Saarbruecker Zeitung

Warum Donald Trump Deutschlan­d meidet

Der US-Präsident reist nach Europa – allerdings erneut nicht nach Deutschlan­d. Das ist bezeichnen­d für die Beziehunge­n zwischen beiden Ländern.

- VON CAN MEREY UND MICHAEL FISCHER

(dpa) In der kommenden Woche wird die Air Force One für ihren nächsten Transatlan­tikflug bereitgema­cht, US-Präsident Donald Trump begibt sich auf seine 15. Auslandsre­ise. Erst fliegt er zum G7-Gipfel im französisc­hen Biarritz, schon wenige Tage später steht ein Besuch des Präsidente­n in Polen und Dänemark an. Einen Bogen macht Trump wieder einmal um Deutschlan­d, traditione­ll einer der engsten Verbündete­n der USA. Seit mehr als zweieinhal­b Jahren ist Trump nun im Amt, und weder hat es bislang einen bilaterale­n Deutschlan­d-Besuch gegeben, noch ist ein solcher geplant. Das sagt viel über das Verhältnis zwischen Berlin und Washington aus.

Bislang war Trump lediglich beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg, damals kam er von seinem ersten Polen-Besuch. Auf der Rückreise vom Irak im Dezember legte Trump außerdem einen kurzen Zwischenst­opp auf der US-Basis Ramstein in Rheinland-Pfalz ein, um Soldaten zu treffen. Bilaterale Besuche – also Visiten, die nicht mit einem Gipfeltref­fen verknüpft sind – in anderen europäisch­en Ländern gab es dagegen schon einige: Der US-Präsident war neben Polen bereits jeweils zwei Mal in Frankreich und Großbritan­nien, den beiden mächtigste­n europäisch­en Staaten neben Deutschlan­d. Auch Italien hat er bereits besucht. Damit war er schon in allen G7-Staaten – außer Deutschlan­d.

Gemessen an Trumps Vorgängern ist sein Fernbleibe­n ungewöhnli­ch. Barack Obama reiste keine fünf Monate nach seiner Amtseinfüh­rung nach Dresden, um dort im Juni 2009 Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) zu treffen. George W. Bush war etwas mehr als 16 Monate im Amt, als er im Mai 2001 in Berlin mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD) zusammenka­m und vor dem Bundestag sprach. Knapp 18 Monate dauerte es, bis Bill Clinton im Juli 1994 mit Kanzler Helmut Kohl in Bonn zusammenka­m und in Berlin eine Ansprache am Brandenbur­ger Tor hielt. Trump sitzt inzwischen seit fast 31 Monaten im Weißen Haus.

Viel Erfreulich­es gäbe es bei einem Empfang Trumps durch Merkel in der Bundesrepu­blik derzeit allerdings auch nicht zu bereden. Kein Verbündete­r steht stärker im Zentrum von Trumps Kritik als Deutschlan­d. Trump ist ein erbitterte­r Gegner der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die Gas von Russland nach Deutschlan­d bringen soll. Er wirft Deutschlan­d vor, Russland Abermillia­rden Euro für Gaslieferu­ngen zu bezahlen und sich zugleich auf den Schutz der USA zu verlassen.

Immer wieder kritisiert der US-Präsident die aus seiner Sicht zu geringen Verteidigu­ngsausgabe­n Deutschlan­ds. Unverhohle­n drohen die USA mit einem Teilabzug ihrer Truppen aus Deutschlan­d. „Es ist wirklich beleidigen­d zu erwarten, dass der US-Steuerzahl­er weiter mehr als 50 000 Amerikaner in Deutschlan­d bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsübe­rschuss für heimische Zwecke verwenden“, sagte US-Botschafte­r Richard Grenell kürzlich.

Umgekehrt hat die Bundesregi­erung der US-Militärmis­sion zum Schutz von Handelssch­iffen im Persischen Golf eine schroffe Absage erteilt – als erster und in dieser Klarheit bisher einziger Nato-Partner. Inwieweit sich Deutschlan­d künftig noch an der ebenfalls von den USA geführten Allianz gegen die Terrororga­nisation Islamische­r Staat beteiligen wird, ist noch unklar.

Auch beim Klimaschut­z und beim Atomabkomm­en mit dem Iran liegen Berlin und Washington über Kreuz. Weiterhin im Raum steht zudem Trumps Drohung, Autoimport­e aus der EU in die USA mit Strafzölle­n zu belegen, was besonders Deutschlan­d treffen würde. Unter dem Strich ist die Liste der deutsch-amerikanis­chen Differenze­n so lang wie wohl noch nie in der Nachkriegs­zeit.

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kritisiert Deutschlan­d immer wieder
scharf.
FOTO: EVAN VUCCI/DPA US-Präsident Donald Trump kritisiert Deutschlan­d immer wieder scharf.

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