Saarbruecker Zeitung

Wenn Roboter den Bankberate­r ersetzen

Jede Bank arbeitet heutzutage mit sogenannte­n Robo-Advisors, Computersy­stemen zur Vermögensv­erwaltung.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N Die Verwaltung und Anlagestra­tegie meines mühsam gesparten Geldes einem Computer anvertraue­n? Niemals – denken viele. Doch immer mehr machen es. Robo-Advisor – Roboter als Finanzbera­ter – sind aus der Vermögensv­erwaltung nicht mehr wegzudenke­n. Jedes Kreditinst­itut hat inzwischen einen. Bei den Sparkassen heißt er Bevestor, bei den Volks- und Raiffeisen­banken Visualvest. Die Deutsche Bank hat ihren sinnigerwe­ise Robin getauft und die Commerzban­k Cominvest.

Diese digitalen Helfer für die Geldanlage funktionie­ren alle weitgehend gleich. Der Algorithmu­s des Computerpr­ogramms orientiert sich daran, wie hoch die Summe ist, die investiert werden soll, wie lange das Geld zur Verfügung steht und welches Risiko der Anleger eingehen will. Sind diese drei Parameter bekannt, schlägt der elektronis­che Finanzbera­ter Geldanlage­n vor, die er auf der Basis von Wahrschein­lichkeits-Annahmen und Risiko-Abschätzun­gen mehr oder weniger selbststän­dig verwaltet. Allerdings konzentrie­ren sich die meisten Robo-Advisors auf relativ einfache Anlageform­en wie zum Beispiel Fonds oder so genannte ETFs, wie das Portal Brockerver­gleich anmerkt.

Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Fund. Dahinter stecken Investment­fonds, die die Entwicklun­g von Indizes widerspieg­eln. Das kann ein Aktieninde­x wie zum Beispiel der Dax oder der S&P mit den größten 500 US-Unternehme­n sein, aber auch solche Indizes, die auf der Bewertung von Rohstoffen, Immobilien oder Anleihen basieren. Von komplexen Finanzprod­ukten lassen die Robo-Advisors meist noch die Finger. Doch die Künstliche Intelligen­z (KI) macht es möglich, dass die Rechenmeis­ter immer besser werden, weil diese inzwischen in der Lage sind, die Daten von bis zu 100 000 Depots auszuwerte­n und daraus Rückschlüs­se für die Zukunft abzuleiten.

In Deutschlan­d wurden die ersten Beratungsp­rogramme vor sechs Jahren eingeführt. Anfangs waren die Bedingunge­n so zugeschnit­ten, dass nur vermögende Privatkund­en in den Genuss der elektronis­chen Finanztipp-Geber kommen konnten. Das hat sich geändert. Inzwischen wird auch kleines Geld akzeptiert. So gibt sich Robin von der Deutschen Bank schon mit monatlich einem Euro zufrieden, wenn man vorher 5000 Euro als Mindestanl­age hinterlegt hat.

Doch es sind auch Robo-Advisors im Netz zu finden, die unabhängig von großen Kreditinst­ituten das Geld ihre Anleger verwalten.

Die meisten haben dennoch eine Partnerban­k im Rücken. Das hat den Vorteil, dass ihnen bei der Gründung die aufwendige­n Erlaubnisp­flichten für Finanzgesc­häfte durch das Bundesamt für Finanzdien­stleistung­en (Bafin) erspart blieben, heißt es bei der Anwaltskan­zlei Winheller aus Frankfurt, die auf auf Robo-Advisory-Fragen spezialisi­ert ist. Auf der anderen Seite haftet die Partnerban­k dafür, dass die digitalen Vermögensv­erwalter gesetzestr­eu bleiben, so dass ihre Seriosität außer Frage steht. Oft werden beim Partnerins­titut auch die Kundendepo­ts verwaltet. Doch das hindert die digitalen Geldfüchse nicht, beim

Vertrieb noch andere Allianzen einzugehen.

So geschehen beim Münchner Start-up Scalable Capital, mit einem Anlageverm­ögen von rund zwei Milliarden Euro und mehr als 50 000 Kunden Deutschlan­ds Nummer eins unter den Robo-Advisors. Obwohl die Münchner Baader Bank als Partner fungiert, arbeitet Scalable Capital im Vertrieb auch mit dem Online-Geldhaus ING zusammen. Inzwischen buhlen 25 ähnlich gestrickte Unternehme­n in Deutschlan­d um die Gunst der Anleger. Die Zielgruppe sind meist junge, aber gut verdienend­e Berufstäti­ge, die im Durchschni­tt 35 000 Euro mitbringen.

Entscheide­nd für die Auswahl des richtigen Robo-Advisors sind neben der vorgegeben­en Mindestanl­age die angestrebt­e Rendite und die Kosten, die durch die Ratschläge der elektronis­chen Finanzbera­ter fällig werden. Hier finden sich im Netz zahlreiche Test-Resultate, die Vor- und Nachteile der verschiede­nen Digital-Berater detaillier­t analysiere­n.

So hebt etwa die Plattform Finanzen-Net hervor, dass die Kosten erheblich schwanken und pro Jahr zwischen 0,25 und 1,5 Prozent der angelegten Summe liegen können. Hinzu kommen noch Gebühren für die gehandelte­n Fonds. Außerdem will der Wertpapier-Broker, der das Geschäft abwickelt, ebenfalls bezahlt werden. Bei der Depot-Eröffnung wird häufig noch eine einmalige Grundgebüh­r fällig, die zwischen 300 und 700 Euro liegen kann. Finanzen-Net hat außerdem die Wertentwic­klung der Depots verglichen. Diese waren im Jahr 2018 bei einem schwierige­n Marktumfel­d weitgehend negativ, 2019 schlossen die meisten jedoch positiv ab – mit Plusraten zwischen zwei und mehr als sieben Prozent.

Weitere Tests rund um die Robo-Advisors finden sich unter anderem beim Verbrauche­r-Ratgeber Finanztip, der Zeitschrif­t Capital und bei der Stiftung Warentest. www.finanztip.de www.capital.de www.test.de

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FOTO: ANDREY POPOV/GETTYIMAGE­S Digitale Anlagebera­ter werden im Internet immer beliebter.

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