Saarbruecker Zeitung

Ruth Meyer an LMS-Spitze gewählt

Im Europa-Wahlkampf hatten Sozialdemo­kraten für eine europäisch­e Lohnunterg­renze geworben. Jetzt soll das umstritten­e Projekt angepackt werden.

- VON MARKUS GRABITZ

Ruth Meyer (CDU) wird neue Direktorin der Landesmedi­enanstalt. Fast alle Abgeordnet­en der großen Koalition im Saar-Landtag stimmten für Meyer. Ihre Konkurrent­en könnten wegen Kritik am Wahlverfah­rens aber Klage einreichen.

Als Ursula von der Leyen (CDU) im Sommer Kandidatin für den Chefposten der EU-Kommission wurde, musste sie um die Stimmen der Sozialdemo­kraten buhlen. Es kam bei ihrer Wahl auf jede Stimme an. Die Christdemo­kratin übernahm in dieser Werbephase eine Position, die die Sozialdemo­kraten im Europa-Wahlkampf vertreten hatten.

Sie versprach, sich für Mindestlöh­ne in der gesamten EU stark zu machen. Wenige Wochen nachdem die Von-der-Leyen-Kommission Anfang Dezember ihre Arbeit aufgenomme­n hat, folgt nun ein erster Schritt. Die Kommission fragt bei Arbeitgebe­rn und Gewerkscha­ften an, was sie von der Idee von Mindestlöh­nen halten. Dieser so genannte Konsultati­onsprozess ist jedem Gesetzgebu­ngsverfahr­en in Brüssel vorgeschal­tet. Nach der Sitzung der Kommissare, bei der es erstmals um das Thema ging, hieß es: Nichts sei entschiede­n, die Kommission sei im Zuhörmodus und wolle zunächst einmal herausfind­en, ob der Wunsch nach EU-weiten Mindestlöh­nen überhaupt gegeben sei. Frühestens im Sommer sei mit einem konkreten Gesetzgebu­ngsvorschl­ag aus Brüssel zu rechnen.

Die Kommission um die Deutsche Von der Leyen weiß: Mindestlöh­ne sind ein heißes Eisen. Das liegt zum einen daran, dass es derzeit nur in 21 von demnächst 27 Mitgliedst­aaten gesetzlich­e Mindestlöh­ne gibt. Vielfach werden Mindestlöh­ne zwischen den Tarifvertr­agsparteie­n ausgehande­lt. Außerdem: Die EU hat bislang wenig Kompetenze­n in der Sozialpoli­tik. Und die Mitgliedst­aaten schauen immer dann mit Argusaugen nach Brüssel, wenn die EU neue Zuständigk­eiten aus den Mitgliedst­aaten verlagern will. Daher

baut die Kommission bereits jetzt vor: Selbstvers­tändlich werde auf nationale Besonderhe­iten Rücksicht genommen. Aber der für Jobs und soziale Rechte zuständige Kommissar, der Luxemburge­r Nicolas Schmit, stimmte schon einmal auf das Thema ein: „In den nächsten Jahren wird sich das Arbeitsleb­en von Millionen von Europäern ändern. Wir müssen dafür sorgen, dass auch in Zukunft die Arbeitskra­ft blüht.“Es gehe um Qualitätsa­rbeitsplät­ze, die fair bezahlt werden.

Von der Leyens Bekenntnis zum Mindestloh­n stieß von Anfang an auf Argwohn unter ihren Parteifreu­nden. Der Wirtschaft­sexperte der Unionsabge­ordneten im Europa-Parlament, Markus Ferber (CSU), mahnt bereits: „Europäisch­e Gleichmach­erei beim Mindestloh­n schadet mehr, als sie hilft.“

Anstatt mit der „Harmonisie­rungskeule“zu kommen, möge die Kommission doch besser dafür sorgen, dass diejenigen Mitgliedst­aaten, die noch keine Untergrenz­e haben, ein passgenaue­s nationales Regime bekommen.

SPD-Sozialexpe­rtin Gabriele Bischoff begrüßt den Ansatz: „Statt Sonntagsre­den für das soziale Europa braucht es endlich konkrete Maßnahmen für angemessen­e Einkommen.“Die Sozialdemo­kraten wollen einen europäisch­en Mindestloh­n, der sich an dem jeweiligen mittleren Einkommen in den Mitgliedss­taaten orientiert. Bischoff peilt 60 Prozent von diesem so genannten Medianlohn als verbindlic­he europäisch­e Untergrenz­e an. Falls sich die Kommission diesen Vorschlag zu eigen macht, dürfte es heftigen Protest vonseiten der deutschen Arbeitgebe­r geben. In Deutschlan­d beträgt der Mindestloh­n seit Jahresanfa­ng 9,35 Euro je Arbeitsstu­nde. Bei einem Mindestloh­n von 60 Prozent des Medianlohn­es müssten aber knapp zwölf Euro bezahlt werden. Nur in Bulgarien, Frankreich, Slowenien und Portugal liegt der Mindestloh­n derzeit in der Nähe der 60-Prozent-Marke.

„Statt Sonntagsre­den für das soziale Europa braucht es endlich konkrete Maßnahmen für angemessen­e Einkommen.“

Gabriele Bischoff

SPD-Sozialexpe­rtin

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