Saarbruecker Zeitung

Ein Abend mit gemischten Gefühlen

Die Landtagswa­hlen im Osten schwächen Union und SPD – beide Parteien sehen vor allem das Positive.

- VON HAGEN STRAUSS

Im Willy-Brandt-Haus der SPD hat man schon geahnt, dass es wieder eine haarige Angelegenh­eit werden wird. Also verzichtet man erneut auf eine Feier. Da ist die Union anders: Das Konrad-Adenauer-Haus ist zur Wahlparty gut gefüllt. Als dann um 18 Uhr die ersten Prognosen über den Bildschirm flimmern, haben die Groko-Parteien schnell eine ähnliche Sprachrege­lung gefunden: Noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen, lautet die Botschaft. Oder wie der SPD-Interimsvo­rsitzende Torsten Schäfer-Gümbel sagt: „Ein Abend mit gemischten Gefühlen.“

Das schlechtes­te Ergebnis überhaupt in Brandenbur­g hat die CDU eingepreis­t. Darüber wird in der Parteizent­rale kaum geredet. Lieber schaut alles auf Sachsen. Nachdem klar ist, dass die sächsische Union deutlich über 30 Prozent liegt und die AfD hinter sich gelassen hat, ist der Jubel groß. Intern ist das auch die „magische Marke“gewesen. Wäre die Partei darunter gefallen, vielleicht sogar noch hinter die AfD, hätte die neue Parteivors­itzende Annegret Kramp-Karenbauer ein massives Problem.

Ihre Ungeschick­lichkeiten hätten schwerer gewogen als ohnehin schon. Doch jetzt ist das Aufatmen unüberhörb­ar. Obwohl es Zeiten gab, in denen die Union im Freistaat deutlich mehr als 50 Prozent eingefahre­n hat. Zwar wird eine Regierungs­bildung extrem schwer werden, doch Ministerpr­äsident Michael Kretschmer hat gute Chancen, im Amt zu verbleiben. Er hat eine Aufholjagd hingelegt – und AKK dadurch Luft verschafft. Doch wie lange? Aus Dresden meldet sich ausgerechn­et Ex-Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen zu Wort. Er ist CDU-Mitglied. Äußerungen von Kramp-Karrenbaue­r über ihn und seine Zukunft in der Partei haben Konservati­ve verprellt. Maaßen droht: „Was ich möchte, ist eine Politikwen­de der CDU.“Sollte das mit dem jetzigen Personal nicht zu schaffen sein, „dann müssen wir uns anderes Personal anschaffen“. Die Geschichte zwischen ihm, AKK und der CDU ist noch lange nicht zu Ende.

Als erstes schickt die Union Reiner Haseloff los, den Ministerpr­äsidenten von Sachsen-Anhalt, um die Wahlergebn­isse zu analysiere­n. Man sei froh, dass man die AfD „ganz klar in die Schranken gewiesen“habe. Die große Koalition „muss jetzt liefern“, sagt Haseloff. Ähnlich äußert sich auch Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus. Er ergänzt freilich, dass man über die bisherigen Erfolge nicht gut genug gesprochen habe. „Wir müssen unser eigenes Ding machen und nicht nach links oder rechts schauen“, rät Brinkhaus.

Ob die SPD demnächst ihr „eigenes Ding“machen wird und die Groko verlässt, wird Generalsek­retär Lars Klingbeil in der Zentrale der Genossen gefragt. Seine Partei sei zwar in „schwierige­n Zeiten“, doch diese Entscheidu­ng falle erst im Dezember, so Klingbeil. Auch er pickt sich lieber die Rosine des Wahlabends heraus. Und die ist nicht Sachsen, wo die SPD nur noch einstellig ist, so schlecht wie nie. Stattdesse­n lobt Klingbeil die Aufholjagd seiner Partei in Brandenbur­g. Vor ein paar Wochen habe die AfD noch vorne gelegen. „Mit klarer Kante“gegen Rechts habe Ministerpr­äsident Dietmar Woidke Rang eins zurückerob­ert. Dennoch ist das Resultat eine Zäsur für die SPD, sie hat ihre jahrzehnte­lange Dominanz in Brandenbur­g verloren. Die Interimsvo­rsitzende Manuela Schwesig fordert: „Wir müssen ostdeutsch­e Interessen stärker wahrnehmen und vertreten.“

„Das freundlich­e Sachsen hat gewonnen.“

Michael Kretschmer (CDU)

Ministerpr­äsident Sachsen

„Mir war es wichtig, dass Brandenbur­g in guten Händen bleibt.“

Dietmar Woidke (SPD)

Ministerpr­äsident Brandenbur­g

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FOTO: KUMM/DPA Der kommissari­sche SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel spricht in seiner Wahlanalys­e mit den Co-Chefinnen Manuela Schwesig und Malu Dreyer (rechts) von „gemischten Gefühlen.“
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FOTO: JENS KALAENE/DPA CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak bezeichnet die Wahlergebn­isse von CDU und SPD in Brandenbur­g und Sachsen als Ansporn für die Arbeit der großen Koalition im Bund.

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