Saarbruecker Zeitung

Warum die ehemalige britische Kolonie nicht zur Ruhe kommt

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(dpa) Die Lage in Hongkong spitzt sich immer weiter zu. Aktivisten legen den Flughafen lahm, Chinas Regierung lässt gepanzerte Fahrzeuge an der Grenze auffahren. Wie konnte es so weit kommen? Antworten auf die wichtigste­n Fragen zum Konflikt. Demonstran­ten hatten in den letzten Tagen schon mehrfach friedlich am Flughafen der Stadt protestier­t. Die Lage eskalierte am Montag und Dienstag, da viel mehr Demonstran­ten als sonst kamen und gezielt Passagiere­n den Weg versperrte­n. So sollte ein Zeichen gegen ausufernde Polizeigew­alt gesetzt werden. Am Wochenende war eine Demonstran­tin auf der Straße von einem Gummigesch­oss am Auge getroffen und schwer verletzt worden. Seitdem sind Augenbinde­n zu einem Symbol der Proteste geworden. Die Massenprot­este begannen am 9. Juni aus Empörung über ein Gesetz, das Auslieferu­ngen an China ermöglicht hätte. Hongkongs Regierungs­chefin Carrie Lam hatte das Gesetz nach einer ersten Protestwel­le zwar für „tot“erklärt. Regierungs­gegner wollen aber einen ganz formellen Beschluss. Doch selbst damit würde wohl keine Ruhe mehr einkehren. Die Demonstrat­ionen haben sich zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und das harte Vorgehen der Polizei bei den Protesten der vergangene­n Wochen entwickelt. Viele Menschen befürchten einen zunehmende­n Einfluss Pekings. Die Bewegung in diesem Sommer ist eine Fortsetzun­g der großen Proteste im Jahr 2014. Damals zogen Tausende Hongkonger für mehr Demokratie auf die Straßen. Die „Regenschir­m-Revolte“, wie die Bewegung wegen der Regenschir­me genannt wurde, mit denen sich Demonstran­ten gegen Sonne und Regen sowie gegen das Pfefferspr­ay der Polizei schützten, legte wochenlang Teile der Metropole lahm. Hongkong gehört erst seit 1997 wieder zu China. Davor war es eine Kolonie Großbritan­niens. Bei der Rückgabe wurde ein Vertrag unterzeich­net, der den Hongkonger­n für 50 Jahre, also bis 2047, weitreiche­ndere Rechte als Chinesen auf dem kommunisti­schen Festland zusicherte. Anders als sonst in China sind die Medien in Hongkong frei und nicht zensiert. Als die friedliche­n Massenprot­este vor zwei Monaten starteten, wurden sie in den streng zensierten chinesisch­en Medien zunächst mit keinem Wort erwähnt. Erst als es immer wieder zu Ausschreit­ungen kam, wurde über die Proteste berichtet. Von Unruhestif­tern, die Hongkong ins Chaos stürzen, war zunächst die Rede. Mittlerwei­le ist Peking dazu übergegang­en, gewaltbere­ite Demonstran­ten mit Terroriste­n zu vergleiche­n. Peking hat bisher zwar stets betont, dass die Regierung der Sonderverw­altungszon­e und die Polizei Hongkongs in der Lage seien, die Ordnung wieder herzustell­en. Allerdings wird das Säbelrasse­ln immer bedrohlich­er. Seit Tagen berichten Staatsmedi­en ausführlic­h über Übungen von Einheiten der paramilitä­rischen Polizei an der Grenze zu Hongkong.

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