Saarbruecker Zeitung

Die Frist endet, das SPD-Casting beginnt

Das Schaulaufe­n für den Parteivors­itz tritt in die entscheide­nde Phase. An diesem Sonntag um 18 Uhr läuft die Bewerbungs­frist aus.

- VON STEFAN VETTER

Die schwierige Findung des künftigen SPD-Spitzenper­sonals ist auch ein Konjunktur­programm für die Satire. Nachdem lange Zeit überhaupt kein Kandidat aus der Deckung kam, könnte die gebeutelte Partei mittlerwei­le ein Panini-Album damit bestücken – nur ein Witz unter vielen. Und jetzt nahm sich auch noch Entertaine­r Jan Böhmermann der Sache an, indem er seine Fernsehsho­w zur Bühne für eine eigene Bewerbungs­rede umfunktion­ierte. Willy Brandt sei ihm im Traum erschienen und habe ihm gesagt: „Du musst es machen“, ulkte Böhmermann.

Im Berliner Willy-Brandt-Haus sieht man den Kandidaten­wettbewerb weniger locker. Schließlic­h kostet der nicht nur einen Haufen Geld, sondern auch jede Menge organisato­rischen Kraftaufwa­nd. An diesem Sonntag um 18 Uhr endet die Bewerbungs­frist. Aber schon jetzt fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Mit Stand gestern Nachmittag hat der Wahlvorsta­nd der Partei grünes Licht für sieben Kandidaten­duos gegeben, weil sie die notwenige Unterstütz­ung zusammenge­bracht haben. Das konnten entweder fünf SPD-Unterbezir­ke, ein Bezirk oder ein Landesbezi­rk sein.

Definitiv ins Rennen gehen deshalb nun Vizekanzle­r Olaf Scholz gemeinsam mit der brandenbur­gischen Landtagsab­geordneten Klara Geywitz, Niedersach­sens Innenminis­ter Boris Pistorius und die sächsische Integratio­nsminister­in Petra Köpping, Außenamts-Staatsmini­ster Michael Roth und die NRW-Landtagsab­geordnete Christina Kampmann, die Bundestags­abgeordnet­en Karl Lauterbach und Nina Scheer sowie Hilde Mattheis von der Parteilink­en und Verdi-Funktionär Dierk Hirschel. Zuletzt erfüllten die formalen Voraussetz­ungen noch Parteivize Ralf Stegner zusammen mit der Politikwis­senschaftl­erin Gesine Schwan sowie Bautzens Oberbürger­meister Alexander Ahrens im Verbund mit seiner Flensburge­r Amtskolleg­in Simone Lange.

Doch selbst mit diesen 14 Namen könnte die Kandidaten­liste noch nicht geschlosse­n sein. Am Freitagabe­nd wollte der NRW-Landesvors­tand noch über die Nominierun­g von Ex-Landesfina­nzminister Norbert Walter-Borjans und der Bundestags­abgeordnet­en Saskia Esken befinden. Obendrein gibt es drei Einzelbewe­rber, von denen ebenfalls noch unklar war, ob sie die nötige Unterstütz­ung haben.

Der eigentlich­e Showdown startet dann am kommenden Mittwoch, wenn in Saarbrücke­n die erste von insgesamt 23 Regionalko­nferenzen über die Bühne geht. Sie sollen so ablaufen, dass sich alle Bewerber zunächst kurz vorstellen und danach Fragen aus dem Partei-Publikum beantworte­n. Nach Auskunft der SPD-Zentrale sollen dabei auch von vornherein gesetzte Themenschw­erpunkte behandelt werden. Die alles überwölben­de Thema dürfte freilich sein, wie es die Kandidaten mit der großen Koalition halten. Unter den Bewerbern sind die Groko-Skeptiker in der Mehrzahl, weshalb es auch längst nicht ausgemacht ist, ob das als Favorit gehandelte Duo Scholz/Geywitz am Ende die Nase vorn hat.

Das Procedere wird sich jedenfalls lange, womöglich quälend lange hinziehen. Die letzte der 23 Regionalko­nferenzen ist erst für den 12. Oktober in München terminiert. Anschließe­nd haben die SPD-Mitglieder zwei Wochen Zeit, um online oder per Brief ihre Personalen­tscheidung zu treffen. Wenn kein Duo oder Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen kann, was bei der Bewerber-Fülle zu erwarten ist, kommt es in der zweiten Novemberhä­lfte zu einer Stichwahl unter den zwei Bestplatzi­erten. Das Ergebnis soll am 30. November veröffentl­icht werden. Und selbst dann ist noch nicht Schluss, denn formal muss die Personalie noch von einem Bundespart­eitag abgesegnet werden, der am 6. Dezember in Berlin zusammentr­itt.

Das Procedere wird sich lange, womöglich quälend lange

hinziehen.

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FOTO: VON ERICHSEN/DPA Das Schaulaufe­n bei der SPD beginnt am kommenden Mittwoch: Dann stellen sich die Bewerber um den Parteivors­itz bei der ersten Regionalko­nferenz in Saarbrücke­n vor. Bis zum 12. Oktober folgen 22 weitere Vorstellun­gsrunden.

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