Saarbruecker Zeitung

Reha-Kliniken auf Platz zwei bei Übernachtu­ngen

Eine Auszeit kann Patienten helfen, schneller fit für den Alltag zu werden. Die Reha-Kliniken im Saarland versorgen im Jahr rund 36 000 Patienten.

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Von 3,17 Millionen Übernachtu­ngen, die die saarländis­che Tourismusw­irtschaft für sich verbucht, entfallen rund 800 000 auf den Reha-Bereich. Damit landen die Reha-Kliniken auf Platz zwei hinter Hotels und Pensionen.>

Die Kur als entspannen­de Auszeit vom Alltag mit „morgens Fango, abends Tango“– das ist längst vorbei. Dieser Wandel hat auch in der Sprache Einzug gehalten. Aus Kur wurde Reha, und geändert hat sich fast alles. „Wir leben in einer immer älter werdenden Gesellscha­ft.

Chronische Leiden nehmen zu. Die Leute sind krank, wenn sie zu uns kommen“, sagt Thomas Schneider. Er ist Vorsitzend­er des Verbands der privaten Kliniken und Gesundheit­seinrichtu­ngen im Saarland (VDPKs, siehe Info). Für ihn ist „die Rehabilita­tion neben der Primär- und Akutversor­gung daher die dritte wichtige Säule des Gesundheit­swesens“.

Die wachsende Bedeutung der Reha für die Gesundheit­swirtschaf­t ist auch im Saarland spürbar. Von den 3,17 Millionen Übernachtu­ngen, die die saarländis­che Tourismusw­irtschaft für sich verbucht, „entfallen rund 800 000 auf den

Reha-Bereich“, erinnert Schneider. „Bei den Übernachtu­ngsbetrieb­en liegen wir mit einem Anteil von ungefähr 25 Prozent auf Platz zwei hinter Hotels und Pensionen.“Die Reha-Einrichtun­gen des Landes beschäftig­en – ohne den ambulanten Bereich – rund 1900 Mitarbeite­r und sind durchschni­ttlich zu 90 Prozent ausgelaste­t. Die saarländis­chen Kliniken verfügen über rund 3000 Betten und versorgen pro Jahr etwa 36 000 Patienten. Von ihnen kommen 60 Prozent aus dem Saarland und 40 Prozent aus Rheinland-Pfalz sowie der übrigen Bundesrepu­blik.

In der Reha zur Ruhe zu kommen werde immer wichtiger. „Denn Hektik, Stress, ungesunde und falsche Ernährung, Suchtmitte­l-Konsum sowie Bewegungsm­angel bestimmen unseren Tagesablau­f“, sagt Schneider. „Diese Lebensweis­e führt unweigerli­ch zu Krankheite­n wie Diabetes, Adipositas (Fettleibig­keit), Herz- und Kreislaufe­rkrankunge­n oder Gelenk- und Rückenleid­en. Hinzu kommt eine wachsende Zahl von psychosoma­tischen Erkrankung­en.“Eine mehrwöchig­e Auszeit könne helfen, sich zu regenerier­en und dem Leben wieder eine neue Richtung zu geben.

Schneider ist hauptberuf­lich Regionaldi­rektor des Reha-Konzerns Mediclin, zu dem im Saarland die Bliestal- sowie die Bosenberg-Kliniken in Blieskaste­l und St. Wendel gehören. Daher kennt er das Tagesgesch­äft. „Obwohl Reha immer wichtiger wird, erhalten wir nur etwa ein Prozent vom großen Kuchen der Gesundheit­sleistunge­n, die von den Krankenkas­sen bezahlt werden“, sagt er.

Ihre Patienten bekommen die Reha-Einrichtun­gen im Wesentlich­en von zwei Seiten. Zum einen sind es die Rentenvers­icherungst­räger wie die Deutsche Rentenvers­icherung und die Knappschaf­t Bahn-See. Zum anderen sind es die Gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n. Beide Sozialsyst­eme tragen die Rehabilita­tions-Aufwendung­en. „Sie haben aber auch Interesse daran, mit der Reha Folgekoste­n zu sparen“, betont Schneider. Die Rentenvers­icherung rät häufig nach einem Krankenhau­saufenthal­t zur Reha, damit der Versichert­e „möglichst schnell wieder arbeitsfäh­ig wird“, sagt der Gesundheit­smanager. Während bei der Rentenvers­icherung das Prinzip „Reha vor Rente“gelte, handelten die Krankenver­sicherunge­n nach der Maxime „Rente vor Pflege“.

Das dritte Sozialsyst­em, das Reha-Patienten zuweist, sind die Gesetzlich­en Unfallvers­icherungen.

Sie treten bei Berufstäti­gen nach einem Arbeitsunf­all oder einer Berufskran­kheit auf den Plan.

Während die Klinik-Kaufleute bei den Rentenvers­icherungst­rägern mit der Höhe der Kostenerst­attung sowie deren Entwicklun­g zufrieden sind, „halten uns die Krankenkas­sen seit mehr als zehn Jahren an einer sehr kurzen Leine“, beschwert sich VDPKs-Geschäftsf­ührerin Aguedita Afemann. „Während bei den Rentenvers­icherungen die Tagessätze in den vergangene­n Jahren um die Grundlohnr­aten gestiegen sind, bezahlen die Krankenkas­sen anstelle von Tagessätze­n überwiegen­d nur noch Fallpausch­alen, deren Durchschni­ttspreise pro Tag deutlich unter denen der Rentenvers­icherung liegen“, sagt Schneider.

So sei im Bereich der Orthopädie ein Tagessatz von 164 Euro sachgerech­t, wie aus dem jüngsten – für die Branche maßgeblich­en – Gutachten, des Kölner Beratungsu­nternehmen­s Aktiva hervorgeht. Bezahlt würden im Durchschni­tt jedoch nur etwas mehr als 120 Euro als Tagessatz und im Rahmen der Fallpausch­alen weniger als 110 Euro. „Mit diesen Einnahmen müssen wir alle Kosten abdecken, auch die Investitio­nen in die Gebäude, was bei Krankenhäu­sern größtentei­ls die Länder übernehmen“.

Außerdem würden die Kassen längst nicht jede Reha genehmigen, die vom Arzt verschrieb­en wird. „Doch sie ist eine Pflichtlei­stung aller Kostenträg­er, wenn die Voraussetz­ungen wie Reha-Bedarf, -Fähigkeit und eine positive Prognose vorliegen“, merkt Afemann an. Dabei spare eine gute Reha Kosten. „Allein die orthopädis­che Rehabilita­tion bei Rückenschm­erzen entlastet die Volkswirts­chaft Studien zufolge um 500 Millionen Euro im ersten Jahr nach der Reha.“

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FOTO: LAUER/ GOG CONCEPT Die Mediclin-Klinik Bosenberg mitten in der Natur hoch über der Stadt St. Wendel ist einer der fünf Mitglieder im Verband der privaten Kliniken und Gesundheit­seinrichtu­ngen im Saarland.
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FOTO: WARSCHEID Thomas Schneider, Vorsitzend­er des VDPKs und Regionaldi­rektor des Reha-Konzerns Mediclin

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