Saarbruecker Zeitung

Autobauer suchen Wege aus der Krise

Die deutschen Hersteller sehen sich derzeit weltweit mit Problemen konfrontie­rt. Wie diesen begegnet werden soll, war das Hauptthema auf dem Gipfeltref­fen der Branche.

- VON NICO ESCH

(dpa) Deutschlan­ds Autobranch­e zeigt sich angesichts der starken öffentlich­en Kritik demonstrat­iv einsichtig, sieht aber dennoch keinen Grund für große Kurskorrek­turen. Das machten Spitzenver­treter der Konzerne am Mittwoch beim „Branchengi­pfel“des Instituts für Automobilw­irtschaft (IFA) in Nürtingen bei Stuttgart sinngemäß deutlich. Und gaben zugleich offen zu: Wie die Zukunft denn nun am Ende genau aussehen wird, wissen wir heute auch noch nicht.

IFA-Chef Stefan Reindl hatte die Frage nach den Zukunftsko­nzepten der Konzerne in den Mittelpunk­t der Tagung mit mehr als 600 Gästen gestellt. Sind Elektroaut­os, vernetzte Mobilität und autonomes Fahren tatsächlic­h in der Lage, die Zukunft einer Branche zu sichern, der zudem zunehmend Skepsis entgegensc­hlägt?

„Die Stimmung ist differenzi­ert“, hielt Daimler-Vorstandsc­hef Ola Källenius entgegen. Die CO2-Debatte hierzuland­e müsse man beispielsw­eise sehr ernst nehmen. Dazu will Daimler die Mercedes-Neuwagenfl­otte bis 2039 CO2-neutral machen, die Werke in Europa sollen das schon 2022 sein. Danach werde der Rest der Welt in Angriff genommen. Die Kosten dafür seien allerdings hoch, und das wiederum sorge für Unsicherhe­it.

Debatten über mögliche Verbote von Sportgelän­dewagen (SUVs) oder andere Beschränku­ngen für große Autos hält Källenius für den falschen Weg. „Einschränk­ungen, Beschränku­ngen oder Vorgaben, was der Kunde wünschen sollte, sind nicht richtig“, betonte er. Die große Aufgabe sei, Fahrzeuge in allen Segmenten nachhaltig zu machen, vom Zweisitzer bis zum Sattelzug. In China etwa zeige sich ein anderes Bild als hier. Dort seien siebensitz­ige SUVs selbst in den Millionens­tädten derzeit das beliebtest­e Fahrzeugfo­rmat.

BMW-Vorstand Peter Schwarzenb­auer stellte die These auf, dass eine klimaneutr­ale Wirtschaft künftig die Voraussetz­ung für ein langfristi­ges Bestehen jedes Unternehme­ns sei. Zugleich warnte er aber auch davor, einzelne Aspekte isoliert zu betrachten. Tausende Ingenieure seien bei BMW mit der Entwicklun­g von Verbrenner­n und besonders Diesel-Motoren beschäftig­t. „Wir können nicht einfach wegwischen, dass wir bei uns viele Mitarbeite­r haben, die wahnsinnig viel Angst haben, was mit ihnen persönlich passiert“, sagte er.

Um die enormen Entwicklun­gskosten für das autonome Fahren nicht allein tragen zu müssen, arbeiten die Konkurrent­en Daimler und BMW auf diesem Feld seit einiger Zeit zusammen. Ihre Mobilitäts­dienste haben sie schon komplett zusammenge­legt. „Auch das

„Wir dürfen uns nichts

vormachen: Die nächsten Jahre werden

schwer werden.“

Jürgen Stackmann

Markenvert­riebsvorst­and bei VW

ist ein Zeichen der Transforma­tion in der Automobili­ndustrie“, so Daimler-Chef Ola Källenius.

„Für uns ist das brutal, was da gerade passiert“, sagte BMW-Vorstand Schwarzenb­auer. „Es gab immer Gegenwind. Aber es gab immer auch Möglichkei­ten des Ausgleichs.“Im Moment aber sei die Unruhe ein weltweites Phänomen. „Wir dürfen uns nichts vormachen: Die nächsten Jahre werden schwer werden“, sagte auch VW-Markenvert­riebsvorst­and Jürgen Stackmann.

Dass die Hersteller derzeit ausgesproc­hen vorsichtig agierten und bisherige Strategien auf den Prüfstand stellten, hält Reindl für die einzig richtige Option. Gleichwohl dürfe man nicht alles schlechtre­den. „Wir stehen nicht unmittelba­r vor dem Kollaps“, sagte er.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Viele Jobs in der Automobili­ndustrie sind akut gefährdet.

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