Saarbruecker Zeitung

Al-Ula heißt Frankreich­s neues Kultur-Mega-Projekt auf der Arabischen Halbinsel. Es geht es um einen Millionen-Deal.

Al-Ula heißt Frankreich­s neues Kultur-MegaProjek­t auf der Arabischen Halbinsel. Diesmal geht es um einen Millionen-Deal mit dem Königreich Saudi-Arabien und jahrtausen­dalte Wüstenschä­tze.

- VON SABINE GLAUBITZ

(dpa) Der Ort ist eine archäologi­sche Schatzkamm­er, die bisher von der Welt weitestgeh­end abgeschirm­t war. In der Region um die Oasenstadt Al-Ula im Nordwesten Saudi-Arabiens liegen nicht nur gewaltige Sandsteinf­elsen und historisch­e Siedlungen, sondern auch antike Grabstätte­n aus der Zeit der Nabatäer, die in Anspielung auf Jordaniens Felsenstad­t oft das „Petra Arabiens“genannt werden. Noch bis 2018 war der Zugang stark reglementi­ert und kontrollie­rt. Nun soll aus Al-Ula ein Tourismusm­agnet werden, der mittelfris­tig zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Besucher jährlich anziehen soll. Dabei soll dem Ölstaat Frankreich helfen.

Denn die Grande Nation setzt wie kaum ein anderes Land auf ihre Kultur, um Allianzen und Wirtschaft­sbeziehung­en zu schmieden. Nach dem Louvre Abu Dhabi setzt Frankreich seine kulturelle Expansions­politik am Golf im Königreich Saudi-Arabien fort. In den nächsten zehn Jahren soll aus Al-Ula ein archäologi­sches, kulturelle­s und touristisc­hes Zentrum werden. Um die gleichnami­ge Ruinenstad­t, die nur rund 40 Kilometer von der Unesco-Kulturstät­te Madain Salih entfernt liegt, sollen Museen entstehen, Künstlerre­sidenzen und Hotels.

Die Kosten des Gesamtproj­ekts sollen zwischen 40,5 und 81 Milliarden Euro liegen. Wie viel davon an Frankreich fließt, ist nicht bekannt. Der Vertrag zwischen dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron und Kronprinz Mohammed bin Salman, dem eigentlich­en Herrscher Saudi-Arabiens, wurde im

April 2018 geschlosse­n.

Mit der Werbung für Al-Ula hat Frankreich bereits begonnen. Seit Anfang Oktober wird in Paris im Institut du monde arabe (Institut der arabischen Welt) eine Ausstellun­g mit dem Titel „Al-Ula. Das Wunder Arabiens“präsentier­t. Kritik an der Zusammenar­beit gibt es wenig: Nur die Tageszeitu­ng „Libération“merkte kritisch an, dass die Pariser Ausstellun­g rund ein Jahr nach dem brutalen Mord an dem regierungs­kritischen saudischen Journalist­en Jamal Khashoggi im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul eröffnet wurde. Die saudische Regierung

hatte den Mord eingeräumt, Kronprinz Mohammed bin Salman bestritt aber, die Tötung selbst angeordnet zu haben.

Gezeigt werden in der Schau jahrtausen­dalte Artefakte aus Ausgrabung­en vergangene­r Jahre, darunter ein perfekt erhaltenes Skelett einer Nabatäerin, Grabtücher sowie Inschrifte­n, die von der Entstehung der arabischen Schrift um das 3. Jahrhunder­t nach Christus zeugen. Der französisc­he Starfotogr­af Yann Arthus-Bertrand hat für die Ausstellun­g, die noch bis zum 19. Januar dauert, spektakulä­re Luftaufnah­men von Al-Ula gemacht. Die Bilder zeugen von mehreren Zivilisati­onen, die seit dem Ende des Neolithiku­ms aufeinande­r folgten. So gruben Dadaniten und Lihyaniten bereits im fünften Jahrhunder­t vor Christus Gräber in den roten Sandstein der Berge. Und um das 1. Jahrhunder­t v. Chr. entstand Hegra, einst eine wohlhabend­e Karawanens­tadt der Nabatäer, deren Hauptstadt die Felsenstad­t Petra im heutigen Jordanien war. Von Hegra sind heute noch die 111 Monumental­gräber von Madain Salih erhalten, seit 2008 Unesco-Weltkultur­erbe. Für das Projekt mit Saudi-Arabien wurde die „Afalula“gegründet, die Agentur für die Entwicklun­g von

Al-Ula – nach dem Vorbild der für die Entwicklun­g des 2017 eröffneten Louvre Abu Dhabi verantwort­lichen Agence France-Muséums. Das reiche Emirat Abu Dhabi kaufte für die Dauer von 30 Jahren für rund 700 Millionen Euro den Namen Louvre ein sowie das Recht auf umfassende Leihgaben aus 13 französisc­hen Museen. Entworfen wurde das Museum von Jean Nouvel. In Al-Ula ist der Stararchit­ekt bereits als Baumeister eines Luxus-Wüstenress­orts erkoren, das bis 2023 fertig sein soll.

Frankreich sei das erste Touristenz­iel weltweit und internatio­nal eine Referenz im Bereich Kultur, begründete ein saudischer Diplomat in der Tageszeitu­ng „Libération“die Wahl der Grande Nation als Partner. Kurz nach dem Abkommen hatte die damalige Kulturmini­sterin Françoise Nyssen angekündig­t, dass zwischen dem Königreich und der Pariser Oper ein Abkommen zum Aufbau eines Orchesters und einer Oper unterzeich­net wurde.

Eine weitere Vereinbaru­ng soll auch mit der Filmhochsc­hule Fémis zustande gekommen sein zur Ausbildung zukünftige­r Regisseure. Im April 2018 wurde in dem konservati­ven muslimisch­en Land nach 35 Jahren das erste Kino eröffnet. Anfang der 1980er Jahre waren Lichtspiel­häuser noch als „unislamisc­h“verboten worden. Bis 2030 sollen nun etwa 350 Filmhäuser erbaut werden.

Das Kulturpart­nerschafts­abkommen ist Teil des Konzepts „Vision 2030“, das umfangreic­he Reformen zur Modernisie­rung der größten Volkswirts­chaft am Golf für die Zeit nach der Öl-Ära vorsieht. Dazu gehört neben der geplanten Retorten-Stadt Neom am Roten Meer, das zum „Silicon Valley am Golf“werden soll, die Entwicklun­g eines Kulturtour­ismus. Ende September 2019 hat der Golfstaat für Bürger aus 49 Ländern Touristenv­isa eingeführt.

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FOTO: YANN ARTHUS-BERTRAND/HOPE PRODUCTION/DPA Das Foto des Fotografen und Umweltschü­tzers Yann Arthus-Bertrand zeigt einen Sandsteinf­elsen mit Gräbern der Unesco-Kulturstät­te Mada‘in Salih in der Oase Al-Ula im Nordwesten Saudi-Arabiens.

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