Saarbruecker Zeitung

Landgerich­t eröffnet Prozess gegen Detektiv

Der saarländis­che Karnevalsv­erband schließt homosexuel­le Paare von Wahl zum Prinzenpaa­r des Jahres aus – und erntet dafür viel Kritik.

- VON JAKOB KULICK

Vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n hat der Prozess gegen Medard Fuchsgrube­r begonnen. Dem als „Robin Hood der Kleinanleg­er“bekannten Wirtschaft­sdetektiv wird unter anderem gewerbsmäß­ige Untreue in mehr als 200 Fällen vorgeworfe­n.

RIEGEL S BERG/ KLEIN B LITT ER S DORF

Regeln sind Regeln, da kann man nichts machen. So sieht das der Verband der Saarländis­chen Karnevalsv­ereine (VSK), der am 26. Januar in Riegelsber­g die Wahl seines „Prinzenpaa­res des Jahres“veranstalt­et. Um das Reglement dieser Wahl ist jedoch eine Diskussion entbrannt. Stein des Anstoßes: Die Kleinblitt­ers dorf er Karnevals gesellscha­ft„ DieReb läuse“dürfen ihre „Prinzen“nicht ins Rennen schicken, weil es sich bei diesen um zwei Frauen handelt – Heike II. und Ute I.. Die beiden sind im echten Leben ein Ehepaar.

In einem Facebook-Beitrag wirft der Präsident der Rebläuse, Stefan Jung, dem VSK Homophobie und fehlendes Fingerspit­zengefühl vor. „Ich schäme mich für das Präsidium des VSK, das langjährig­e aktive Karnevalis­ten so dermaßen ausgrenzt“, schreibt Jung bei Facebook. Für die Rebläuse habe schon immer gegolten, „wir alle sind Faasend“. Jeder könne mitmachen, egal wie alt, welches Geschlecht, welche sexuelle Orientieru­ng, Religion oder Herkunft. „Es geht mir nicht um den Sieg bei der Wahl. Ich beschwere mich, damit so etwas in Zukunft nicht wieder vorkommt“, sagt Jung unserer Redaktion.

Das ist auch die Hoffnung von Heike Horn (Heike II.). „Es ist traurig, dass so etwas im Jahr 2020 noch passiert. Das ist diskrimini­erend“, sagt die langjährig aktive Karnevalis­tin. Sie und ihre Frau fühlten sich nun gegenüber den anderen Paaren herabgeset­zt. Ob sie die Prinzenwah­l gerade wegen des Konfliktes besuchen oder fernbleibe­n, wüssten sie und ihre Partnerin noch nicht, erklärt Horn. Doch über die Aufmerksam­keit, die ihr Fall erfährt, freue sie sich: „Schaden kann’s nicht.“

Unterstütz­ung erhalten die Rebläuse aus der Politik. Der Neunkirche­r Bundestags­abgeordnet­e Christian Petry (SPD) erklärt, dass der Ausschluss der Prinzessin­nen diskrimini­erend sei. „Brauchtum steht dem VSK, gesellscha­ftspolitis­che Rückwärtsg­ewandtheit aber nicht“, sagt Petry in einer Stellungna­hme. Ähnlich äußerten sich der kulturpoli­tische Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion, Jürgen Renner, sowie sich Sandra Steinmetz von den Grünenfrak­tion in der Regionalve­rsammlung.

In der Vergangenh­eit habe es verschiede­ne Formen der karnevalis­tischen Repräsenta­nten gegeben, etwa Dreigestir­ne, erklärte VSK-Präsident Hans-Werner Strauß. Diesmal habe man sich auf eine „klassische“Konstellat­ion geeinigt, weshalb gleichgesc­hlechtlich­e Paare nicht teilnehmen könnten. „Ich verstehe die Enttäuschu­ng der Betroffene­n“, sagt Strauß. Durch die dadurch angestoßen­e Debatte habe der Verband sehr wohl wahrgenomm­en, dass diese Festlegung an die aktuelle gesellscha­ftliche Entwicklun­g angepasst werden müsse. Doch dies wolle der Verband gemeinsam mit den Gesellscha­ften in den dafür vorgesehen­en Gremien besprechen und entscheide­n – und nicht in den sozialen Medien. In dem konkreten Fall seien erste Gespräche mit der betroffene­n Gesellscha­ft geführt worden, teilte der VSK gestern Abend mit.

Der Präsident des Bunds Deutscher Karneval, Klaus-Ludwig Fess, springt Strauß zur Seite: „Wenn ein

Verein eine solche Wahl veranstalt­et, dann definiert er vorher auch genau, was ein Prinzenpaa­r in diesem Rahmen ist. Das ist so ähnlich, wie wenn beim Fußball eine Frau in einer Männermann­schaft mitspielen wollte.“Dies gehe ebenfalls nicht und sei auch keine Diskrimini­erung, erklärt Fess, der Präsident des saarländis­chen Karnevalsv­erbands war, bevor er an die Spitze der bundesweit­en Vereinigun­g trat.

Ein Novum sind gleichgesc­hlechtlich­e Prinzenpaa­re im deutschen

Karneval indes keineswegs. Nicht nur sitzen in der kommenden Session in Nürnberg (Marcella I. und Senna I.) sowie Mönchengla­dbach (Niersius I. und Axel I.) auf dem Narrenthro­n. In der Harzgemein­de Neustadt gab es bereits im 2016 ein schwules Prinzenpaa­r – genau wie in Theley. Dort freute sich damals der Präsident des Vereins Narrekäpp Helau-Mildau, Peter Groß, darüber, „die saarländis­che Faasend in eine aufgeschlo­ssene Richtung zu führen“.

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FOTO: HEIKO LEHMANN Heike II. und Ute I. sind das Prinzessin­nenpaar aus Kleinblitt­ersdorf.

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