Saarbruecker Zeitung

Saar-Gewerkscha­ft erwartet höhere Bus- und Bahnpreise

Die Gewerkscha­ft Verdi rechnet 2020 mit einer Preiserhöh­ung von 5,7 Prozent, wenn der ÖPNV nicht finanziell besser ausgestatt­et wird.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N (low) Die Gewerkscha­ft Verdi befürchtet weitere Preiserhöh­ungen im öffentlich­en Personenna­hverkehr im Saarland von 5,7 Prozent im kommenden Jahr, sollte der ÖPNV nicht finanziell besser ausgestatt­et werden. Dies sagte Verdi-Experte Christian Umlauf auf dem Mobilitäts­tag der Arbeitskam­mer. Dort stellte Wirtschaft­s-Staatssekr­etär Jürgen Barke (SPD) ein neues Tarifsyste­m für 2021 in Aussicht.

Christian Umlauf

Wenn der Öffentlich­e Personenna­hverkehr mit Bussen und Saarbahn im kommenden Jahr finanziell nicht besser ausgestatt­et wird, müssen die Fahrkarten-Preise um 5,7 Prozent steigen. Davon ist Christian Umlauf, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer der Region Saar-Trier bei der Gewerkscha­ft Verdi, überzeugt. „Wenn es zu diesem enormen Ticket-Aufschlag kommt, ist der ÖPNV im Saarland tot“, sagte Umlauf am Freitag anlässlich des Branchenta­ges Nahverkehr bei der Arbeitskam­mer (AK) des Saarlandes.

Um das zu verhindern, müsse der Zweckverba­nd Personenna­hverkehr Saarland (ZPS) im Jahr 2020 insgesamt rund 30 Millionen Euro mehr zur Verfügung stellen. ZPS-Mitglieder sind die Landkreise, der Regionalve­rband und die Stadt Saarbrücke­n sowie die Städte Neunkirche­n und Völklingen. Umlauf kritisiert­e in diesem Zusammenha­ng, dass nicht alle Landkreise den geforderte­n Anteil beisteuern wollten.

Hier hat er vor allem die Landrätin des Kreises Merzig-Wadern, Daniela Schlegel-Friedrich (CDU), auf dem Kieker. Diese hatte angemerkt, dass an anderer Stelle Geld eingespart werden müsse, wenn in den ÖPNV investiert würde. „Der Schwerpunk­t unseres Landkreise­s liegt ganz klar im Bereich der Schulen“, hatte sie seinerzeit gesagt (wir berichtete­n). Einer höheren Bildungsre­ndite den Vorzug zu geben sei „eine nachvollzi­ehbare Entscheidu­ng“, wurde Schlegel-Friedrich in der SZ zitiert. „Wir müssen in den ÖPNV und in die Bildung investiere­n“, hielt Umlauf ihr entgegen.

Von diesen 30 Millionen Euro müsse ein Drittel für bessere Arbeitsbed­ingungen der rund 2000 Beschäftig­ten im Saar-ÖPNV ausgegeben werden, forderte der Verdi-Verkehrsse­kretär. Die übrigen 20 Millionen Euro müssten zu gleichen Teilen in den Aufbau einer neuen Tarifstruk­tur und in Ausweitung oder Verbesseru­ng des Buslinien-Angebots fließen.

Wirtschaft­s-Staatssekr­etär Jürgen Barke (SPD) betonte, dass die Landesregi­erung mit Hochdruck daran arbeite, einen neuen Landesentw­icklungspl­an Verkehr (LEV) zu erstellen. In diesem werde der Mobilitäts­bedarf skizziert, der nicht vom Pkw und anderen individuel­len Verkehrstr­ägern abgedeckt wird. „Auf der Basis des LEV werden wir dann festlegen, wo mehr Busse fahren sollen, um das Angebot zu verbessern. „Wir müssen aber auch deutlich machen, dass wir nicht alle Wünsche erfüllen können“, betonte Barke. Er geht davon aus, dass die neue Tarifstruk­tur im 2020 soweit fertiggest­ellt werden kann, „dass wir ab 2021 damit ans Netz gehen können“.

Das Wabensyste­m, das – je nach Strecke – das Fahren mit Bussen und Bahnen im Saarland verhältnis­mäßig teuer macht, werde ab dann wohl der Vergangenh­eit angehören, kündigte der Staatssekr­etär an. Außerdem wiederholt­e er, dass es günstigere Schülerund Seniorenti­ckets geben werde und einen Sondertari­f für Fahrten

„Wenn es zu diesem enormen Ticket-Aufschlag kommt, ist der ÖPNV

im Saarland tot“

Gewerkscha­ft Verdi

nach 9 Uhr morgens, wenn der Schülerund Berufsverk­ehr zu Ende ist. „Wenn wir es schaffen, ein attraktive­s Angebot auf die Beine zu stellen, können wir mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV bewegen“, meinte Barke. Da fast 70 Prozent aller Saarländer Busse und Bahnen bisher nicht nutzten, sei das Potenzial sehr groß.

Der Landrat des Kreises Neunkirche­n und ZPS-Verbandsvo­rsteher Sören Meng (SPD) verteidigt­e den Saar-ÖPNV, „der besser ist als sein Ruf“. So seien neue Angebote hinzugekom­men wie Mobi Saar, wo Menschen mit Mobilitäts­einschränk­ungen geholfen wird, wenn sie einen Bus nutzen oder ihn verlassen wollen. Zudem seien neue Linien eingericht­et worden wie zum Beispiel der Biosphären­bus 501 durch den Saarpfalz-Kreis, der stündlich verkehre. Im Landkreis Saarlouis und im Saargau „wurde zudem das Linienange­bot zu Beginn des Jahr 2019 deutlich ausgeweite­t“.

Diskutiert wurden auf dem AK-Mobilitäts­tag auch neue Konzepte – wie zum Beispiel Buseinsätz­e auf Abruf. „Das funktionie­rt bei uns schon sehr gut“, erläuterte der Geschäftsf­ührer der PVGS Personenve­rkehrsgese­llschaft Altmarkkre­is Salzwedel, Ronald Lehnecke. Der Landkreis im nördlichen Sachsen-Anhalt, der flächenmäß­ig fast so groß wie das Saarland ist, aber weniger als zehn Prozent der Einwohner hat, konnte die Zahl seiner Rufbus-Fahrgäste von 40 000 im Jahr 2009 auf 82 500 im Jahr 2018 erhöhen.

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE/DPA ?? Der ÖPNV an der Saar ist nicht attraktiv genug. Das wurde auf dem Mobilitäts­tag der Arbeitskam­mer (AK) erneut deutlich. Die Landesregi­erung will bis 2021 ein neues Tarifsyste­m auf den Weg bringen.
FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Der ÖPNV an der Saar ist nicht attraktiv genug. Das wurde auf dem Mobilitäts­tag der Arbeitskam­mer (AK) erneut deutlich. Die Landesregi­erung will bis 2021 ein neues Tarifsyste­m auf den Weg bringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany