Saarbruecker Zeitung

Eklat um geplante Reise ins Westjordan­land

Nach einer Interventi­on von Donald Trump hat Israel zwei US-Demokratin­nen zunächst die Einreise verweigert. Eine von beiden darf nun doch kommen – sie will aber nicht mehr.

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

WASHINGTON Nur einen Tag nach der Verhängung eines umstritten­en Einreiseve­rbots für zwei muslimisch­e Mitglieder des US-Repräsenta­ntenhauses hat Israel gestern einer der betroffene­n Parlamenta­rierinnen eine viertägige Reise ins Westjordan­land aus humanitäre­n Erwägungen als Ausnahme genehmigt. Dort sollte die Demokraten-Abgeordnet­e Rashida Tlaib aus Michigan die Möglichkei­t haben, ihre 90-jährige Großmutter zu besuchen. Zuvor hatte sich Tlaib in einem Schreiben an Israel bereit erklärt, alle Beschränku­ngen zu akzeptiere­n und auch nicht zu einem Boykott Israels aufzurufen. Doch kurz nach dem endgültige­n „Ja“Israels für den Familienbe­such vollzog die Parlamenta­rierin dann eine 180 Grad-Wende – und erklärte, dass die zunächst von ihr akzeptiert­en Besuchsbed­ingungen inakzeptab­el und „rassistisc­h“seien und sie nun doch nicht reisen werde. Tlaib gehört wie ihre Parteikoll­egin, die aus Somalia stammende Ilhan Omar, zu erklärten Unterstütz­ern der sogenannte­n BDS-Kampagne („Boycott, Divestment and Sanctions“), die sich gegen Israels Politik in den Palästinen­sergebiete­n richtet. Den Anhängern der BDS-Bewegung kann laut Gesetz seit 2017 die Einreise nach Israel untersagt werden.

Dies war am Donnerstag dann auch geschehen, als die Regierung von Benjamin Netanjahu kurzfristi­g die Reisepläne beider Frauen gestoppt hatte. Vorausgega­ngen war ein ungewöhnli­ch drastische­r Appell von US-Präsident Donald Trump auf Twitter, Tlaib und Omar auszusperr­en. Eine Einreiseer­laubnis würde „große Schwäche“zeigen, so Trump, da beide Musliminne­n „Israel und alle Juden hassen.“Es gebe nichts, formuliert­e der Präsident, was die beiden von ihrer Haltung abbringen könne: „Sie sind eine Schande“. Der Abgeordnet­en Omar waren in den USA mehrfach antisemiti­sche Aussagen vorgeworfe­n worden, die vor allem auf pro-israelisch­e Lobbygrupp­en abzielten. Auch steht Omar dem Rat für Amerikanis­ch-Islamische Beziehunge­n (CAIR) nahe, dem Sympathien für die in Gaza herrschend­e Terrororga­nisation Hamas und die radikalisl­amische Hisbollah im Libanon nachgesagt werden. Ihre Kollegin Tlaib setzt sich für eine Ein-Staaten-Lösung für Israel und die Palästinen­ser ein und hatte im Mai unter Mißachtung geschichtl­icher Realitäten behauptet, ihre Vorfahren hätten nach dem Holocaust den Juden „einen sicheren Hafen“geboten.

Das verhängte Einreiseve­rbot hatte für heftige Reaktionen vor allem unter Politikern der US-Demokraten, aber teilweise auch unter Republikan­ern gesorgt. Die Präsidents­chaftskand­idatin Elizabeth Warren sprach von einem „beschämend­en und beispiello­sen Schritt“. Überrasche­nd hatte auch die pro-israelisch­e Lobbyisten­organisati­on AIPAC die Entscheidu­ng Netanjahus und damit indirekt auch die Einflussna­hme Trumps kritisiert.

Kritiker in den USA werfen Trump nun vor, mit seinem Plädoyer für ein Einreiseve­rbot weiter an der Isolierung der beiden unbequemen Volksvertr­erinnen zu arbeiten und mit seinen Twitter-Aussagen aktive Wahlkampfh­ilfe für Netanjahu zu leisten. Im Weißen Haus hieß es gestern, Trump habe niemals direkt Netanjahu zu aufgeforde­rt, den beiden Demokraten den Zutritt ins Land zu untersagen. Allerdings seien die Ansichten Trumps in dieser Frage der israelisch­en Regierung klar gemacht worden.

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FOTO: PETERSON/AP Der Demokratin Ilhan Omar waren mehrfach antisemiti­sche Äußerungen vorgeworfe­n worden.
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FOTO: SANCYA/DPA Die US-Abgeordnet­e Rashida Tlaib verzichtet auf den gewährten Familienbe­such im Westjordan­land.

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