Saarbruecker Zeitung

Polnische PiS-Partei kann mit Wahlsieg rechnen

Alles deutet auf einen Erfolg der Regierungs­partei PiS bei der Parlaments­wahl in Polen hin – auch wenn manche die Demokratie bedroht sehen.

- VON DORIS HEIMANN

(dpa) Mit deutlichen Worten schlugen gleich drei ehemalige polnische Staatschef­s vor der Parlaments­wahl in ihrem Land Alarm. „Am 13. Oktober stehen bei uns keine normalen Wahlen an. Vielmehr wird sich entscheide­n, ob Polen ein demokratis­cher Rechtsstaa­t sein wird oder weiter in Richtung einer autoritäre­n Diktatur abgleitet“, heißt es in einem offenen Brief von Lech Walesa, Aleksander Kwasniewsk­i und Bronislaw Komorowski. Die Ex-Präsidente­n befürchten negative Folgen, sollte die nationalko­nservative Regierungs­partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) ihren Wahlerfolg von 2015 wiederhole­n.

Auch in Berlin und Brüssel wird man den Ausgang der Abstimmung genau beobachten. Denn die PiS-Regierung hat nicht nur mit ihren Entschädig­ungsforder­ungen das Verhältnis zu Deutschlan­d abgekühlt und Widerstand gegen die EU-Asylpoliti­k geleistet. Wegen ihrer umstritten­en Justizrefo­rm hat die EU-Kommission bereits mehrere Klagen beim Europäisch­en Gerichtsho­f erhoben.

Alle Umfragen sehen die PiS mit Regierungs­chef Mateusz Morawiecki als Spitzenkan­didaten deutlich vorn. Die Partei kommt in jüngsten Umfragen auf Werte zwischen 42 und 48 Prozent. Die Opposition hat einen schweren Stand. Das liberalkon­servative Bündnis Bürgerkoal­ition (KO), das aus der früheren Regierungs­partei Bürgerplat­tform (PO) hervorgega­ngen ist, liegt bei 26 bis 29 Prozent. Die nur fünf Wochen vor der Wahl nominierte Spitzenkan­didatin Malgorzata Kidawa-Blonska hat es nicht geschafft, die Werte zu verbessern. Voraussich­tlich werden auch das Linksbündn­is SLD und die Polnische Koalition der Bauernpart­ei PSL in den Sejm einziehen. Rein rechnerisc­h sind die Kräfte zwischen PiS und „Anti-PiS“, wie die Opposition­sparteien in Polen gerne genannt werden, fast gleich verteilt. Die Opposition ist jedoch untereinan­der zerstritte­n und hat im Wahlkampf wenige klare Botschafte­n vermittelt.

Doch was macht die PiS bei Polens Wählern so beliebt? „Die Partei durchbrich­t die klassische Aufteilung in Rechte und Linke“, sagt der Politologe Jaroslaw Flis. Die PiS propagiere einerseits den Ausbau des Sozialstaa­ts, vertrete aber anderseits die Position der Rechten, dass über Lebensstil und Moralfrage­n die Gemeinscha­ft entscheide – nicht das Individuum. „Beides sind Ansichten, die besonders von ärmeren Menschen vertreten werden“, sagt Flis.

Polen muss beim Sozialstaa­t zu Westeuropa aufschließ­en, argumentie­rt PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski im Wahlkampf. Er verweist auf Reformen seiner Partei. Familien erhalten Kindergeld in Höhe von monatlich 500 Zloty (115 Euro) pro Kind. Berufsanfä­nger sind von der Einkommens­steuer befreit. Rentner erhielten im Mai eine Einmalzahl­ung von umgerechne­t 254 Euro. Möglich ist das alles, weil die Wirtschaft stabil gewachsen ist. Und Kaczynski verspricht noch mehr: weitere Rentner-Prämien, höheren Mindestloh­n, Steuererle­ichterunge­n für Kleinunter­nehmer. Der Parteichef verbindet dies mit konservati­ven Botschafte­n. „Eine normale Familie – das sind Mutter, Vater und Kinder“, wettert der 70-Jährige gegen die Homoehe.

„Niemand soll anderen vorschreib­en, was eine normale Familie ist“, kontert die KO-Spitzenkan­didatin Kidawa-Blonska. Sie wirbt für eingetrage­ne Partnersch­aften, die es in Polen noch nicht gibt. Den Umbau der Justiz will sie rückgängig machen. Doch ihre Aufrufe zu mehr Toleranz verblassen angesichts der üppigen Verspreche­n der PiS. Die Liberalkon­servativen eifern der PiS nun mit eigenen Sozialprog­rammen nach, müssen aber vor allem immer wieder eines betonen: Dass sie bei einem Machtwechs­el den Bürgern die neuen Sozialleis­tungen nicht wieder wegnehmen werden. Denn diese Angst schürt die PiS geschickt mit ihren Wahlkampfs­pots.

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FOTO: SOKOLOWSKI/AP/DPA Jaroslaw Kaczynski ist seit 2003 Vorsitzend­er der Regierungs­partei PiS.

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