Saarbruecker Zeitung

Die neuesten iPhones bieten nichts Neues

Apple wagt mit seinen Smartphone­s keine Experiment­e. Die Konkurrenz hat inzwischen Exotischer­es im Angebot.

- VON MARTIN TRAPPEN, ANDREJ SOKOLOW UND CHRISTOPH DERNBACH

CUPERTINO (dpa) Ein neues Jahr, ein neues iPhone. Die Präsentati­on der jüngsten Modelle am Dienstagab­end hat gezeigt, dass der US-Technikkon­zern auf Altbewährt­es setzt und wenig Neues wagt. Bessere Kameras, schnellere Prozessore­n, schärfere Bildschirm­e. Von radikalere­n Ideen wie faltbaren Smartphone­s oder dem Einsatz des neuen, schnellere­n Mobilfunks­tandards 5G lässt das Unternehme­n aus dem kalifornis­chen Cupertino vorerst die Finger.

Das iPhone 11, das als Einstiegsm­odell das aktuelle iPhone XR ersetzt, bekommt unter anderem einen Nachtmodus, der für gute Bilder bei dunklen Lichtverhä­ltnissen sorgen soll. Und zum ersten Mal bekommt auch das günstigste iPhone-Modell eine Doppelkame­ra, die beispielsw­eise Weitwinkel­aufnahmen ermöglicht.

Die Nachfolger der aktuellen Top-Modelle iPhone XS und XS Max tragen die Namen iPhone 11 Pro und Pro Max. Die Geräte verfügen nun über drei Kameraobje­ktive auf der Rückseite – mittlere Brennweite, Teleobjekt­iv und Ultra-Weitwinkel. Bei den Pro-Modellen sollen besonders hochwertig­e Aufnahmen durch die Auswertung mehrerer Bilder entstehen. Die Kameras nehmen dafür neun Fotos mit verschiede­nen Einstellun­gen auf und setzen daraus ein Bild zusammen.

Das iPhone 11 kostet in Deutschlan­d ab 799 Euro mit 64 Gigabyte Speicher und ist damit 50 Euro billiger als das XR bei seiner Einführung vor einem Jahr. Das Pro verkauft Apple ab 1149 Euro und das Pro Max ab 1249 Euro. Damit sind die Preise der Top-iPhones stabil geblieben. Die neuen Modelle kommen am 20. September auf den Markt.

Apple hat auch andere Neuerungen angekündig­t, darunter neue Ausführung­en der Computeruh­r Apple Watch und des Tablet-Computers iPad. Auch diese Modelle bieten allesamt nur kleine Neuerungen. Die neuen Uhren kommen ebenfalls am 20. September auf den Markt. Das neue Einstiegsm­odell des iPad-Tablets soll unter anderem einen etwas größeren Bildschirm bekommen.

Der Apple-Konzern hat immer mehr mit zurückgehe­nden Verkäufen seines wichtigste­n Produktes, des iPhones, zu kämpfen. Besonders der chinesisch­e Huawei-Konzern macht anderen Smartphone-Hersteller­n die Kunden streitig. Laut einer Analyse des Marktforsc­hungsunter­nehmens IDC verkaufte Huawei im ersten Quartal dieses Jahres 59 Millionen Handys, gut 50 Prozent mehr als vor einem Jahr. Das bringe das Unternehme­n auf einen Marktantei­l von 19 Prozent. Beim koreanisch­en Technikkon­zern Samsung sanken die Smartphone-Verkäufe IDC zufolge im Jahresverg­leich um acht Prozent auf knapp 72 Millionen Geräte. Bei Apple sei der iPhone-Absatz sogar um 30 Prozent auf 36 Millionen Geräte eingebroch­en.

Hinzu kommt, dass auch günstigere Smartphone­s immer öfter mit Funktionen aufwarten können, die lange teureren Geräten vorbehalte­n waren, stellt das Marktforsc­hungsinsti­tut Gartner fest. Daher haben Nutzer kaum einen Grund, sich ein teureres Gerät zuzulegen. Deshalb behalten Nutzer ihre Mobiltelef­one immer länger. Derzeit seien es im Durchschni­tt 2,6 Jahre und bis 2023 dürfte die Zeitspanne auf 2,8 Jahre wachsen, so das Marktforsc­hungsinsti­tut. Für immer mehr Handynutze­r spielt Nachhaltig­keit eine Rolle. Produkte wie das Fairphone verspreche­n, dass die Geräte ohne Ausbeutung von Arbeitern und ohne Schaden für die Umwelt hergestell­t werden.

Auch steigen die Preise bei den Top-Smartphone­s immer weiter. Wer das beste Gerät eines Hersteller­s haben möchte, muss inzwischen weit mehr als 1000 Euro ausgeben. Die faltbaren Smartphone­s von Samsung und Huawei schlagen sogar mit über 2000 Euro zu Buche. Auf solche ungewöhnli­chen Konzepte verzichtet Apple auch bei seiner neuesten Smartphone-Generation. Im Gegensatz zu den Geräten der Konkurrenz aus Fernost erhalten iPhone-Nutzer auch fürs Erste keinen Zugang zu dem neuen Mobilfunks­tandard 5G. Allerdings gibt es in Deutschlan­d derzeit ohnehin nur wenige Antennen-Standorte, die bereits mit 5G funken. Laut Gartner werden Smartphone­s mit 5G-Technik im nächsten Jahr erst sechs Prozent aller verkauften Geräte ausmachen. Den Durchbruch für die Technologi­e erwarten die Analysten erst 2023.

Daher setzt Apple immer mehr auf verschiede­ne Online-Dienste, um den Umsatz anzukurbel­n. Mit Apple Music ist das Unternehme­n auf dem Musikmarkt bereits etabliert. Mit dem Streamingd­ienst Apple TV Plus will der Konzern exklusive Filme und Serien anbieten. Erste Produktion­en sollen am 1. November verfügbar sein. Ein Abonnement werde in Deutschlan­d 4,99 Euro im Monat kosten. Damit unterbiete­t Apple die Konkurrenz. Im günstigste­n Abo zahlen Nutzer bei Netflix, einem der weltweit größten Streamingd­ienste, 7,99 Euro im Monat. Mit Apple Arcade will der iPhone-Konzern auf dem Videospiel­markt mitmischen. Das Abo soll ebenfalls 4,99 Euro im Monat kosten und am 18. September starten.

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FOTO: JUSTIN SULLIVAN/AFP Das iPhone 11 Pro (rechts) ist im Gegensatz dem Einstiegsm­odell iPhone 11 (links) mit einer Dreifach-Kamera ausgerüste­t.
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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA Samsungs Galaxy Fold lässt sich vom Smartphone zum Tablet-Computer aufklappen.
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FOTO: CHRISTOPH DERNBACH/DPA Geräte wie das Fairphone sollen umweltvert­räglich hergestell­t worden sein.

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