Flugübungsgegner warnen vor Katastrophe
Bevor ein US-Kampfjet am Dienstag nahe Trier abstürzte, soll er nach Angaben einer Bürgerinitiative noch über Wadern geflogen sein.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Düsenjet über bewohntem Gebiet niedergeht und Menschen das Leben kostet. Vor solch’ einer Katastrophe warnt Patrick Fey, Vorstandsmitglied der Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung. Die Organisation mit Sitz in Kaiserslautern setzt sich seit Jahren schon für das Ende militärischer Übungsflüge über dem Saarland und Rheinland-Pfalz ein. Nach dem Unglück vom Dienstag in der Eifel erneuerte Fey seine Kritik an den aus seiner Sicht „unverantwortlichen“Luftmanövern über dicht besiedelten Regionen. Am Deinstag war eine F 16 Kampfjet der in Spangdahlem stationierten US-Streitkräfte über einem Waldgebiet in der Eifel abgestürzt. Der Pilot hatte sich mit dem Schleudersitz retten können. Zivilisten kamen nicht zu Schaden.
Radaraufnahmen der Fluggegner belegen angeblich, dass die Unglücksmaschine zuvor über Wadern Richtung Eifel abgedreht habe. Weitere Jets des Verbandes flogen wohl über Ottweiler und Neunkirchen Richtung Westpfalz weiter.
Die Bundesregierung habe sehr wohl Einflussmöglichkeiten, dafür zu sorgen, dass Kampfjet-Übungen nicht nur massiert über dem nördlichen Saarland, der Eifel und der Westpfalz abgehalten werden. Fey fordert: „Die Flüge müssen nicht exzessiv über dem zweitdichtbesiedeltsten Raum Deutschlands stattfinden.“Eine bessere Verteilung sei durchaus möglich. Die Bundesrepublik habe durchaus die Lufthoheit über Deutschland. So seien in Absprache das Bundesverkehrs- sowie das Verteidigungsministerium verantwortlich, die für Übungen benötigten Lufträume zeitlich befristet zu reservieren. Damit liege es in ihrer Zuständigkeit, so Fey, wo diese Manöver stattfinden. Daran hätten sich alle zu halten. „Doch kaum drohen die USA zumindest mit einem Teilabzug von der Airbase in Spangdahlem, knickt Deutschland wieder ein“, ist Fey überzeugt. „Das ist im hohen Maße verantwortungslos.“Die lockere Handhabe der Luftfreigabe über Rheinland-Pfalz und dem Saarland locke zudem die Streitkräfte anderer Bündnispartner hierher, behauptet Fey. So sollen zuletzt in Bayern stationierte italienische Kampfjets zu Übungszwecken über die Region geflogen sein. Auch Tiefflieger seien immer wieder darunter.
Ungeachtet der Gefahren durch eine abstürzende Maschine für die dort lebende Bevölkerung verweist das Vorstandsmitglied der Bürgerinitiative auf die hoch giftigen Treibstoffe, die die Jets mit sich führen sollen. Bei einem Aufprall verteile sich das Spezialkerosin im Erdreich. Dieses Gemisch sei nach Ansicht von Wissenschaftlern krebserregend und hätte auch Auswirkungen auf das Erbgut. Seiner Kenntnis nach komme nach einem durch ausländisches Militär verursachten Unglück auf deutschem Boden für die Entsorgung der verseuchten Erde der Bund auf. „Ich würde als Landwirt nach einem Aufprall auf meinem Acker hier jedenfalls nichts mehr anbauen“, fügt Fey an.
Bei dem Spezialgemisch handele es sich um den „Nato-Treibstoff JP 8“, das möglicherweise auch hochgiftiges Hydrazin beinhalte. Die chemische Verbindung wird unter anderem in Raketentreibstoff verwendet.
Die Kaiserslauterer Bürgerinitiative verfügt nach eigenen Angaben über eigene Radaranlagen, um militärische Übungsflüge zu beobachten und ihre Erkenntnisse im Internet zu veröffentlichen. So habe sie kurz vor dem Zwischenfall am Dienstag beobachtet, dass sich die betroffene Maschine vor dem Absturz von den übrigen über dem Saarland, der Pfalz und dem Hunsrück kreisenden Kampfjets absetzte und in Richtung Eifel abdrehte, wo sie wenig später niederging. Gleichzeitig empfingen die Übungsfluggegner ein Signal, das auf Schwierigkeiten des Piloten mit dem Düsenjet hingewiesen haben soll.
Feys Befürchtungen, dass sich solch ein Unglück durchaus auch über Städten und Gemeinden zutragen könnte, verleiht er mit weiteren Zwischenfällen aus den Vorjahren Nachdruck: So registrierte die Bürgerinitiative 2006, 2011 und 2014 ähnliche Vorfälle, bei denen Jets auf freiem Feld zerschellten. Seit Jahrzehnten klagen Menschen in den beiden Bundesländern über Übungsflüge bis in den späten Abend hinein. Nach Angaben der Bürgerinitiative handelt es sich dabei nicht nur um begrenzte Sonderflüge. Diese Manöver fänden das gesamte Jahr über statt.
Die Kritiker solcher militärischer Übungsflüge bekommen auch Unterstützung vom saarländischen Bundestagsabgeordneten Markus Tressel (Grüne). So verweist auch er auf die Belastung: „Unsere Region wird schon seit Jahren so intensiv für Übungsflüge genutzt, wie keine andere in Deutschland. (...) Vor allem der andauernde Fluglärm belastet die Bewohner des Nordsaarlandes.“Auch er erkennt Gefahren, die er durch den aktuellen Absturz bestätigt sieht. So verlangt er „eine verbindliche Beschränkung der Nutzungstage“.
Er wirft dabei der saarländischen Landesregierung vor, sich nicht energisch genug dafür einzusetzen, obwohl sie seit Jahren verspreche, sich für eine Entlastung beim Fluglärm einzusetzen. Tressel: „Erreicht hat sie bisher nichts.“Der Parlamentarier sieht deshalb auch die aus dem Saarland stammende Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in der Pflicht. „Sie muss endlich für eine Verbesserung der Situation sorgen. Das Thema sollte ihr aus Saarbrücker Tagen ja hinlänglich bekannt sein.“Damit spielt Tressel auf ihr Amt als Ministerpräsidentin an.
Am Mittwoch hat das amerikanische Militär mit der Bergung von Wrackteilen des abgestürzten Kampfjets nähe Trier begonnen. „Die Arbeiten können mehrere Tage bis mehrere Wochen dauern“, sagte ein Sprecher des US-Luftwaffenstützpunkts Spangdahlem. Die Bundeswehr hat das Gelände großräumig abgeriegelt. Die rund drei Quadratkilometer große Zone sei zu einem „militärischen Sicherheitsbereich“erklärt worden, sagte der Sprecher der Bundeswehr in Rheinland-Pfalz, Oberstleutnant Günter Bohn, bei Zemmer (Kreis Trier-Saarburg). Dies geschehe, damit die US-Amerikaner ihre Untersuchungen machten könnten, aber auch zum Schutz der Bevölkerung: „Man weiß ja nicht, ob scharfe Wrackteile vorhanden sind, die möglicherweise noch von den Bäumen herunterfallen könnten.“Zudem werde derzeit untersucht, ob durch ausgetretenes Kerosin oder eventuell auch Hydrazin das Grundwasser verunreinigt worden sei. Nach Kenntnis von Bohn sind die Wrackteile über 300 bis 800 Meter verstreut. Der leicht verletzte Pilot wurde nach Angaben der US-Luftwaffe noch am Dienstag aus der medizinischen Behandlung entlassen worden. „Er ist wieder zurück bei seiner Familie auf der Air Base“, sagte der Sprecher. Die Absturzursache sei noch völlig unklar.