Saarbruecker Zeitung

CDU und SPD müssen mit deutlichem Einbruch rechnen

- VON STEFAN VETTER

Eigentlich ist es paradox: Sachsen und Brandenbur­g sind im Osten Nachbarlän­der, werden aber seit der deutschen Einheit durchgehen­d unter verschiede­nen Farbvorzei­chen regiert. Sachsen gilt als „schwarz“und Brandenbur­g als „rot“. Das hat immer noch viel mit den ersten Ministerpr­äsidenten zu tun, die 1990 ins Amt kamen. Kurt Biedenkopf von der CDU war im Freistaat mindestens genauso beliebt wie der Sozialdemo­krat Manfred Stolpe in der Mark. Doch in letzter Zeit hat sich der Wind gedreht.

Ausweislic­h der Umfragen zu den am kommenden Sonntag stattfinde­nden Wahlen in beiden Ost-Ländern ist zumindest in Brandenbur­g ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und AfD zu erwarten. In Sachsen, wo es zeitweilig ebenfalls danach schien, konnte sich die CDU zuletzt wieder etwas von den Rechtspopu­listen absetzen. Gleichwohl müssen beide Volksparte­ien mit herben Verlusten rechnen. Bei den letzten Wahlen vor fünf Jahren kam die Sachsen-CDU noch auf fast 40 Prozent der Stimmen – etwa zehn Prozent mehr, als die Demoskopen aktuell veranschla­gen. Noch dramatisch­er sieht es für die Brandenbur­g-SPD aus, die 2014 knapp 32 Prozent einfuhr und jetzt noch auf 21 bis 22 Prozent taxiert wird.

Ursache ist eine „ungute Grundstimm­ung“im Osten, wie es Woidkes Amtsvorgän­ger Matthias Platzeck formuliert­e. Zwar sind viele Wirtschaft­sdaten durchaus ermutigend. Trotzdem plagen die Menschen Zukunftsän­gste, von denen die AfD profitiert. Das gilt vor allem für Regionen wie die brandenbur­gische Lausitz, die vom Kohleausst­ieg bis 2038 massiv betroffen ist. Die Leugnung des menschenge­machten Klimawande­ls, wie es die Rechtspopu­listen tun, stößt dort auf offene Ohren. Auch das Flüchtling­sthema spielt immer noch eine große Rolle.

Doch selbst wenn Kretschmer und Woidke ihre Chefsessel am Ende behalten, wird die Regierungs­bildung überaus schwierig. Das Bündnis aus CDU und SPD in Dresden hat mangels Wählerzusp­ruch genauso wenig Chancen auf eine Neuauflage wie das rot-rote in Potsdam. Königsmach­er für eine Koalition aus mindestens drei Parteien könnten jeweils die Grünen sein, wobei sich die Ökos allerdings mit der besonders konservati­ven Sachsen-CDU und der kohle-freundlich­en Brandenbur­g-SPD sehr schwer tun. Soll die AfD in der Opposition bleiben, was alle anderen Parteien versichern, dann wäre in Brandenbur­g zum Beispiel auch eine Regierung aus CDU, Linken und Grünen denkbar.

Die Eruptionen des Wahlsonnta­gs werden in den Berliner Parteizent­ralen ohnehin zu spüren sein. Eine Klatsche für die CDU in Sachsen ginge auch mit der neuen Bundesvors­itzenden Annegret Kramp-Karrenbaue­r nach Hause. Und ein Debakel für die SPD würde wohl auch das Kandidaten­rennen um die Nachfolge im Parteivors­itz beeinfluss­en.

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