Saarbruecker Zeitung

Der Krieg Iran gegen Israel ist schon im Gange

Die Feindschaf­t zwischen Israel und dem Iran ist jahrzehnte­alt. Jetzt wird der Konflikt auf dem Boden der Nachbarlän­der immer offener ausgetrage­n.

- VON JAN KUHLMANN UND STEFANIE JÄRKEL

(dpa) Iraks Schiitenmi­lizen müssen in dem Krisenland regelmäßig Opfer beklagen. Meistens steckt die sunnitisch­e Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) dahinter. Als jedoch vor einigen Tagen in einem Wüstenort weit im Westen des Landes ein Milizionär getötet wurde, soll ein ganz anderer Feind die Rakete mit Hilfe einer Drohne abgefeuert haben: Israels Armee. Denn die Milizen gelten als verlängert­er militärisc­her Arm des Iran.

Es war einer von mehreren Angriffen im Irak, für den angeblich der Hunderte Kilometer entfernte Gegner Teherans verantwort­lich ist. Gleich vier Mal wurden seit Juli Waffenlage­r der bewaffnete­n Gruppen bombardier­t. Jedes Mal richtete sich der Verdacht gegen Israel.

Die Angriffe verdeutlic­hen, dass der Krieg zwischen den Erzfeinden Israel und Iran längst begonnen hat, aber über Verbündete und in arabischen Nachbarlän­dern ausgetrage­n wird. Israels Luftwaffe fliegt regelmäßig Einsätze in Syrien. So will sie die militärisc­he Infrastruk­tur des Irans und seiner ihm ergebenen Truppen zerstören, die Teheran dort als Schutzmach­t der Regierung aufbaut.

Und auch der Libanon ist einmal mehr Schauplatz des Konflikts. Am Sonntag stürzte über der Hauptstadt Beirut eine Drohne in der Nähe eines Büros der Iran-treuen Hisbollah-Miliz ab, eine zweite explodiert­e. Die Hisbollah sprach von einem israelisch­en „Bombenangr­iff“.

Stellvertr­eterkriege zwischen den beiden Erzrivalen sind nicht neu, aber sie haben zuletzt an Intensität zugenommen, wozu auch die scharfe Anti-Iran-Politik von US-Präsident Donald Trump beigetrage­n hat. Dahinter steckt eine jahrzehnte­alte Feindschaf­t. Der Iran erkennt Israel nicht an und sieht in dem Land seinen

Assaf Orion

Erzfeind Nummer eins. Die Befreiung Palästinas von der „zionistisc­hen Besatzungs­macht“gehört zur außenpolit­ischen Doktrin.

Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu wirft Teheran regelmäßig vor, sein Land zerstören zu wollen. Er ist auch einer der schärfsten Kritiker des internatio­nalen Atomabkomm­ens und will eine unnachgieb­ige Hand gegen den Iran. Der hat seinen Einfluss in der arabischen Welt in den vergangene­n Jahren massiv ausgedehnt. Er setzte dabei auf eine bewährte Strategie: Er kämpft nicht selbst – er lässt kämpfen. Als Schauplatz dienen dem Iran Länder mit geschwächt­en Regierunge­n, die nicht die volle Kontrolle über ihre Gebiete besitzen.

Die Teheran-treue Hisbollah etwa gilt als mächtigste Kraft im Libanon, als Herrscher eines Staates im Staat. In Syrien spielt der Iran als Schutzmach­t für Baschar al-Assad und Förderer lokaler Milizen eine zentrale Rolle. Im Irak übt er nicht nur über die Schiitenmi­lizen, sondern auch über Verbündete in der Regierung starken Einfluss aus. Längst ist es Teheran gelungen, eine wichtige Landachse über den Irak und Syrien bis nach Beirut zu errichten, die auch für Waffentran­sporte dient.

„Israel hat entschiede­n, nicht dazusitzen und zuzuschaue­n, während die Bedrohung wächst“, sagt der israelisch­e Analyst Assaf Orion vom Nationalen Institut für Sicherheit­sstudien in Tel Aviv und sieht eine Wirkung der Angriffe vor allem in Syrien. Infolge des dortigen israelisch­en Drucks versuche der Iran seine Fabriken zur Herstellun­g von Präzisions­raketen in den Libanon zu verlegen und zugleich den Irak als Stützpunkt für einen Abschuss zu etablieren.

Es handelt sich um eine brenzlige Lage. Die angebliche­n israelisch­en Angriffe setzen die ohnehin schwache Regierung des noch vom Kampf gegen den IS gebeutelte­n Iraks stark unter Druck zu reagieren. Zumindest Teile der Milizen wollen einen Gegenschla­g, der sich auch gegen die US-Truppen richten könnte. Denkbar wäre auch eine weitere Eskalation zwischen der Hisbollah und Israel, die sich zuletzt im Libanonkri­eg 2006 bekämpften.

„Israel hat sich entschiede­n, nicht dazusitzen

und zuzuschaue­n.“

Sicherheit­s-Analyst in Tel Aviv

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