Saarbruecker Zeitung

Entsetzen, Enttäuschu­ng und Bedauern am Wahlabend

Nach den Ergebnisse­n der Ost-Wahlen sind die Linken im Niedergang. Die Grünen sind hin- und hergerisse­n – und die Liberalen beiderorts ohne Chance.

- VON STEFAN VETTER Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Frauke Scholl

Bei den Linken stehen sie eng zusammen und können es nicht fassen, was da an Zahlen über den Bildschirm flimmert. In Brandenbur­g und Sachsen hat sich ihr Prozentant­eil beinah halbiert. In den Ländern, wo die Linke über Jahrzehnte so etwas wie eine Volksparte­i war. Eine Ostpartei sowieso. Und nun das. Die Linke ist der große Verlierer des Wahlabends.

Auch Parteichef­in Katja Kipping ist das Entsetzen ins Gesicht geschriebe­n. „Solche Zahlen schmerzen, das ist ganz klar“, sagt die Sächsin. Eine andere Linke sagt: „Wir haben Politik von oben gemacht, wir waren zu wenig in den Regionen, haben zu wenig mit den Menschen geredet“. Ein vernichten­der Selbstbefu­nd, bedenkt man, dass die Linke sich auch immer als Kümmerer-Partei verstanden hat. In dieser Rolle sehen jetzt offenbar viele Ost-Wähler die AfD. Hinzu kommt, dass die Linke in drei neuen Bundesländ­ern mitregiert und damit Teil des „Establishm­ents“ist, gegen das die Rechtspopu­listen feuern. „Wir hatten offensicht­lich eine Mobilisier­ungsschwäc­he“, erklärt Co-Parteichef Bernd Riexinger. Und er führt die „zugespitzt­e Situation“ins Feld, wonach sich in Sachsen und Brandenbur­g zuletzt alles darauf konzentrie­rt habe, wer am Ende stärkste Partei werden würde – die CDU beziehungs­weise SPD oder die AfD. Auch das hat der Linken Stimmen gekostet. Die „Wahlparty“bei den Linken ist schnell beendet.

Wirklich Grund zum Feiern hätten die Grünen. Aber von Euphorie ist man trotzdem weit entfernt. Umringt von seinen Anhängern steht Robert Habeck vor einem großen Fernseher in der Berliner Parteizent­rale und schaut etwas nachdenkli­ch drein. Da ist es kurz nach 18 Uhr. Schließlic­h fängt der Parteichef zaghaft an zu klatschen. Einerseits so gut abgeschnit­ten wie noch nie in den neuen Bundesländ­ern. Anderseits aber längst nicht so gut, wie es die letzten Umfragen prophezeit hatten. Da waren die Grünen noch deutlich zweistelli­g gewesen. Auch Habeck erklärt das mit der zugespitzt­en Situation auf den letzten Metern. Gleichwohl habe man nun die Chance auf zwei Regierungs­beteiligun­gen.

Die FDP dagegen wird keinerlei Einfluss auf eine Regierungs­bildung haben. Weder in Sachsen noch in Brandenbur­g. Die Liberalen bleiben außerparla­mentarisch­e Opposition. Dabei ist die neue Generalsek­retärin Linda Teuteberg eine Brandenbur­gerin. In der Berliner FPD-Zentrale steht sie neben dem Vorsitzend­en Christian Lindner, der ziemlich bedröppelt wirkt und etwas von „Bedauern“murmelt, und dass es „leider nicht“geklappt habe. Der bittere Wahlausgan­g könnte auch eine innerparte­iliche Diskussion über den Chef nach sich ziehen.

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