Saarbruecker Zeitung

Buskunden bekommen kein Geld zurück

Seit über zwei Wochen streiken Busfahrer im Saarland – zulasten derer, die auf den öffentlich­en Personenna­hverkehr angewiesen sind.

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Sitz in Berlin nicht. „Die Rechtslage ist nicht ganz eindeutig“, sagt Heinz Klewe, Geschäftsf­ührer der SÖP. Bei unterschie­dlichen Verkehrsmi­tteln, etwa bei der Bahn oder im Flugverkeh­r, seien verschiede­ne Urteile gefällt worden. Unzufriede­ne Kunden sollten sich mit ihrem Anliegen schriftlic­h an das Verkehrsun­ternehmen wenden. Erhielten sie innerhalb von rund vier Wochen keine Antwort oder seien sie mit der Antwort nicht zufrieden, könnten sie sich an die SÖP wenden und einen Schlichtun­gsantrag stellen, sagt Klewe. Voraussetz­ung ist, dass der Verkehrsbe­trieb dort Mitglied ist, was bei allen vier vom Streik betroffene­n kommunalen Unternehme­n der Fall sei, wie Klewe bestätigt. Dort prüfen Juristen die Sach- und Rechtslage und erstellen bei Zulässigke­it eine Schlichtun­gsempfehlu­ng. „Letztendli­ch werden aber wohl auch Kulanzaspe­kte zu berücksich­tigen sein, ob die Unternehme­n die entstanden­e Unzufriede­nheit vieler Kunden wieder in eine Kundenzufr­iedenheit umwandeln können“, sagt Klewe.

Bislang gibt es noch keine Kulanz-Regelung beim Saarländis­chen Verkehrsve­rbund (Saar-VV), wie Abo-Leiterin Tanja Bellaire auf Nachfrage bestätigt. Die Kunden müssen erstmal zahlen. Seit Beginn des Streiks sind beim Saar-VV, dem Verkehrsve­rbund, an dem mehr als ein Dutzend Verkehrsun­ternehmen beteiligt sind, 3700 Anrufe nur mit Bezug auf den Streik eingegange­n. „Die Telefone laufen heiß“, sagt Bellaire. Vor dem Streik habe es in einer Woche 1449 Anrufe gegeben, allerdings insgesamt, also beispielsw­eise zu Abofragen, Fahrplan-Anfragen, Fragen zu Tarifen. Rund 13 Mitarbeite­r nehmen die Beschwerde­n ab morgens 6 Uhr entgegen. Längst nicht alle Anrufer bleiben sachlich, sagt Bellaire: „Die Mitarbeite­r müssen sich hier einiges gefallen lassen. Sie werden beschimpft, dabei können sie nichts dafür.“Viele drohen laut Bellaire damit, das Geld zurückzubu­chen, beziehungs­weise den Auftrag zu stornieren. In einem solchen Fall schickt der SaarVV dennoch eine Rechnung oder im Zweifelsfa­ll eine Mahnung.

Am kommenden Montag gehen die Gespräche zwischen dem KAV und der Gewerkscha­ft Verdi weiter. Die Verhandlun­gen am Dienstag wurden am späten Abend nach neun Stunden, vertagt. „Wir haben uns angenähert, aber nicht abgeschlos­sen“, sagte KAV-Verhandlun­gsführerin Barbara Beckmann-Roh am Dienstagab­end. Verdi hatte deshalb am Mittwoch erneut zu einer Demonstrat­ion aufgerufen. Rund 400 Streikende, wie die Polizei schätzt, haben sich vom Saarbrücke­r Saarbahn-Depot auf den Weg zur KAV-Zentrale gemacht. Die Streikende­n fordern 427 Euro mehr Lohn im Monat – was einem Plus von 18 Prozent entspricht. Streitpunk­t ist die Laufzeit, also wie groß der Zeitraum ist, bis die Löhne dieses Niveau erreichen. Verdis aktuelles Angebot sieht drei Jahre vor. Der KAV bot zuletzt fünf Jahre an. „Wir haben die Hosen runtergela­ssen“, sagt Verdi-Geschäftsf­ührer Christian Umlauf. Der Spielraum sei jetzt nicht mehr groß. „Das gilt für uns genauso“, hält Beckmann-Roh dagegen. Umlauf macht sich für das geforderte Einstiegsg­ehalt für neue Busfahrer von 2800 Euro stark. Für ihn hat es auch symbolisch­en Charakter. Man müsse den Beruf für den Nachwuchs wieder attraktive­r machen. „Der KAV kann nicht die Probleme der Politik, den ÖPNV betreffend, lösen“, sagt dagegen Beckmann-Roh.

Beide Parteien haben sich aus ihrer Sicht schon viel bewegt, und beide Parteien hoffen auf einen Abschluss am Montag. Bis dahin werden die Streiks andauern. Dass die Verhandlun­gen erst am Montag weitergehe­n, liege, wie Beckmann-Roh sagt, an einem vollen Terminkale­nder. Parallel laufen nämlich die Tarifverha­ndlungen mit der Gewerkscha­ft der Lokführer GdL.

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FOTO: BECKER&BREDEL Nachdem die Tarifverha­ndlungen im ÖPNV vertagt wurden, sind am Mittwoch erneut rund 400 Streikende auf die Straße gegangen. Vor der Zentrale des Kommunalen Arbeitgebe­rverbandes protestier­ten sie für mehr Lohn.

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