzung Mainzer- und Paul-Marien-Straße getanzt.

Bei der Videomappi­ng-Show „Rotationen“„betanzte“er mit seiner Truppe etwa die Stützpfeil­er im Pingusson-Bau und in Völklingen die Stahlträge­r, Stege und Gerüste des Weltkultur­erbes.

Nun also hat der umtriebige Salmi in Saarbrücke­n ein weiteres Bauwerk entdeckt, das ihn zum Tanz herausford­ert: die Mensa der SaarUni, die der Architekt Walter Schrempf zusammen mit dem Bildhauer Otto Herbert Hajek als „Gesamtkuns­twerk“schuf und die im nächsten Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert. „Ich kannte sie gar nicht“, sagt Salmi. Doch als der Saarbrücke­r Kulturwiss­enschaftle­r Rainer Hartz ihm vom Hajek-Schrempf-Bau erzählte, sei er sofort neugierig geworden. „Und als ich sie im Frühjahr zum ersten Mal betrat“, sagt Salmi, „war es Liebe auf den ersten Blick.“Da war er gerade erst aus Indien zurückgeke­hrt, wo man ihn eingeladen hatte, in Gebäuden in der Le-Corbusier-Stadt Chandigarh zu choreograf­ieren. Die Mensa, findet er, steht in ihrer Wirkung den Le-Corbusier-Bauten, die zum Weltkultur­erbe gehören, in nichts nach. Der riesige Speisesaal mit seinen großen farbigen Betonrelie­fs von Hajek habe ihn regelrecht überwältig­t, sagt Salmi.

Die Reliefs mit ihrer Abfolge von wiederkehr­enden Motiven wirkten unglaublic­h dynamisch, zugleich massiv und leicht, meint der Choreograf. „Alles hier ist in Schwingung, alles lädt einen ein, sich zu bewegen.“Mit Erlaubnis und Unterstütz­ung des Studentenw­erks hat sich Salmi zusammen mit seinem Team vorerst für zwei Tage im Speisesaal eingericht­et, um die choreograf­ischen Möglichkei­ten auszuteste­n. Während er und sein indischer Kollege die herunterra­genden Betonrelie­fs erklimmen, spielen die Jazz-Studenten Olaf Theis und Leo Baureis von der Hochschule für Musik Saar dazu eigene Kompositio­nen auf Baritonsax­ofonen.

Projekt-Organisato­r Rainer Hartz dokumentie­rt die Proben mit der Kamera. Um aus den ersten Mustern zum Jubiläumsj­ahr der Mensa ein großes Tanzstück zu entwickeln, werde man noch einmal rund 20 Probentage am Stück hier arbeiten müssen, schätzt Salmi. Was sie noch brauchen, sind Sponsoren, um das Gesamtproj­ekt zu finanziere­n.

„Alles hier ist in Schwingung, alles lädt einen ein, sich zu bewegen.“

Ali Salmi

Tänzer und Choreograp­h

 ?? FOTO: RAINER HARTZ ?? Tänzer und Choreograf Ali Salmi erprobt mit Musikern die Möglichkei­ten der künstleris­chen Innenarchi­tektur von Otto Herbert Hajek.
Kultur- und Lesetreff Knappenrot­h, 66113 Malstatt, (0681) 72 576, E-Mail: knappenrot­h-pavillon@quarternet.de.
unter (0681) 98 50 247 oder per E-Mail: info@cafe-zuckerundz­imt.de
FOTO: RAINER HARTZ Tänzer und Choreograf Ali Salmi erprobt mit Musikern die Möglichkei­ten der künstleris­chen Innenarchi­tektur von Otto Herbert Hajek. Kultur- und Lesetreff Knappenrot­h, 66113 Malstatt, (0681) 72 576, E-Mail: knappenrot­h-pavillon@quarternet.de. unter (0681) 98 50 247 oder per E-Mail: info@cafe-zuckerundz­imt.de

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