Saarbruecker Zeitung

Vorerst kein Misstrauen­svotum in Italien

Vizepremie­r Matteo Salvini hält die Spannung aufrecht. Statt auf den ersehnten Abgang des Ministerpr­äsidenten zu warten, prescht er mit Drohungen vor.

- VON LENA KLIMKEIT

(dpa) In der Regierungs­krise in Italien muss der Innenminis­ter und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, einen Rückschlag hinnehmen: Ministerpr­äsident Giuseppe Conte wird sich nicht, wie von ihm verlangt, in dieser Woche im Senat einem Misstrauen­svotum stellen. Stattdesse­n wurde im Senat am Dienstagab­end festgelegt, dass Conte am kommenden Dienstag, 20. August, um 15 Uhr über die Regierungs­krise Bericht erstatten muss. Anschließe­nd könne alles passieren, sagte eine Sprecherin des Senats auf Anfrage. Eigentlich war erwartet worden, dass es dann ein Misstrauen­svotum – wie es von der Lega eingereich­t worden war – gegen den Ministerpr­äsidenten gibt. Dies geht aus der Agenda des Senats aber nicht hervor.

Die rechte Lega hatte vergangene Woche einen Misstrauen­santrag angekündig­t, nachdem Salvini das Regierungs­bündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung in die Krise gestürzt hatte. Salvini fordert rasch eine Neuwahl, von der vor allem er profitiere­n würde. Über die kann Staatspräs­ident Sergio Mattarella aber erst entscheide­n, wenn der Regierungs­chef seinen Rücktritt eingereich­t hat. Das ist bislang nicht geschehen.

Deshalb ist auch der Termin des Misstrauen­svotums entscheide­nd für den weiteren Zeitplan auf dem Weg zu einer möglichen Neuwahl. Je später es stattfinde­t, desto später würde der Premier (sofern der Senat ihm das Vertrauen entzieht) seinen Rücktritt bei Staatspräs­ident Sergio Mattarella einreichen. Dieser muss dann die weiteren Schritte festlegen. Zunächst dürfte sondiert werden, ob es eine alternativ­e Mehrheit im Parlament gibt. Ist das nicht der Fall, löst Mattarella die beiden Parlaments­kammern – den Senat und das Abgeordnet­enhaus auf. 60 Tage später könnte eine Neuwahl angesetzt werden. So viel Zeit braucht es mindestens, um die Wahl zu organisier­en.

Salvini muss sich also in Geduld üben – doch der Lega-Chef lässt jeden Tag aufs Neue wissen, dass er keine Zeit verlieren will. Er demonstrie­rt Tatendrang: Unlängst erklärte er, dass die Lega schon einen Haushalt für das kommende Jahr entworfen habe. Außerdem belebt er seine Wahlkampf-Allianz von vergangene­m Jahr wieder: Medienberi­chten zufolge war für Dienstag ein Treffen mit Ex-Ministerpr­äsident Silvio Berlusconi und der Chefin der rechtsnati­onalen Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens), Giorgia Meloni, geplant. Nach derzeitige­n Umfrageerg­ebnissen hätte Salvini bei einer Wahl mit diesem Bündnis die Mehrheit im Parlament

Salvini wittert Widerstand gegen seinen Plan einer raschen Neuwahl.

sicher.

Seit Monaten verzeichne­t Salvinis Lega ein Umfragehoc­h. Ein Votum der Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein von der Lega unterstütz­tes Bahnprojek­t nahm der Parteichef am vergangene­n Donnerstag zum Anlass, die Koalition aufzukündi­gen.

Doch Salvini wittert Widerstand gegen seinen Plan einer raschen Neuwahl und befeuert die Spekulatio­nen über eine mögliche Absprache zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und den verhassten Sozialdemo­kraten der PD. Einigkeit hatten diese – gemeinsam mit den linksgeric­hteten Liberi e Uguali – bereits am Montag bei der Sitzung der Fraktionsv­orsitzende­n im Senat gezeigt und sich dafür ausgesproc­hen, dass in der kommenden Woche das Misstrauen­svotum stattfinde­t.

Vor allem Ex-Ministerpr­äsident Matteo Renzi dringt auf eine Anti-Salvini-Allianz. Er spricht sich für eine Übergangsr­egierung aus, die den Haushalt verabschie­det und dann zur Wahl führt. Doch der Chef der Sozialdemo­kraten, Nicola Zingaretti, warnte, dass dies den Rechten weiter in die Hände spielen könnte.

PD-Senatorin Laura Garavini kritisiert­e im Bayerische­n Rundfunk Salvinis Verhalten in der Regierungs­krise. „Es geht nicht, dass er verlangt (...), dass das Parlament das tut, was er will“, sagte Garavini. Die Institutio­nen hätten ihren Wert. „Salvini kann so sagen und tun, was er will, aber er schafft es nicht, das zu kriegen, was er möchte.“

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FOTO: FABIO CIMAGLIA/LAPRESSE VIA ZUMA PRESS/DPA Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini (M.), Chef der rechten Lega, dringt in der Hoffnung auf baldige Neuwahlen auf den Rücktritt von Regierungs­chef Giuseppe Conte.

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