Lebensgefährlicher Streich legt Bahnstrecke lahm
Im Januar will die Stadt ein Tourismuskonzept vorlegen. Wie es mit einem neuen Messestandort weitergeht, ist unklar.
Geschwindigkeit ist ein Gefühl. Während sich die einen im Geschwindigkeitsrausch befinden, verzweifeln andere am Schneckentempo. Wenn es um die Entwicklung des Tourismus in Saarbrücken geht, sind die einen Sebastian Kurth und Ralf Kirch, die anderen Gudrun Pink und Frank Hohrath. Sebastian Kurth ist Leiter des städtischen Amts für Wirtschaftsförderun, Ralf Kirch ist Geschäftsführer des City-Marketings und der Congress-Centrum Saar GmbH. Gudrunk Pink und Frank Hohrath vertreten den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) im Saarland, Pink als Präsidentin, Hohrath als Geschäftsführer.
In dieser Woche haben Pink und Hohrath der Stadt vorgeworfen, in Sachen Tourismuskonzept nicht in die Gänge zu kommen. Und das in einer Phase, in der ein Hotel nach dem anderen neu eröffnet. Der Dehoga fragt sich, was sich viele Bürger auch fragen: Wo sollen die Menschen herkommen, die in den vielen hundert neuen Betten schlafen sollen? (Die SZ berichtete.)
Die Entwicklung sei gut, sagt Kurth. In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl der Hotelübernachtungen in Saarbrücken von 452 652 auf 537 962 gestiegen. Bereits als er vor einem Jahr sein Amt angetreten hat, habe er gesagt: „Wir brauchen Hotels.“Aber man müsse auch den Markt im Blick haben, und der Hotelmarkt sei ein „verrückter Markt“. Es gebe trotz der neuen Hotelprojekte, die bereits laufen, immer wieder neue Anfragen. Man verweise diese Interessenten darauf, was schon geplant ist. „Wir sagen auch, dass aus unserer Sicht kein unbegrenztes Wachstum möglich ist“, sagt der städtische Wirtschaftsförderer. Aber man müsse auch „jedem Investor den roten Teppich ausrollen“. Saarbrücken sei nicht in der Position, Investoren abzuweisen. „Wir müssen uns bei jedem Investor bedanken“, sagt Kurth.
Dass ZF sich entwickle, das Quartier Eurobahnhof voll belegt ist und auf dem ehemaligen Messegelände neue Firmen angesiedelt werden, bringe der Stadt auch zusätzliche Übernachtungszahlen. Und auch die neuen Hotelketten bringen durch ihre bundesweite Vermarktung mehr Touristen als bisher nach Saarbrücken, sagt Kurth. Die Congress-Centrum Saar GmbH komme auch gut voran. 70 Prozent mehr Umsatz als vor sechs Jahren mache man bereits, sagt Kirch
Und das Tourismuskonzept, das man zusammen mit dem Regionalverband erarbeite und an dem auch der Dehoga und andere Institutionen beteiligt werden, komme durchaus voran. Bis Ende des Jahres wolle man damit fertig sein. Im Januar soll es dem Stadtrat vorgelegt werden. Er setze dabei auf die Zusammenarbeit mit dem Dehoga sagt Ralf Kirch. Es bringe auch nichts, in die Vergangenheit zu schauen, weil man neue Gäste nur in der Zukunft gewinnen könne. Man müsse gemeinsam schauen, wie man den Tourismus stärken kann. Ein Expertenbüro aus München helfe dabei.
Wie es mit einem Herzstück der städtischen Tourismusplanung, dem Ausbau der Congresshalle zum Messe- und Tagungszentrum, weitergeht, können aber weder Kirch noch Kurth sagen. „Wir brauchen da zusätzliche und moderne Gebäude, die den veränderten Anforderungen der Kunden entsprechen. Ohne massive Investitionen wird es da nicht gehen“, sagt Kirch.
Rund 50 Millionen Euro erwarten sich Stadt und Land aus einem Bundes-Fördertopf für dieses Projekt, hieß es vor knapp einem Jahr. Das Ganze müsse innerhalb von sieben Jahren umgesetzt werden, erklärte Baudezernent Heiko Lukas damals. Stadt und Land müssten dieselbe Summe dann nochmal drauflegen. Wie diese 50 Millionen zwischen Stadt und Land verteilt werden, müsse „noch ausverhandelt werden“, sagte Lukas.
Von den sieben Jahren ist eins verstrichen, obwohl der Saarbrücker Stadtrat im Herbst vergangenen Jahres eilig zustimmen musste und das mit Stimmen von SPD, Grünen und Linken auch getan hat, um Fristen zu wahren. Die CDU, allen voran Uwe Conradt, der zwischenzeitlich die Oberbürgermeister-Wahl gegen Charlotte Britz gewonnen hat und sein Amt am 1. Oktober antritt, waren dagegen. Steht das Projekt noch? Kirch und Kurth bleiben unverbindlich. Das Saarbrücker Konzept liege dem Bund vor, aber man müsse nun sehen, welche politischen Entscheidungen fallen in der Stadt und im Land. Das klingt weder nach Schneckentempo noch nach Geschwindigkeitsrausch, sondern nach Stillstand oder Sackgasse.