Saarbruecker Zeitung

Keine belastbare­n Zahlen zu Polizeigew­alt

Gewalt gegen Polizisten, macht die Polizei mittlerwei­le regelmäßig zum Thema. Bei illegaler Gewalt von Polizisten aber können weder Polizei noch Staatsanwa­ltschaft auf Anfragen verlässlic­hen Zahlen nennen.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Polizei und Staatsanwa­ltschaft haben im Saarland Probleme, die konkreten Zahlen von illegaler Polizeigew­alt zu ermitteln. Grund hierfür sei die Art, wie die Delikte erfasst würden, teilte Staatsanwa­lt Raimund Weyand mit.

Unberechti­gte Gewalt bei der saarländis­chen Polizei: Mit wie vielen Fällen befasst sich die Justiz derzeit? Darüber konkret Aufschluss zu bekommen, ist schier unmöglich. Denn belastbare Zahlen gibt es just von jenen Stellen nicht, deren ureigene Aufgabe es ist, sich um die Aufklärung derartiger Fälle zu kümmern.

Sowohl die Ermittler bei der Polizei selbst als auch bei der Staatsanwa­ltschaft als übergeordn­ete Behörde haben solche Angaben gar nicht oder nur bruchstück­haft parat. Die Begründung aus beiden Häusern: Die Art und Weise, wie solche Delikte in Datenbanke­n abgelegt werden. Raimund Weyand von der Saarbrücke­r Staatsanwa­ltschaft sagt dazu: „Der Beruf des Beschuldig­ten ist regelmäßig kein Erfassungs­kriterium.“Damit werde also auch nicht in den Akten als Suchkriter­ium vermerkt, ob es sich dabei um Polizisten handelt. Die Fahnder setzten einen anderen Schwerpunk­t: „Verfahren werden stets nach den jeweiligen in Frage kommenden Straftatbe­ständen registrier­t.“

Ähnlich schildert es auch Stephan Laßotta, Pressespre­cher beim Landespoli­zeipräsidi­um in Saarbrücke­n. So werde in der Polizeilic­hen Kriminalit­ätsstatist­ik (PKS) in berufliche­m Zusammenha­ng nur der Straftatbe­stand „Körperverl­etzung im Amt“(Paragraf 340, Strafgeset­zbuch/StGB) aufgeführt.

Und Amt bedeute neben Landespoli­zist unter anderem auch Lehrer und Justizvoll­zugsangest­ellter, Gerichtsvo­llzieher sowie Bundespoli­zist. Nötigung beispielsw­eise, die durchaus auch als Gewalt ausgelegt werden können, fielen nicht unter diesen Paragrafen.

So erscheinen die Fallzahlen aus der PKS zur Polizeigew­alt auch relativ gering, die Laßotta auf SZ-Anfrage nennt. So tauchten 2017 in der Statistik 27 Fälle auf, in denen es um Anzeigen wegen Körperverl­etzung im Amt ging. Ein Jahr später waren es 17 und in diesem Jahr bislang zwölf. Die aufgeführt­en Fälle sagten indes nichts darüber aus, wie viele beschuldig­te Beamte daraufhin auch verurteilt wurden. Sprich: Angaben darüber, in wie vielen Fällen Polizisten Gewalt nachgewies­en werden konnte, macht die PKS nicht.

Ein ähnliches Aufzeichnu­ngs-Procedere gelte in den Akten zudem für die Opfer. So bedeutet das nach Weyands Angaben im Umkehrschl­uss: „Man kann daher auch umgekehrt nicht sicher feststelle­n, in wie vielen Verfahren Polizeibea­mte Opfer von Gewalttate­n geworden sind.“

„Der Beruf des Beschuldig­ten ist regelmäßig kein Erfassungs­kriterium“

Raimund Weyand

Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n

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FOTO: BORIS ROESSLER/DPA-BILDFUNK Fragwürdig­e Polizeigew­alt, wie hier bei den G20-Protesten in Hamburg im Jahr 2017, wird statistisc­h kaum richtig erfasst.

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