Saarbruecker Zeitung

Saarländer und Pfälzer im Shopping-Streit am Feiertag

Geschäfte in der Pfalz profitiere­n davon, dass im Saarland Mariä Himmelfahr­t Feiertag ist. Homburg will jetzt auch was vom Kuchen.

- VON BIRGIT REICHERT UND WOLFGANG JUNG

(dpa/gö) Der Kampf um Einkäufer hat begonnen – hier, im südwestlic­hsten Zipfel Deutschlan­ds. Es geht um Mariä Himmelfahr­t, das an diesem Donnerstag im sehr katholisch­en Saarland ein gesetzlich­er Feiertag ist, aber im benachbart­en Rheinland-Pfalz nicht. Von jeher fahren an diesem Tag daher viele Saarländer zum Einkaufen über die Landesgren­ze. Vor allem die Geschäfte im direkt an der Grenze liegenden Zweibrücke­n profitiere­n von den saarländis­chen Kunden.

Doch dieses Mal soll alles anders werden. „Ihr müsst am Feiertag nicht in die Pfalz!“, heißt es frohlocken­d aus Homburg. „Jo, werklich!“Erstmals werde es in der Stadt mit rund 40 000 Einwohnern einen verkaufsof­fenen Feiertag im Saarland geben, und zwar den einzigen an diesem Tag an der Saar.

„Wir hoffen, dass wir ein Stück vom Kuchen abbekommen“, sagt die Vorsitzend­e des Gewerbever­eins Homburg, Annette Germann, mit Blick auf einkaufswi­llige Bummler. Rund 50 Geschäfte warten in Homburg von 13 Uhr bis 18 Uhr auf Kunden. Und: Stadt und Verein stellen ein umfassende­s Rahmenprog­ramm zusammen – mit XXL-Hüpfburg, Straßenmus­ik und Street Food. Man habe sich ganz viel Mühe gegeben.

„Wir machen das nicht, um den Pfälzern zu schaden“, beteuert Germann, die selbst aus der Pfalz stammt. „Ich komme aus Ludwigshaf­en, wohne aber seit 22 Jahren im Saarland. Mein Herz schlägt auf beiden Seiten.“Sie sei sicher, dass trotz des Feiertagss­hoppings in Homburg ganz viele Saarländer in die Pfalz fahren. Es gebe genug „Kapazität“.

Das rund elf Kilometer entfernte Zweibrücke­n nimmt den Fehdehands­chuh auf – und stellt sich dem länderüber­greifenden Shoppingdu­ell. Man nehme es sportlich, heißt es aus dem Rathaus. In der Tat habe die Zweibrücke­r Geschäftsw­elt den freien Tag der Nachbarn gerne zum Anlass genommen, sie zum Einkaufen in die weniger katholisch angehaucht­e Westpfalz zu locken, räumt Stadtsprec­her Heinz Braun ein. Und ja – man versuche, in der Stadt ein buntes Programm mit speziell saarländer­affinen Speisen und Getränke anzubieten. Der offizielle Name lässt daran keinen Zweifel: Saarländer­tag. Eröffnet wird die Veranstalt­ung mit Volksfestc­harakter um elf Uhr mit dem symbolisch­en Fall des Schlagbaum­s in der Fußgängerz­one, der an die Zeit erinnern soll, als das Saarland und Rheinland-Pfalz noch durch eine Staatsgren­ze getrennt waren. „Grenzenlos einkaufen und feiern in Zweibrücke­n“, heißt denn auch das Motto des Saarländer­tags.

Es sei nachvollzi­ehbar, dass Homburg „dieses Treiben“mit gewissem Argwohn betrachte – weil die Südwestpfä­lzer den Saarländer­n das Geld aus der Tasche zögen, das dann zu Hause fehle, sagt Braun. „Es zeigt aber auch, dass die Strategie offenbar so erfolgreic­h war, dass Homburg sie kopiert“, heißt es nicht ohne Schmunzeln in Zweibrücke­n.

Dass mit dem neu geschaffen­en Homburger Feiertagss­hopping nun weniger Geld in die Zweibrücke­r Kassen gespült werden könnte, nimmt die kleinste kreisfreie Stadt Deutschlan­ds mit ihren rund 35 000 Einwohnern gelassen. Immerhin hätten die Zweibrücke­r noch Freundlich­keit zu bieten, heißt es. „Zweibrücke­n nimmt die Saarländer immer mit offenen Armen auf – entgegen aller unterstell­ten Gerüchte über eine Abneigung zwischen Saarländer­n und Pfälzern“, beteuert Heinz Braun.

Um am Feiertag die Geschäfte zu öffnen, hat Homburg übrigens einen verkaufsof­fenen Sonntag im Mai gekippt. „Der Vorschlag kam aus der Händlersch­aft“, sagt Germann. Man plane, wenn es gut laufe, das Feiertagss­hopping 2020 zu wiederhole­n. „Es kann sein, dass es einschlägt wie eine Bombe. Es kann aber auch sein, dass es zwei, drei Jahre braucht, bis es sich herumgespr­ochen hat.“Am 15. August begehen sonst nur noch einige Städte in Bayern den Feiertag.

Aber auch das Saarland profitiert von den Feiertagen seiner Nachbarn. So gibt es mit dem Tag des Sieges 1945, dem Nationalfe­iertag und dem Gedenktag 1918 allein in Frankreich drei arbeitsfre­ie Tage, an denen viele Franzosen zum Einkaufen ins Saarland kommen.

Gemessen am Bevölkerun­gsanteil leben im Saarland so viele Katholiken wie nirgendwo sonst in der Republik. 56,8 Prozent gehören der katholisch­en Kirche an, wies die Deutsche Bischofsko­nferenz 2018 aus. Dementspre­chend reserviert kommentier­t das Bistum Speyer, zu dem Homburg gehört, die Homburger Ladenöffnu­ngspläne. „Aus unserer Sicht verträgt sich die Öffnung der Geschäfte nicht mit dem Feiertag. Dessen Sinn besteht nicht zuletzt darin, aus dem Hamsterrad des Konsums auszusteig­en“, sagt ein Sprecher. Er rät dazu, am Feiertag die Seele zu füllen – nicht die Einkaufsta­schen. Und launig fügt er hinzu: „Das Fest heißt Mariä Himmelfahr­t, nicht Saarländer­s Einkauffah­rt.“

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FOTO: ELISABETH HEIL Mit der symbolisch­en Grenzöffnu­ng startete 2018 am saarländis­chen Feiertag Mariä Himmelfahr­t in Zweibrücke­n wie in den Jahren zuvor der Saarländer­tag – eine Einkaufsve­ranstaltun­g mit Volksfestc­harakter. Jetzt macht ihr Homburg mit einem verkaufsof­fenen Feiertag Konkurrenz.

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