Trumps Nebelkerzen gegen die Konjunkturwolken
Was US-Präsident Donald Trump kürzlich dem Volk verkündete, klang schon nach Erpressung. Wenn man ihn nicht wiederwähle, so Trump, würde die Wirtschaft „in den Keller fallen“. Alle US-Bürger müssten dann auch um ihre Altersversorgung und Ersparnisse bangen. Und: Selbst wer ihn hasse, werde deshalb im November 2020 für ihn stimmen.
Ob dieses kühne Kalkül des Präsidenten, das auch wie ein Pfeifen im dunklen Wald klingt, aufgehen wird? Im Prinzip hat Trump recht: Für die meisten Wähler entscheidet neben der Parteizugehörigkeit der Kandidaten – viele Demokraten werden in ihrem Leben nie einen Republikaner wählen – vor allem die Konjunktur, wenn der Stimmzettel ausgefüllt wird. „It’s the economy, stupid!“, formulierte einst schon Ex-Präsident Bill Clinton – was sich so übersetzen lässt: Es kommt vor allem auf die Wirtschaft an, Ihr Dummerchen! Clinton sicherte sich auch aufgrund der guten Ökonomie des Landes trotz verlorener Zwischenwahlen eine zweite Amtszeit.
Nun läuft Trump Gefahr, sein bestes Argument für eine Wiederwahl zu verlieren. Zwar gleicht die niedrige Arbeitslosenquote in den USA von derzeit 3,7 Prozent fast schon einer Vollbeschäftigung. Niedriger war sie in den letzten 50 Jahren nicht.
Doch die ersten Experten reden schon vom Rezessions-Gespenst, das seine Fühler ausstrecke. Der von Trump vom Zaun gebrochene Handelsstreit mit China sieht auch Amerikas Farmer und viele Importeure als Opfer. Und am Anleihemarkt weist die ungewöhnliche Zinskurve ebenfalls auf einen Konjunktureinbruch hin. Gleichzeitig schwächelt die bisher so zuverlässig im Aufwärtstrend liegende Aktien-Börse
an der Wall Street.
Bis auf den Handelskonflikt mit China liegen die Faktoren, die eine Rezession begünstigen können, weitgehend außerhalb der Kontrolle des Weißen Hauses. Schon hat Trump deshalb mit der Sündenbock-Suche begonnen – wie mit der Attacke gegen die US-Notenbank und die angeblich falsche Zinspolitik der Währungshüter. Und auch in Sachen Ablenkung zeigt sich der Präsident dreist, wie die Farce um den Grönland-Kaufversuch und den jetzt aus Rache abgesagten Dänemark-Staatsbesuch zeigt. Denn niemand konnte doch allen Ernstes erwarten, dass Kopenhagen die Region an den reichen Onkel aus Übersee einfach so verscherbeln würde. Was am Ende bleibt, ist ein Affront besonderer Qualität für einen Nato-Partner wie Dänemark
Gleichzeitig zünden Trumps Berater schon andere Nebelkerzen: Nur China, aber nicht die Vereinigten Staaten würden die Folgen des Handelskonflikts spüren. Das ist natürlich blanker Unsinn. Und der Präsident fabuliert, man habe „die stärkste Wirtschaft der Welt“und „reiche Konsumenten“. Die kommenden Monate werden zeigen, ob diese Schönrednerei einen Effekt hat. Schlittern die USA tatsächlich in Richtung Rezession, kann aller Voraussicht nach nur ein Faktor den Präsidenten vor einer Wahl-Niederlage bewahren: Ein schwacher Spitzenkandidat der Demokraten.