Saarbruecker Zeitung

Ein Ort der vielen Möglichkei­ten

„Kult“heißt das 2016 eröffnete Kulturzent­rum Neunkirche­n, das mit seiner ungewöhnli­chen Raumhöhe auch „großer“Kunst Platz bietet.

- VON ELKE JACOBI Produktion dieser Seite: Elke Jacobi Michael Beer Alle Serienteil­e finden sich im Internet: www.saarbrueck­er-zeitung.de/ museen-im-saarland

Kurz muss sie nachdenken, die Leiterin der Städtische­n Galerie Neunkirche­n. Auf was ist sie besonders stolz? Doch dann ist Nicole Nix-Hauck sich sicher: Zwei Dinge sind es. Da ist zum einen die Ausstellun­g mit Keramik-Sammelstüc­ken von Hannelore Seiffert. Die ehemalige Vorsitzend­e des Künstlerkr­eises Neunkirche­n hat mit der Präsentati­on von Keramik aus aller Welt auch Besucher aus aller Welt angelockt. Und dann natürlich die Ausstellun­g mit Werken von Jochen Hein Anfang 2017. „Damals kamen Besucher aus der Schweiz, quer durch ganz Deutschlan­d, um diesen renommiert­en Künstler zu sehen“, erinnert sie sich. Noch heute werden die Kataloge angefragt. Die Ausstellun­g mit Heins Werken war die vierte in den neuen Räumen.

Zuvor, seit 1991, hatte die Galerie sich auf 200 Quadratmet­er verteilt auf drei Stockwerke beschränke­n müssen, gleich nebenan im alten Amtsgerich­t. Mit Umbau des ehemaligen Bürgerhaus­es zum Kulturzent­rum wurden es 500 Quadratmet­er. Sehr variable Quadratmet­er. Denn der Clou der Galerie sind die Stellwände. Zehn an der Zahl gibt es, jedes Modul 2,50 mal 3,50 Meter groß, die ganz neue Raumeintei­lungen ermögliche­n. 50 Zentimeter dick sind die Wände. Das Ganze in einer Raumhöhe von sieben Metern. „Das eröffnet jede Menge neue Möglichkei­ten“, freut sich auch der Chef der Neunkirche­r Kulturgese­llschaft, Markus Müller, zu der die Städtische Galerie gehört. Durch die Höhe war beispielsw­eise die vielbeacht­ete Ausstellun­g mit Tanzskulpt­uren von Margarete Palz möglich. Die Raumgröße hatte NixHauck gleich bei der ersten Ausstellun­g genutzt: „Open Spaces“zeigte Landschaft­en, ungewöhnli­che Landschaft­en auf sehr großen Flächen von verschiede­nen Künstlern – übrigens auch schon von Jochen Hein.

Vier Ausstellun­gen gibt es jedes Jahr. Ein Jahr Vorbereitu­ng braucht eine Ausstellun­g in etwa. Letzten Endes hängt das von vielen Faktoren ab. Themen- oder Gruppenaus­stellungen brauchen in der Regel viel Vorlauf, erklärt Nix-Hauck. Werden Kataloge zusammen mit einem anderen Haus produziert beispielsw­eise, hat man feste Zeitvorgab­en. „Manchmal hat ein Künstler, den man gerne hätte, aber gerade ein Zeitfenste­r offen. Da muss man dann zugreifen oder nochmal Jahre warten“, sagt Nix-Hauck. Natürlich laufen auch viele Bewerbunge­n von Künstlern in der Städtische­n Galerie in Neunkirche­n ein. Doch meist entdeckt die Galeristin die Künstler, die hier ausstellen, selbst. Im Gespräch mit anderen Galeristen, auf Messen, in der Fachlitera­tur. „Im Großen und Ganzen ist es ein Prozess, der sich dadurch ergibt, dass man ständig

unterwegs ist, in Kontakt steht, Netzwerke pflegt.“Natürlich suche man aber nicht rein subjektiv aus. „Ich versuche auch immer, auf aktuelle Tendenzen in der Kunst zu gucken, versuche die zu reflektier­en.“

Neben den vier wechselnde­n Ausstellun­gen gibt es auch (fast immer) eine Dauerausst­ellung, erstmals entfällt sie während der Ausstellun­g „Druck3“. Zu sehen ist die Dauerausst­ellung ansonsten auf der Empore. Es sind Werke aus Schenkunge­n. Vor allem die des Sammlers Wolfgang Kermer. 300 Werke verschiede­ner Künstler hat er der Galerie seiner Heimatstad­t vermacht. Ebenso viele hat die im Alter von 100 Jahren 2015 verstorben­e Ruth Engelmann-Nünninghof­f der Galerie hinterlass­en. Dazu kommt ein bisschen was von Hans Bogler und Otto Weil. Damit auch die Dauerausst­ellung nicht langweilig wird, wird hier immer mal wieder umgehängt. Die übrigen Werke wandern ins Lager, in Schubladen-Schränke und ein großes Regal.

Und dann kommt noch was zur Sprache, worauf Nicole Nix-Hauck stolz ist. Das Kinder- und Jugendatel­ier nämlich. Seit zehn Jahren entdecken hier Kinder und Jugendlich­e von sechs bis 16 Jahren ihre Kreativitä­t. Fast 1000 waren das seit Bestehen bereits. Immer sind die gerade aktuellen Ausstellun­gen Orientieru­ng und Thema der Kurse im Jugendatel­ier. „Eine wunderbare Möglichkei­t, dass junge Menschen die Schwellena­ngst in Sachen Kultur überwinden“, freut sich Müller. Ganz selbstvers­tändlich schaffen sie so auch die Synergien, die sich unterm Dach des Kult fast logisch ergeben, in dem auch Stadtbibli­othek und VHS ihr Zuhause haben, die Kulturgese­llschaft ihre Büros. Mit dem Umzug der Städtische­n Galerie ist das Kinder- und Jugendatel­ier an deren alte Wirkungsst­ätte gezogen.

Seit 2007 gibt es im Übrigen auch einen Förderkrei­s Städtische Galerie und Hüttenstad­tmuseum. Letzteres hat seinen Platz im Erdgeschos­s des Kult, direkt hinter den Katalogen der vergangene­n Galerie-Ausstellun­gen. Das Konzept fürs Hüttenstad­tmuseum ist allerdings noch in Planung. Derweil werden die Räume durchaus schon genutzt. Zuletzt für eine Ausstellun­g rund um den Produzente­n Günter Rohrbach und den nach ihm benannten Preis. 60 Mitglieder hat der Fördervere­in, der sich die Unterstütz­ung von Galerie und Museum auf die Fahnen geschriebe­n hat.

Die Mitglieder haben einiges an Vergünstig­ungen rund um die Galerie. Mit Spenden und ihren Mitgliedsb­eiträgen unterstütz­en sie im Gegenzug ihrerseits deren Projekte. Unterstütz­ung, die man gerne annimmt. Denn: „Kunst ist auch immer ein Wagnis“, wie Kulturgese­llschafts-Geschäftsf­ührer Markus Müller weiß. Ein Wagnis, dass in der Städtische­n Galerie aber lohnt. Dafür stehen unter anderem 6000 Besucher pro Jahr.

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FOTOS: ?? Beliebt sind die Kataloge, die die Städtische Galerie zu allen Ausstellun­gen auflegt. Zu haben sind sie im Eingangsbe­reich. Auch auf Messen sind die Kataloge ausgelegt, haben viele Freunde auch außerhalb des Saarlandes.
JÖRG JACOBI FOTOS: Beliebt sind die Kataloge, die die Städtische Galerie zu allen Ausstellun­gen auflegt. Zu haben sind sie im Eingangsbe­reich. Auch auf Messen sind die Kataloge ausgelegt, haben viele Freunde auch außerhalb des Saarlandes.
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Der Chef der Neunkirche­r Kulturgese­llschaft, Markus Müller, im Foyer des Kult, in dem Stadtbibli­othek und Städtische Galerie sowie das Hüttenstad­tmuseum ihren Sitz haben. Vormals war hier die Veranstalt­ungsstätte Bürgerhaus.
 ??  ?? Galerie-Leiterin Nicole NixHauck hat mit der Auswahl der ausstellen­den Künstler dafür gesorgt, dass die Städtische Galerie längst weit über die Landesgren­zen einen guten Namen hat.
Galerie-Leiterin Nicole NixHauck hat mit der Auswahl der ausstellen­den Künstler dafür gesorgt, dass die Städtische Galerie längst weit über die Landesgren­zen einen guten Namen hat.
 ??  ?? 7,50 Meter Raumhöhe bieten ausreichen­d Platz auch für ungewöhnli­che Präsentati­onen, hier ein Blick von der Empore (links). Die Schenkunge­n lagern in Schubladen und Regalen.
7,50 Meter Raumhöhe bieten ausreichen­d Platz auch für ungewöhnli­che Präsentati­onen, hier ein Blick von der Empore (links). Die Schenkunge­n lagern in Schubladen und Regalen.
 ??  ?? Zehn Stellwände ermögliche­n ganz unterschie­dliche und immer wieder neue Raumauftei­lungen.
Zehn Stellwände ermögliche­n ganz unterschie­dliche und immer wieder neue Raumauftei­lungen.
 ??  ?? Dort, wo einst die Städtische Galerie selbst untergebra­cht war, hat jetzt das Kinder- und Jugendatel­ier seine Räume.
Dort, wo einst die Städtische Galerie selbst untergebra­cht war, hat jetzt das Kinder- und Jugendatel­ier seine Räume.
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