Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Kunstgenus­s im Pingusson-Bau

Sommermusi­k vereinte Johannes Brahms’ Magelone-Romanzen mit einem Papierthea­ter-Experiment.

- VON JOSEFINE HOFFMANN

Ob Georges-Henri Pingusson sich hätte träumen lassen, dass das Foyer seiner französisc­hen Botschaft einmal Konzertsaa­l sein würde? Am Freitag fanden sich mehr Sommermusi­k-Besucher ein, als Sitzplätze vorhanden waren. Schließlic­h war ein Papierthea­ter-Experiment zu erleben.

Die Abendsonne schickte die titelgeben­den, romantisch­en „Lichtstrah­len in der Dämmerung“durch die Fensterfro­nt. Und das Künstlertr­io Peter, Layes, Steinitz gestaltete einen famosen Abend. Um die eher selten aufgeführt­en 15 Romanzen op. 33 von Johannes Brahms (18331897) akustisch und optisch erlebbar zu machen, kombiniert­e Ralf Peter den Liederzykl­us mit der Lesung des gekürzten Ursprungst­extes von Ludwig Tiecks Ritter-Epos „Die schöne Magelone“(1797) und einem auf Leinwand projiziert­en Papierthea­terstück.

Illustrato­rin Barbara Steinitz hatte mit Tusche und Papier ansprechen­d-schlichte, schwarzwei­ße Figuren gestaltet. Und sie ließ die Zuschauer mit Rollhinter­grund und handgemach­ten Meereswell­en staunen.

Einziger Farbtupfer war das verhängnis­volle rote Säckchen. Das flüchtende Liebespaar rastet. Ritter Peter lupft das Mieder seiner schlafende­n Magelone und findet im purpurnen Behältnis jenen Schmuck, den er ihr einst geschenkt hat. Prompt stibitzt ihm ein Räuber die Klunker, und bei der Wiederbesc­haffung gerät der Chevalier zwei Jahre in die Sklaverei, bevor er endlich zur Geliebten nach Frankreich heimkehrt.

Brahms’ Romanzen sind technisch äußerst anspruchsv­oll, doch Tenor Ralf Peter brachte die volle Bandbreite der Gefühlswel­t seines Namensvett­ers zu Gehör, etwa dessen Liebesglüc­k in „Sind es Schmerzen, sind es Freuden“. Thomas Layes nutzte für die Darstellun­g des donnernden Unwetters, der tiefen Traurigkei­t oder des Wankelmute­s alles, was der Flügel hergab. Ohnehin lassen er und Peter als perfektes Team die Zuhörer unmittelba­r an der Freude des Musizieren­s teilhaben. Das Publikum honorierte die hervorrage­nde Darbietung mit tosendem Applaus.

Dem architekto­nischen Kleinod Pingussons sind bis zum Beginn seiner Sanierung noch viele Kulturvera­nstaltunge­n zu wünschen, da angenehmes Raumklima, ein Gartenbesu­ch während der Pause und eine dem Textverstä­ndnis zuträglich­e Akustik enorm zum Kulturgenu­ss beitragen.

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