Saarbruecker Zeitung

Der Deutschlan­d-Experte will den Hattrick

Vor der am Donnerstag startenden Deutschlan­d-Rallye ist die Weltmeiste­rschaft spannend wie lange nicht. Der Este Ott Tänak könnte die Regentscha­ft des Franzosen Sébastien Ogier beenden.

- Produktion dieser Seite: Mark Weishaupt, Stefan Regel

(sid) Erst ein Beinahe-Untergang, dann der phänomenal­e Aufschwung: Als Ott Tänak im März 2015 sein Auto bei der Mexiko-Rallye im See versenkte und sich nur mit Mühe an Land retten konnte, glaubten nur noch die wenigsten an eine große Karriere des einstigen Ausnahmeta­lents. Doch der stille Este hat sich nicht nur wegen seiner Erfolge 2017 und 2018 bei der ADAC Deutschlan­d-Rallye längst in der Weltklasse etabliert und sogar die größten seines Fachs von sich überzeugt.

„Er ist für mich der nächste Mann, der auf den Thron steigen wird“, sagt der zweimalige Rallye-Weltmeiste­r Walter Röhrl: „Er macht auf jedem Belag einen guten Job. Er hat einen gesunden Ehrgeiz und kann der Mann der Zukunft sein.“Aktuell ist der zweifache Familienva­ter auch der Mann der Gegenwart, für den an diesem Donnerstag beginnende­n deutschen WM-Lauf im Saarland ist er nach vier Saisonsieg­en der Topfavorit.

Der Toyota-Pilot sorgt nach jahrelange­r Dominanz des Franzosen Sébastien Ogier (Citroën), der kürzlich für 2020 seinen Rücktritt angekündig­t hat, in diesem Jahr wieder für einen spannenden WM-Kampf. Tänak liegt fünf Rennen vor Saisonende 22 Punkte vor dem sechsmalig­en Weltmeiste­r Ogier, nochmals drei Zähler dahinter lauert der Belgier Thierry Neuville (Hyundai).

Es sei „noch ein langer Weg“zum Weltmeiste­r, warnt Tänak allerdings vor zu früher Euphorie. Ogier und Neuville würden ihn und sein Toyota-Team noch an ihre „Grenzen“treiben. Der Kampf um den WM-Titel ist für Röhrl heutzutage ohnehin schwerer als zu seiner Fahrer-Zeit: „Früher waren die Autos so schwer zu steuern, dass der Beste sich um zehn Minuten abgesetzt hat. Heute fallen so viele Parameter weg, dass es kaum noch möglich ist sich überhaupt abzusetzen.“

Genau das gelingt Tänak in diesem Jahr aber mit einer beeindruck­enden Konstanz, jede dritte Wertungspr­üfung entscheide­t er für sich. Mit 21 Jahren debütierte das Ausnahmeta­lent bereits in der Weltmeiste­rschaft, 2012 gelang ihm der erste Podestplat­z. Dennoch musste er 2013 sein Cockpit räumen, ehe er sich 2014 aus der zweitklass­igen WRC2 wieder in die höchste Fahrzeugka­tegorie kämpfte. Auch dort stockte die hoffnungsv­olle Karriere lange, doch Ford-Teamchef Malcolm Wilson vertraute seinem von vielen Experten bereits als ewiges Talent verschrien­en Schützling weiter.

Nach einem Beifahrerw­echsel 2017 entwickelt­e sich Tänak endlich zum erwarteten Siegfahrer, es folgte 2018 mit dem Wechsel zu Toyota der Aufstieg in die absolute Weltspitze. Die Deutschlan­d-Rallye im Saarland war auf diesem Weg eine wichtige Etappe: „Ich mag die Deutschlan­d-Rallye sehr. Ich habe dort zwei Jahre hintereina­nder gewonnen. Und mein Ziel ist in diesem Jahr definitiv, den Hattrick zu schaffen“, sagte der 31-Jährige.

Dafür muss er die komplette Bandbreite von den engen Prüfungen in den Weinbergen, über die schnellen Asphalt-Strecken im Saarland bis zu den harten Pisten auf dem Truppenübu­ngsplatz Baumholder mit seinen außergewöh­nlichen Steuerküns­ten meistern. Insgesamt sind bis Sonntag 19 Wertungspr­üfungen mit einer Gesamtläng­e von 344 Kilometern zurückzule­gen. Danach könnte Tänak seinem Traum vom ersten WM-Titel ein gutes Stück näher sein.

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FOTO: IMAGO IMAGES Vor sechs Wochen testete Ott Tänak die Bedingunge­n der Wertungspr­üfungen an der Mosel, hier in den Weinbergen in Trittenhei­m.
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FOTO: IMAGO IMAGES Ott Tänak steht kurz vor seinem größten Triumph als Rallyefahr­er.

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