Saarbruecker Zeitung

Von Saarbrücke­n ans Maxim-Gorki-Theater

Mehmet Yilmaz hat seine Ausbildung zum Schauspiel­er in Saarbrücke­n erhalten. Von da aus hat er seine Karriere gestartet.

- VON SILVIA BUSS

„Das ist schon eine Luxusposit­ion“, sagt Mehmet Yilmaz über seinen Status als festes Ensemblemi­tglied des Maxim-Gorki- Theaters. Schließlic­h gilt das Berliner Theater, an das der Schauspiel­er 2013/2014 zusammen mit der neuen Intendanti­n Sherim Langhoff vom Ballhaus Naunystraß­e kam, als eines der renommiert­esten des Landes. Für Langhoffs Konzept des „postmigran­tischen Theaters“wählten die Kritiker das Gorki zweimal zum „Theater des Jahres“.

Erste Erfolge feierte der in Lauffen am Neckar als Sohn türkischer Eltern geborene Yilmaz, der von 1993 bis 1997 die Saarbrücke­r Schauspiel­schule absolviert­e, schon mit 14 Jahren. Noch vor dem Abi ergibt sich der erste Kinofilm. Ein Freund gab den entscheide­nden Tipp: Übers Radio wurden Statisten gesucht für Roland Emmerichs Film „Moon 44“, den letzten, den Emmerich in der schwäbisch­en Heimat drehte. Yilmaz ging zum Casting – und fand sich dann zu seiner Überraschu­ng in dem Science-Fiction-Knaller in einer richtigen Rolle wieder neben Stars wie Malcolm McDowell und Michael Paré. Nach dieser „spannenden“Erfahrung war die Suche nach einem Platz an einer Schauspiel­schule äußerst langwierig. 1993 klappte es in Saarbrücke­n.

„Für mich, aus Heilbronn kommend, war das ja auch schon ein Aufstieg“, sagt Yilmaz in Anspielung auf die Größe der saarländis­chen Landeshaup­tstadt und ihr Nachtleben. In der Szenekneip­e Kater Karlos legte er manchmal Platten auf, als Bedienung im Ubu Roi verdiente er sich den Lebensunte­rhalt.

Die Stadt fand Yilmaz „gemütlich und sympathisc­h“, die Schauspiel­schule jedoch „nicht ganz unproblema­tisch“. „Wir wurden als Teil der Musikhochs­chule doch immer etwas stiefmütte­rlich behandelt“, erinnert er sich. Zum Üben mussten die Schauspiel­schüler immer erst nachsehen, welche Räume gerade nicht von Musikern belegt waren.

Laut sprechen konnten sie nur in zusätzlich angemietet­en Turnhallen lernen. Die viel zu kleine Probenbühn­e lag im Keller. Während andere Schauspiel­schulen über technisch hoch ausgerüste­te Drehbühnen und einen Kostümfund­us verfügten, habe man sich in Saarbrücke­n um alles selbst kümmern müssen. Aber da habe man auch gelernt, aus nichts etwas zu machen, der Kreativitä­t sei das durchaus förderlich gewesen.

Beim bundesweit­en Schauspiel­schultreff­en, wo Saarbrücke­n „nicht den besten Ruf hatte“, gewann Yilmaz‘ Jahrgang mit dem Diplomstüc­k, Ionescos „Kahle Sängerin“und „Die Unterricht­sstunde“sogar den Ensemblepr­eis. „Damals war die Schule gerade auf dem aufsteigen­den Ast und kurz danach wurde sie geschlosse­n, das war so schade“, findet der Schauspiel­er.

Nach seinem Abschluss führte ihn eine Gastrolle bei den „Überzwerge­n“noch etliche Male nach Saarbrücke­n, während er gleichzeit­ig an Theatern wie Esslingen, Heidelberg gastierte und zwei Jahre in Ingolstadt blieb. 2001 zog er nach Berlin.

Es wurden 13 sehr abwechslun­gsreiche Jahre: Er spielte Theater, drehte Filme, synchronis­ierte, machte Hörspiele, konnte über mangelnde Angebote nicht klagen. Nur eins habe ihn dabei genervt, gesteht er. „Am Anfang hatten meine Rollen nie etwas mit meiner Herkunft zu tun, doch kaum war ich mit der Ausbildung fertig und dachte, jetzt kann ich Schiller und Goethe spielen, war ich plötzlich meistens der Türke.“In der „Sesamstraß­e“etwa war er einige Jahre der „Mehmet“, der beste Freund des Gemüsehänd­lers Nils. In Synchronst­udios wurde er zu einem begehrten Sprecher für Rollen mit einem türkisch-arabischen Akzent, den er sich zu diesem Zweck erst antrainier­en musste. Trotz zweiter, dritter Einwandere­rgeneratio­n klebt die Filmbranch­e eben noch an alten Klischees. Auch deshalb findet Yilmaz das „postmigran­tische Theater“des Gorki, das die ganze Vielfalt der Gesellscha­ft spiegeln wolle und Rollen nicht nach Herkunft besetze, befriedige­nder. Deutscher sei er übrigens erst in Saarbrücke­n geworden, fällt Yilmaz ein. Mit 26 habe er damals dort endlich seinen Antrag auf Einbürgeru­ng stellen können. „Aus Saarbrücke­n kommen die Besten“, sagte vor vielen Jahren der Intendant des Wiener Burgtheate­rs zum Bewerber Ole Puppe, wie dem Haupttext zu entnehmen ist. Die Schauspiel­schule des Saarlandes unter der Leitung von Detlev Jacobsen hatte also weithin einen exzellente­n Ruf.

aber nichts, als der damalige saarländis­che Kultusmini­ster Jürgen Schreier (CDU) vor 18 Jahren entschied, die Kultureinr­ichtung aus Kostengrün­den zu schließen.

Die Betroffene­n wehrten sich gegen das Vorhaben. Sogar mit einem Hungerstre­ik versuchten die Studierend­en, das Aus doch noch abzuwenden. Aber selbst damit ließ sich die Schließung nicht verhindern.

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FOTO: ESRA ROTTHOFF/AGENTUR WINDHUIS Mehmet Yilmaz kann auch cool, wie dieses Foto zeigt. Jetzt ist er im Ensemble des Maxim-Gorki-Theaters fest angestellt und hat sich längst bundesweit einen Namen gemacht.
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FOTO: FINE ART Das Überzwerg-Theater spielte „Die schwarze Spinne“. Mehmet Yilmaz (rechts im Bild) probte hier die ersten Schritte.

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