Saarland bei Bildungsstudie auf Spitzenplatz
Im bundesweiten Vergleich hat das Land laut Bildungsmonitor die größten Fortschritte gemacht – und liegt jetzt auf Rang vier.
(dpa) Das Saarland hat im Bildungsvergleich der Bundesländer in den vergangenen sechs Jahren nach einer neuen Studie den größten Sprung nach vorne gemacht. Es steigerte sich von damals Platz 15 (Monitor 2013) auf jetzt Platz vier, geht aus dem Bildungsmonitor 2019 der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hervor. Die Studie hob besonders hervor: Nur wenige Schüler wiederholten hier eine Klasse, die Bildungsausgaben je Grundschüler seien hoch und die Grundschulen wiesen eine gute Schüler-Lehrer-Relation auf. Außerdem gebe es im Saarland eine hohe Habilitationsund Promotionsquote – und der Einfluss der sozialen Herkunft der Schüler auf ihre Bildung sei gering.
Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) freute sich über das „Spitzenergebnis“. Das Saarland sei „der große Bildungsgewinner“. Bei der Punktevergabe habe das Saarland 16,2 Pluspunkte im Vergleich zu 2013 erreicht und somit als einziges Land ein zweistelliges Plus erzielt.
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte, das Ergebnis zeige, dass man trotz schwieriger Haushaltskonsolidierungen die richtigen Prioritäten im Bildungsbereich gesetzt habe. „Wir dürfen uns darauf aber nicht ausruhen. Deswegen investieren wir weiter in unsere Bildung und werden trotz sinkender Schülerzahlen keine weiteren Lehrerstellen abbauen.“
Besser werden könnte das Saarland aber bei der beruflichen Bildung, hieß es in den Ergebnissen zum Bildungsvergleich der Länder. So gebe es nur wenig hochqualifiziertes Personal in Kitas, an beruflichen Schulen würden wenige Schüler in Fremdsprachen unterrichtet und Fortbildungsquoten bei jungen Erwachsenen seien eher gering. Zudem sieht der Monitor Nachholbedarf bei der Digitalisierung im Bereich der Schulen allgemein.
Commerçon bestätigte, dass das Saarland bei der Digitalisierung „Aufholbedarf“habe. Trotz des Digitalpaktes, der rund 60 Millionen Euro aus dem Bund ins Land bringe, habe es das Saarland noch nicht geschafft, die Personalisierung so voranzutreiben, dass die Schulen für das Thema gut ausgestattet seien. „Das müssen wir ändern.“
Im Saarland kommen rechnerisch 13,3 Schüler auf einen Lehrer – dies sei der zweitbeste Wert aller Bundesländer. Auch in Kindergärten, der Sekundarstufe 1 (Klasse 5 bis 10) und an Teilzeit-Berufsschulen seien die Betreuungsrelationen besser als im Bundesschnitt. Die Bildungsausgaben je Grundschüler lagen mit 6600 Euro leicht über dem deutschlandweiten Schnitt von 6200 Euro. Und bei der Forschung: Bei vier abgeschlossenen Habilitationsverfahren pro 100 Professoren erreicht das Saarland den zweithöchsten Wert.
Im Bildungsvergleich der Länder 2019 liegt Sachsen auf Platz eins, gefolgt von Bayern (Platz zwei) und Thüringen (Platz drei).
Der jährliche Bildungsmonitor der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“(INSM) ist schon deshalb interessant, weil nirgendwo sonst so kompakt zu erfahren ist, was am Bildungssystem besser oder schlechter geworden ist. Und wo. Die Daten ermöglichen einen echten Leistungsvergleich zwischen den Bundesländern in Sachen Bildungspolitik, die bekanntlich allein in ihrer Hoheit liegt. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum „Bildungsmonitor 2019“, der unter www.insm-bildungsmonitor. de heruntergeladen werden kann.
Wie hat sich das Ranking der Bundesländer verändert?
Sachsen (68,0 Punkte) führt die Statistik nun schon 13 Jahre lang an. Es liegt in fast allen Bereichen über dem Bundesdurchschnitt, am deutlichsten beim Ganztagsschulangebot, bei den Leistungen der Schüler und bei der geringen Schulabbrecherquote. Bayern (61,2 Punkte) holt stark auf, vor allem durch sein gutes Angebot bei der beruflichen Bildung. Auf Platz drei folgt Thüringen (56,9 Punkte). Vor sechs Jahren lag hier noch Baden-Württemberg, das jetzt mit 53,8 Punkten auf Platz sechs abgerutscht ist. Platz vier belegt aktuell das Saarland, das mit plus 16,2 Punkten der Shooting-Star in der Langzeitbetrachtung ist. Seine Gesamtpunktzahl ist mit 56,0 jetzt fast so hoch wie die Bayerns vor sechs Jahren. Schlusslichter des Rankings sind wie schon sehr lange Bremen (Platz 14, 44,0 Punkte), Brandenburg (Platz 15, 43,7 Punkte) und Berlin (Platz 16, 43,0 Punkte).
Wie wird die Rangliste erstellt?
Für den Bildungsmonitor werden zahlreiche Statistiken auswertet. Allein der Literaturanhang ist 61 Seiten lang. Daten zu 96 Merkmalen werden in zwölf Kategorien analysiert. Daraus wird dann eine Punktzahl ermittelt. In die Kategorie „Internationalisierung“fließen zum Beispiel der Umfang des Fremdsprachenunterrichts an Grundschulen, der Anteil ausländischer Studierender oder die Ergebnisse von Vergleichstests in Englisch ein. Generell, das gibt der Auftraggeber INSM ebenso zu wie das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln, das die Studie erstellt hat, wird der Bildungssektor eher unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt unter die Lupe genommen, also nach Ertrag und Leistungen.
Welche Langfristtrends stellt der Bildungsmonitor fest?
Deutlich sichtbar ist, dass die Bildungsausgaben gestiegen sind, von 15,8 Prozent der staatlichen Gesamtausgaben im Jahr 2000 auf heute 20,3 Prozent. Kamen damals noch rund 20 Grundschüler auf einen Lehrer, so sind es heute rund 15. Der Anteil der Ganztagsschüler ist von fünf auf über 40 Prozent gestiegen, ähnlich stark der der ganztags betreuten Kita-Kinder. Und während 2002 nur einer von vier Grundschülern Unterricht in einer Fremdsprache hatte, sind es jetzt zwei Drittel. Bei Pisa-Vergleichen liegt Deutschland jetzt über dem OECD-Durchschnitt und nicht mehr darunter. Sorgen bereitet jedoch die Altersstruktur des Lehrkörpers. 27 Prozent sind über 55 Jahre alt. Die Zahl der Schüler, die keinen Abschluss erreichen, steigt wieder. Bei den ausländischen Schulabgängern war die Quote von 20 Prozent im Jahr 2000 zunächst auf zehn Prozent im Jahr 2013 gesunken. Jetzt beträgt sie wieder 18,1 Prozent. Dies führen die Autoren vor allem auf die Flüchtlinge seit 2015 zurück. Dass es in Hamburg nur 12,4 Prozent ausländische Schulabbrecher gibt, zeigt freilich, wie groß die Effekte unterschiedlicher Bildungspolitik sein können. Bundesweit schaffen auch sechs Prozent der deutschen Schüler keinen Abschluss.
Welche Schlussfolgerungen ziehen die Autoren?
Sorgen macht ihnen, dass die Punktezahlen aller Länder anders als früher jetzt kaum noch zunehmen. Einige verzeichnen sogar Rückschritte. Das bedeutet, dass es derzeit in der Bildung nicht mehr richtig vorangeht. „Das Geld muss effektiver eingesetzt werden“, verlangte INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr und forderte mehr Vergleichstest und mehr Handlungsfreiheit für die Schulen. Außerdem sollten die Mittel nach einem Sozialindex verteilt werden, Brennpunktschulen also mehr erhalten.