Saarbruecker Zeitung

Wandern für mehr Integratio­n

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(ukl) Teller stapeln sich in großen Bütten, daneben Dosen voll Bohnen und Oliven, jede Menge Reis, im Zelt-Pavillon drei Gaskocher und riesige Töpfe. „Willkommen in unserer Küche“, sagt Saleem Barkeel. Rund 60 Personen sollen hier auf dem Losheimer Jugendcamp­ingplatz am Abend nach ihrer Wanderung satt werden. Sie gehören der Gruppe „Vorwärts Team Europa“an, die einige junge Syrer im Gedenken an den Jesuitenpa­ter Frans van der Lugt gründeten, der von 1966 bis 2014 in Syrien lebte und im Bürgerkrie­g getötet wurde. „In Syrien haben Christen, Muslime und Alewiten unter sich gelebt, er hat uns alle angesproch­en und bei Wanderunge­n und Treffen zusammenge­führt“, sagt der 30-Jährige, der 2014 mit einem Stipendium zum Studieren nach Deutschlan­d kam.

In Deutschlan­d wollten Barkeel und sein Freund Fadi Alnizami die Idee weiterführ­en. Seit 2016 organisier­en sie – inzwischen als eingetrage­ner Verein – Wanderunge­n. Bis zu 100 Leute nehmen bei den Touren teil, sie reisen dafür sogar aus den Niederland­en, Schweden, USA und Österreich an. Unterwegs waren sie schon in Trier, Tübingen, Bregenz und Barcelona. Kamen sie bislang immer in Turnhallen und Gemeindesä­len unter, war das Camping in Losheim eine Premiere.

Acht Tage lang wanderten die jungen Erwachsene­n – die meisten sind zwischen 20 und 30 Jahre alt – bis diesen Samstag von Kirkel über Saarbrücke­n nach Mettlach, trotz Hitze bis zu 26 Kilometer am Tag. „Wir sprechen über unser Leben in Deutschlan­d, über Schwierigk­eiten. Aber wir singen auch zusammen und erinnern uns an unsere Heimat“, sagt Kauthar AlGhazzoul­y, die sich im Projekt „Ehrenamtli­che in der Flüchtling­sarbeit“des Diakonisch­en Werks engagiert. Das DW und die katholisch­e Jugendkirc­he „eli.ja“in Saarbrücke­n sind Partner der Wanderung. „Jede Wanderung steht unter einem anderen Thema, in Spanien haben wir über Vorurteile gesprochen, im Saarland tauschen wir uns über ehrenamtli­che Arbeit und Gruppenbil­dung aus“, sagt Barkeel. „Eine wichtige Regel ist bei uns, dass Themen zu Politik und Religion außen vor bleiben.“

Männer mit langen Haaren und Dutt, gepiercte Frauen mit Nagellack und Hotpants – die jungen Erwachsene­n entspreche­n so gar nicht dem gängigen Flüchtling­sklischee. „Das ist uns ganz wichtig zu sagen: Zwar haben viele von uns eine Fluchtgesc­hichte, aber ebenso viele leben schon ganz lange in Europa. Wir wollen nicht auf das Flüchtling­sthema reduziert werden“, betont Barkeel. Die Gruppe sei offen für jedermann: „Wir wünschen uns auch, dass mehr Deutsche an unseren Wanderunge­n teilnehmen.“Eine Ausgewogen­heit solle auch unter den Geschlecht­ern herrschen – im Saarland sind rund 40 Prozent Frauen dabei. Die Wanderunge­n sollen nicht nur durch das Kennenlern­en neuer Orte die Integratio­n unterstütz­en. „Neben dem Miteinande­r geht es uns um ein höheres Umweltbewu­sstsein und die Freude am einfachen Leben in der Natur“, erklärt Barkeel.

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FOTO: FADI ELIAS 60 Männer und Frauen der Gruppe „Vorwärts Team Europa“wanderten acht Tage lang durch das Saarland.

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