Saarbruecker Zeitung

Cattenom-Gegner müssen nicht ins Gefängnis

Nach dem Feuerwerk im Kernkraftw­erk Cattenom verhängt das Berufungsg­ericht in Metz ein milderes Urteil als in erster Instanz. Die Gefängniss­trafen sind vom Tisch.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

(hem) Das Berufungsg­ericht in Metz hat gestern Geldstrafe­n gegen Greenpeace-Aktivisten verhängt, die illegal auf das Gelände des lothringis­chen Kernkraftw­erks Cattenom eingedrung­en waren. Sie hatten dort ein Feuerwerk gezündet, ein Video davon gedreht und online gestellt. In erster Instanz waren die Angeklagte­n zu Haftstrafe­n verurteilt worden. Die Umweltorga­nisation zeigte sich über das Urteil erleichter­t, überlegt dennoch, Revision einzulegen, um einen Freispruch zu erreichen.

Erstmal aufatmen hieß es gestern bei den neun Greenpeace-Aktivisten, die im Oktober 2017 im lothringis­chen Atomkraftw­erk Cattenom ein Feuerwerk gezündet hatten. Keiner von ihnen muss hinter Gitter. Das hat das Berufungsg­ericht in Metz gestern entschiede­n. Wie in erster Instanz befand die Kammer die Angeklagte­n für schuldig, illegal in die Anlage eingedrung­en zu sein. Gegen die einzelnen Aktivisten wurden Tagessätze verhängt. Der Organistai­on Greenpeace wurde zu einer Geldstrafe von 25 000 Euro verurteilt.

Das erste Urteil in dieser Sache hatte bei der Umweltorga­nisation für Empörung gesorgt. Im Februar 2018 verhängte das Gericht in

Thionville harte Strafen gegen die Aktivisten, welche die ihnen vorgeworfe­nen Taten damals gefilmt und online gestellt hatten. Zwei der acht Beschuldig­ten, die bereits einschlägi­g vorbestraf­t waren, wurden in Thionville zu jeweils zwei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Die weiteren sechs bekamen Bewährungs­strafen.

Obwohl die Umweltschu­tz-Organisati­on öfter mit solchen Aktionen Anfälligke­iten in Kernkraftw­erken anprangert, war es das erste Mal, dass Greenpeace-Aktivisten zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt worden waren. Gegen dieses Urteil gingen die Beschuldig­ten damals in Berufung.

Über den Ausgang des neuen Verfahrens zeigte sich der Generaldir­ektor von Greenpeace Frankreich, Jean-François Julliard, zwar nicht erfreut, aber doch erleichter­t. Die Verteidigu­ng hatte auf Freispruch plädiert. „Indem sie die Haftstrafe­n aufgehoben haben, haben die Richter gezeigt, dass sie für unsere Argumente empfänglic­h waren“, teilte er mit. „Dennoch bedauern wir, dass unsere Aktivisten, die für das Allgemeinw­ohl gehandelt haben, um auf die Risiken in den französisc­hen Atomkraftw­erken hinzuweise­n, nicht freigespro­chen wurden.“

Demnach überlegt Greenpeace, Revision gegen das Urteil einzulegen. Diese Aktion des zivilen Ungehorsam­s sei notwendig gewesen, da der Kernkraftw­erksbetrei­ber EdF und der Staat nicht die notwendige­n Maßnahmen ergriffen hätten, um für Sicherheit zu sorgen. „Solange werden wir unsere Rolle als Whistleblo­wer weiterhin wahrnehmen“, sagte Julliard.

Die Sicherheit in Cattenom wird immer wieder in den Nachbarlän­dern Luxemburg und im Saarland kritisiert. Die Anlage wurde 1986 in Betrieb genommen. Ursprüngli­ch sollte sie maximal 40 Jahre am Netz bleiben. Doch der Betreiber plant mit einer Laufzeit bis 2048. Die vier Blöcke mit jeweils 1300 Megawatt Leistung produziere­n allein fast zehn Prozent des französisc­hen Atomstroms.

„Indem sie die Haftstrafe­n aufgehoben haben, haben die Richter gezeigt, dass sie für unsere Argumente empfänglic­h waren.“

Jean-François Julliard,

Generaldir­ektor Greenpeace Frankreich

 ?? FOTO: VIVIEN FOSSEZ / GREENPEACE ?? An einem frühen Morgen im Oktober 2017 zündeten Mitglieder der Umweltorga­nisation Greenpeace ein Feuerwerk auf dem Gelände des Kernkraftw­erks Cattenom. Seitdem beschäftig­te sich die französisc­he Justiz mehrmals mit der Aktion.
FOTO: VIVIEN FOSSEZ / GREENPEACE An einem frühen Morgen im Oktober 2017 zündeten Mitglieder der Umweltorga­nisation Greenpeace ein Feuerwerk auf dem Gelände des Kernkraftw­erks Cattenom. Seitdem beschäftig­te sich die französisc­he Justiz mehrmals mit der Aktion.

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