Im Museum: Popstars vor der Zeit
Schon im 19. Jahrhundert gab es Starkult. Künstler, die sich für Fotografen in Pose setzten (und gesetzt wurden) und Autogrammkarten, die die Fans sammelten wie vordem Heiligenbildchen. All das führt uns seit Freitagabend eine kleine Fotoausstellung im Historischen Museum Saar in Saarbrücken vor Augen. Dass der saarländische Poprat zum Auftakt seines landesweiten Ausstellungsfestivals „Pictures of Pop“, das die Fotografie der seit den 1960er Jahren entstanden Popkultur feiert, zunächst einen Blick in die Historie zurückwirft, ist eine schöne Idee.
Die von Museumsdirektor Simon Matzerath und dem Poprats-Vorsitzendem Peter Meyer kuratierte Schau zeigt 50 Fotoporträts von weltweit gefeierten Stars und Sternchen aus der Zeit von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Es sind allesamt historische Originalabzüge aus der Fotosammlung LeWa (Herrmann Lehnhoff und Maria Wallpott) des Landesarchivs des Saarlandes. Für die älteren Besucher bietet diese Stargalerie nach dem Motto „Ach ja, die...“ein Wiedersehen mit guten Bekannten aus der Kindheit wie Schauspielerin Ruth Leuwerik, Moderator Peter Frankenfeld, Akrobat Charlie Rivel und Pantomime Marcel Marceau. Ganz entzückend etwa die 16-jährige Romy Schneider auf einem Filmball nebst Mutter Magda, wenige Monate vor dem Kinostart der Sissi-Filmtrilogie, die für ihre Karriere Segen und Fluch wurde.
Zu sehen sind in der nach Motiven und Formaten arrangierten Kabinettschau auch teils seltene Porträtaufnahmen von „unsterblichen“ Komponisten wie Richard Wagner, Richard Strauss, Gioachino Rossini und Franz Liszt, neben jenen von Superstars, deren Ruhm – da ihr Wirken an Live-Auftritte auf Opern-, Schauspiel- oder Ballettbühnen gekoppelt war – mit dem Ableben schnell verblasste. Doch die Schau will ja mehr als nur Stars zeigen, will auch erhellen, wie sie „gemacht“wurden, durch das Medium Fotografie: Seine Erfindung erst erlaubte ihre Abbilder massenhaft zu reproduzieren.
Hier hätte man sich eine tiefer gehende historische Aufbereitung gewünscht. Etwa zur „Cartes de Visite“, jener patentierten Technik des Franzosen Disdéri, die Fotos preisgünstiger auf kleinformatigem Karton abzuziehen, die den Boom der Starporträts erst auslösen konnte. Oder zum Wandel der Inszenierung der Porträts: Dass die Porträtierten zunächst wie Modelle der Malerei stundenlang im Studio posieren mussten, während die Fotografen sie später bei Dreharbeiten oder gesellschaftlichen Ereignissen ablichten konnten, war auch eine Frage der Technik. Wann wurde es eigentlich Mode, Starfotos zu signieren? Wann kamen die ersten Fanalben, von denen hier Beispiele aus den 1920er Jahren ausgestellt sind, auf? Und: Gab es Fotografen, die ausschließlich Stars fotografierten? Auch hierzu hätte man sich, zumal an einem Ort wie einem Museum, doch etwas mehr Einbettung gewünscht.
im Historischen Museum Saar am Saarbrücker Schlossplatz bis 24. November. Weitere Infos im Internet unter www.historisches-museum.org