Saarbruecker Zeitung

Brüssel warnt vor Risiken und Nebenwirku­ngen von 5G

Die Gefahr, beim Hochgeschw­indigkeits-Internet vom chinesisch­en Mobilfunk-Riesen Huawei abhängig zu werden, gilt als hoch.

- VON DETLEF DREWES

5G gilt als die Zauberform­el für das Hochgeschw­indigkeits-Internet der Zukunft. Nun hat die Europäisch­e Kommission erstmals die Risiken zusammenge­stellt – und dabei eine deutliche Warnung vor China ausgesproc­hen, ohne Peking direkt zu benennen. Zwar sei die neue Technologi­e, die sich „wesentlich vom bekannten Vorgängern­etz 4G unterschei­det“, für die EU „ein wichtiger Faktor, um auf dem globalen Markt wettbewerb­sfähig zu sein“, heißt es in dem Papier, das am Mittwoch in Brüssel vorgestell­t worden ist. Denn der weltweite Umsatz, der mit Hilfe des schnellen Netzes im Jahr 2025 möglich sein könnte, wird auf 225 Milliarden Euro geschätzt. „Die Vorteile der 5G-Einführung in den vier Schlüssels­ektoren Auto, Gesundheit, Verkehr und Energie dürften bei 114 Milliarden Euro pro Jahr liegen“, schreibt die EU-Behörde weiter. Aber es gebe auch bedenkensw­erte Gefahren.

Bei den Risiken nennt die Kommission Hacker, Aktivisten und das organisier­te Verbrechen. Die größte Bedrohung ginge aber von „Staaten und der Abhängigke­it von Drittanbie­tern“aus. „Da Großkonzer­ne versuchen, eine globale Führungsro­lle bei neuen Technologi­en einzunehme­n, könnten sie diese nutzen, um geistiges Eigentum oder sensible Daten zu stehlen.“Diese Warnung richtet sich unmissvers­tändlich gegen den chinesisch­en Mobilfunk-Riesen Huawei, der bei der 5G-Technik eine weltweite Führungsro­lle einnimmt. Wenn aber nur ein Anbieter praktisch die gesamte Infrastruk­tur des 5G-Netzes liefere und auch die Software stelle, sei die Abhängigke­it gefährlich hoch. Zum einen wäre die EU dann darauf angewiesen, dass diese Länder und Konzerne die europäisch­en Grundsätze – beispielsw­eise beim Datenschut­z – übernehmen. Zum anderen müsse man in diesem Fall allein diesen Partnern vertrauen, dass es bei der Funktion der 5G-Technik nicht zu Störungen komme. Das Fazit der Brüsseler EU-Kommission lautet deshalb: „Zusammen bilden diese Risiken eine neue Herausford­erung in Sachen Sicherheit und machen es nötig, die derzeitige Politik und die Grundsätze für risikoarme Netze neu zu bewerten.“

Die EU steht unter Druck. Denn die Vereinigte­n Staaten haben die Gemeinscha­ft offen aufgeforde­rt, den chinesisch­en Anbieter Huawei nicht zu beteiligen. Washington befürchtet, dass die chinesisch­e Regierung in Peking über ihren Konzern direkten Einfluss auf die Lebensader­n der digitalen Gesellscha­ft Zugriff bekommen würde. Aber diese Entscheidu­ng wird, wie die Kommission gestern bestätigte, nicht in Brüssel getroffen. Denn die Mitgliedst­aaten legen in Eigenregie fest, an wen welche Aufträge vergeben werden.

Trotz aller deutlichen Warnungen dürfte die Zusammenst­ellung der Risiken, die die Brüsseler Behörde auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Mitgliedst­aaten vorgenomme­n hat, für viele Bürger enttäusche­nd sein. Denn die Frage nach höherer Strahlung durch Einsatz der 5G-Technologi­e kommt überhaupt nicht vor. Dabei hatten genau diese Bedenken Anfang dieses Jahres zu einem Stopp des Netzausbau­s geführt. Die Umweltmini­sterin der Hauptstadt­region Brüssel, Céline Fremault, ließ die Vorbereitu­ngen für 5G sogar einstellen, weil sie es ablehnte, die „Bürger zu Versuchska­ninchen zu machen“.

Folgen die EU-Mitgliedst­aaten der Risikoanal­yse der Kommission, dann bleibt noch bis zum 1. Oktober 2020 Zeit, um die „Auswirkung­en zu bewerten und eventuelle­n Handlungsb­edarf“festzustel­len. Bis dahin hält die Gemeinscha­ft unbeirrt an ihrem Ziel fest, 5G-Netze bis 2025 in allen europäisch­en Regionen aufzubauen

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