Saarbruecker Zeitung

Hawaii-Held Al-Sultan als Hoffnungst­räger für deutsche Triathlete­n

Spagat für den Bundestrai­ner: Er soll seine Schützling­e auf dem Weg nach Tokio begleiten – und will gleichzeit­ig Erfolge mit Ironman-Weltmeiste­r Lange feiern.

-

(sid) Faris Al-Sultan nahm das unerwartet­e Hindernis mit Humor. Er werde jetzt zu Hause seiner Frau „auf den Geist gehen“, sagte der 41-Jährige, nachdem ihm die US-Behörden das Visum und eine Reise nach Hawaii verwehrt hatten. Dort wollte Al-Sultan eigentlich Ironman-Weltmeiste­r Patrick Lange zum Titel-Hattrick lotsen, „aber man kann mit arabischem Namen halt nicht einreisen“, erklärte Al-Sultan auf tri-mag.de.

Deshalb kann er sich theoretisc­h nun dem anderen Teil seiner anspruchsv­ollen Doppelfunk­tion widmen und das Fernziel ins Auge fassen, das er als Bundestrai­ner der Deutschen Triathlon Union (DTU) verfolgt: Tokio 2020, Olympische Sommerspie­le.

„Das ist ein schwierige­r Spagat, und ich habe noch nicht den optimalen Weg gefunden, beides miteinande­r zu verbinden“, gestand Al-Sultan, der neben Lange seit einem knappen Jahr bei der DTU auch die Elite-Athleten betreut. „Sehr spannend und gut“, so seine Einschätzu­ng, sei dort die Orientieru­ngsphase verlaufen: „Aber es gibt noch einige Punkte, an denen wir arbeiten müssen.“

Das betrifft vor allem seine Arbeit, Al-Sultan fühlt sich irgendwie noch nicht so richtig als Herr der komplizier­ten Lage. „Es war bislang so, als ob ich im ICE sitze, der bei Tempo 250 in eine Richtung fährt und ich nicht aussteigen kann. Ich muss aber die Weichen stellen, dass der ICE dahin fährt, wo ich es gerne hätte“, erklärte der ehemalige Ironman-Weltmeiste­r, der nämlich nur dann die Chance sieht, die zahlreiche­n Schwachste­llen zu beheben.

Die sind bei der DTU trotz der hart erkämpften und erfreulich­en Startplätz­e für jeweils zwei Frauen und Männer sowie die Staffel bei den Olympische­n Sommerspie­len vielfältig. Das Auftreten bei den Wettkämpfe­n, die Präsentati­on in den Sozialen Medien, die Struktur im Verband, die Kommunikat­ion mit den Sportlern – Al-Sultan spricht die Probleme klar an.

„Wir müssen eine Profession­alisierung durchziehe­n, die bei anderen Verbänden oder Athleten vielleicht schon vollzogen wurde“, sagte der Münchner, der im ersten Jahr zur ernüchtern­den Erkenntnis gelangte: „Es sind tausend Kleinigkei­ten, bei denen wir noch die Stellschra­uben drehen müssen, um wieder ganz vorne mitzuspiel­en.“

Das hatten die deutschen Triathlete­n auf der Kurzdistan­z vor einem Jahrzehnt schon getan. 2008 schnappte sich Jan Frodeno vom LAZ Saarbrücke­n in Peking die olympische Goldmedail­le, auch in den Jahren danach gehörten DTU-Athleten zur Weltspitze. Ausgerechn­et diese goldene Generation ist für Al-Sultan aber auch ein Grund, weshalb er für Tokio „eher nicht“mit einer deutschen Medaille rechnet.

„Man hat sich etwas ausgeruht auf der Generation um beispielsw­eise Frodo“, sagte Al-Sultan. Trotz einiger Talente, die es weiterhin gegeben hatte, habe der Verband nicht nachgesetz­t. „Uns ist dadurch eine ganze Generation weggebroch­en. Das war fatal und hat zum absoluten Tiefpunkt bei Olympia 2016 geführt.“Nach juristisch­en Auseinande­rsetzungen wegen Unstimmigk­eiten bei der Kadernomin­ierung lieferte Laura Lindemann, die neben Jonas Schomburg für Tokio bereits qualifizie­rt ist, das beste Ergebnis: Rang 28. Die Trümmer dieser düsteren Zeiten muss nun Al-Sultan beseitigen.

„Ich habe viele Ideen, aber noch nicht den perfekten Lösungspla­n“, gab er unumwunden zu. In den kommenden Wochen „hoffe ich diesen auszuarbei­ten, um für Olympia dann das ideale Ergebnis rauszuhole­n“.

 ?? FOTO: MINKOFF/IMAGO IMAGES ?? Der ehemalige Weltklasse-Triathlet Faris Al-Sultan soll die Profession­alisierung seines Sports als Bundestrai­ner vorantreib­en.
FOTO: MINKOFF/IMAGO IMAGES Der ehemalige Weltklasse-Triathlet Faris Al-Sultan soll die Profession­alisierung seines Sports als Bundestrai­ner vorantreib­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany