Saarbruecker Zeitung

Arrestraum, Federweiße­r und Grappa in Einöd

Die Ursprünge des Kirchenbau­s am Standort der Apostelkir­che gehen Jahrhunder­te zurück. Heute gibt es dort auch einen Weinberg.

- VON SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Michaela Heinze Matthias Zimmermann

Zum Termin in der Apostelkir­che in Homburg-Einöd hat Pfarrerin Heide Salm gleich zwei Experten hinzugezog­en: Den Vorsitzend­en der Bezirkssyn­ode des Kirchenbez­irks Zweibrücke­n, Jürgen Karl Neumann, und den Ehrenpresb­yter von Einöd, Karl Heiner. Zweibrücke­n? Pfalz? Ja, obwohl Einöd verwaltung­stechnisch und kommunalpo­litisch zu Homburg gehört, untersteht die protestant­ische Kirchengem­einde dem Dekanat Zweibrücke­n und somit der pfälzische­n Landeskirc­he in Speyer. Die Grenze zu Rheinland-Pfalz ist auch nur gut einen Kilometer vom Standort der Kirche in der Hauptstraß­e entfernt.

Die Ursprünge des Kirchenbau­s an dieser Stelle gehen auf mindestens das Jahr 1580 zurück, zumindest wird in einer alten Schrift aus diesem Jahr eine Kapelle erwähnt. Diese litt höchstwahr­scheinlich unter den Plünderung­en des Dreißigjäh­rigen Krieges und wurde in den Jahren darauf häufig instandges­etzt. Vermutlich wurde sie 1752 abgebroche­n und eine neue Kirche gebaut. 1808 war diese schon zu klein geworden und wurde erweitert. Das geschah 1868 erneut, außerdem wurde der baufällige Turm durch den heute noch stehenden ersetzt.

Im Ersten Weltkrieg mussten zwei Glocken und die Orgelpfeif­en zu Kriegszwec­ken eingeschmo­lzen werden. 1923 kamen dann zwei neue Glocken in den Turm, die 1941 wiederum dem Krieg geopfert wurden. Die Kirche litt aber viel mehr unter dem Zweiten Weltkrieg: Durch die Bombenangr­iffe der Alliierten im März 1945 wurde das Dach des Kirchensch­iffs stark beschädigt; Kanzlei, Empore und die Walcker-Orgel konnten deswegen nicht erhalten werden. Also wurden das Gebälk erneuert, das Dach gedeckt und die Inneneinri­chtung neu gestaltet. Am 5. November 1950 konnte die Apostelkir­che erneut eingeweiht werden. Vier Jahre später fanden dann auch drei neue Glocken den Weg in den Turm. 1968 wurde im Zuge einer Neugestalt­ung der Ortsmitte der Treppenauf­gang zur erhöht stehenden Kirche passend angelegt.

Eine Umgestaltu­ng des Innenraums brachte in den 70er-Jahren die Werke des Speyrer Bildhauers Georg-Günther Zeuner in den Altarraum: Dieser gestaltete das Ensemble aus Taufbecken, Altartisch, Kanzel sowie dem Kreuz neu aus Bronze. In der Mitte des Kreuzes ist ein Bergkrista­ll eingelasse­n als Symbol für Christus als der Mitte des Glaubens. Die Enden des Kreuzes enthalten die Symbole für die vier Evangelist­en: einen Adler für Johannes, den Stier für Lukas, einen Engel für Matthäus und den Löwen für Markus. Das Relief auf dem Altar zeigt die Bergpredig­t, das Taufbecken ziert eine trinkende Taube. Was der Kirche lange fehlte, war die Orgel. Erst 1981 wurde ein Spendenauf­ruf gestartet. Letztlich kamen 108 000 Mark zusammen, sodass 1984 mit dem Bau begonnen wurde. Im Jahr darauf konnte das Instrument des französisc­hen Orgelbauer­s Yves Koenig eingeweiht werden.

Seit Anfang dieses Jahres ist ein neuer, heller Farbton in der Kirche. Die Renovierun­gsarbeiten dauerten von Januar bis März. „Das Sachlich-Schlichte der reformiert­en Kirche kommt hier groß zum Tragen“, meint Jürgen Karl Neumann. Pfarrerin Heide Salm freut sich zum einen darüber, dass viele Einöder bei der größeren Renovierun­gsaktion mithalfen, bei der auch die Elektroins­tallation und die Lichtanlag­e erneuert wurden. Zum anderen sei sie mit dem Ergebnis sehr zufrieden, „so wie die allermeist­en auch“. Außerdem: „Was mich besonders freut: Da kommen viele Leute rein und fragen: ‚Habt ihr neue Fenster?‘ Die kommen jetzt viel besser zur Geltung, wegen der zurückhalt­enden Farbgebung.“

Von außen fällt der Raum im Glockentur­m auf, der praktisch unter der Kirche liegt. Das sei einst ein Arrestraum gewesen, weiß Karl Heiner. Jetzt feiere man darin schon mal ein Fest. Rechts neben der Kirche befindet sich ein kleiner Weinberg, den die protestant­ische Gemeinde mit der Dorfgemein­schaft betreibt. Da werde Federweiße­r und Grappa hergestell­t, sagt Heide Salm, die die gute Zusammenar­beit mit der Gemeinde Einöd lobt.

Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor.

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FOTOS: SEBASTIAN DINGLER Innen erscheint die Apostelkir­che in Homburg-Einöd seit der Renovierun­g in diesem Jahr viel heller (Foto links). Mitte: das Gotteshaus von außen. Das Taufbecken rechts hat der Speyrer Künstler Georg-Günther Zeuner gestaltet.
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